Inhaltsverzeichnis
Während der Kopfbereich und Teile des Halses motorisch und sensorisch von den Hirnnerven kontrolliert werden, übernehmen ab dem Hals abwärts die Spinalnerven die Versorgung des Körpers (mit Ausnahme des Vagusnervs). Dabei bilden sie teils komplexe Nervengeflechte aus.
Ihre Verläufe und Aufgaben werden im folgenden Artikel genau beschrieben.
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Spinalnerven – Definition
Die Spinalnerven sind Teil des peripheren Nervensystems und entspringen im Rückenmark. Sie leiten motorische Informationen vom Gehirn in die Körperperipherie und übermitteln sensorische Impulse ins zentrale Nervensystem, wobei sie sich vom Hals bis in die Extremitäten erstrecken.
Spinalnerven – Aufbau und Lage
Die Spinalnerven verlassen den Spinalkanal segmental geordnet und zeigen je nach Lokalisation unterschiedliche Verläufe. Darüber hinaus gibt es Untergliederungen in verschiedene Fasertypen und Äste sowie weitere Merkmale, die die folgende Abschnitten ausführlich darstellen.
Anzahl
Im Halsbereich entspringen acht zervikale Spinalnerven, dabei verläuft der erste direkt unter dem Hinterhaupt, der achte unterhalb des siebten Halswirbelkörpers. In der Folge verlaufen die zwölf thorakalen Spinalnerven, die den Brustkorb versorgen, jeweils unter ihrem zugeordneten Wirbelkörper, genau wie die folgenden fünf lumbalen Nervenpaare der Lendenwirbelsäule und die fünf Sakralnerven am Kreuzbein. Zum Steißbeingeflecht gehörigen schließlich ein bis drei Kokzygealnerven.
Die Nerven werden jeweils nach ihrem zugehörigen Segment benannt, zum Beispiel L 1 im Falle des ersten Spinalnervs der Lendenwirbelsäule.
Vorderwurzel und Hinterwurzel
In den ventralen, also zum Bauch hin gerichteten, Anteilen der grauen Substanz des Rückenmarks liegt jeweils rechts und links ein Zellkörper (Perikaryon) der motorischen Faser, des sogenannten alpha-Motoneurons, welche als Vorderwurzel (Radix anterior) das Rückenmark verlässt. Begleitet werden die beiden Motoneurone für die rechte und linke Körperhälfte dabei von autonomen Neuronen zur Versorgung der Eingeweide.
Sie lagern sich nach kurzer Zeit mit den beiden afferenten Fasern der Hinterwurzel, Radix posterior, zusammen, welche sensible Informationen aus der linken beziehungsweise rechten Körperhälfte enthalten. Die sensiblen Perikaryen liegen dabei in Spinalganglien, Nervenzellknäueln außerhalb des Rückenmarks, die sich meist im oder am Foramen intervertebrale befinden. Somit verlässt auf jeder Seite ein Spinalnerv mit sensorischen und motorischen Fasern der entsprechenden Körperseite durch das Foramen intervertebrale den Spinalkanal.
Anästhesieverfahren
Das Rückenmark selbst endet auf Höhe des ersten Lendenwirbels, hiernach ziehen die Spinalnerven wie ein Pferdeschwanz im Liquorraum nach unten zu ihren Austrittsstellen, was ihnen den Namen „Cauda equina“ eingebracht hat. Verabreicht man ein Lokalanästhetikum in diesen Liquorraum, so werden sämtliche umgebenden Fasern und der gesamte Bereich unterhalb der Einstichstelle motorisch und sensorisch betäubt.
Diese sogenannte Spinalanästhesie wird beispielsweise beim Kaiserschnitt angewendet. Dagegen wird bei einer Periduralanästhesie (PDA), ebenfalls einem vor allem in der Geburtshilfe gebräuchlichen Verfahren, das Medikament lediglich in das Fettgewebe über der harten Hirnhaut gespritzt, wo es nur unmittelbar benachbarte Nervenwurzeln erreicht. Hierdurch bleibt die Motorik trotz Schmerzlinderung oft erhalten.
Fasertypen
Insgesamt existieren im peripheren Nervensystem drei steuernde, motorische und vier sensible, Informationen empfangende Fasertypen.
Allgemein-somatomotorische Fasern ermöglichen die bewusste Kontrolle der Skelettmuskulatur. Zu diesen zählen auch die ursprünglich speziell-viszeromotorisch angelegten Fasern im Gesichts- und Rachenbereich. Allgemein-viszeromotorische Fasern regulieren die Funktion der inneren Organe und sind nicht willkürlich steuerbar.
Allgemein-somatosensible Fasern nehmen teils bewusst werdende Informationen aus Haut, Schleimhäuten und Bewegungsapparat auf. Speziell-somatosensible Fasern erhalten Lagerungs- und Beschleunigungsimpulse aus Netzhaut und Innenohr und werden mit den speziell-viszerosensbilen Fasern, die Geruch und Geschmack erfassen, zu den sensorischen Fasern zusammengefasst.
Als letzter Typ existieren Nerven vom allgemein-viszerosensiblen Typ, die unbewusste Basisinformationen wie Sauerstoffgehalt im Blut oder Blutdruck ans Gehirn übermitteln.
Äste
Nach dem Durchtritt durch das Foramen intervertebrale zweigt sich der Spinalnerv in einen vorderen und einen hinteren Ast auf.
Die vorderen Äste im Bereich von Thorax und Abdomen versorgen segmental geordnet motorisch die Rumpfmuskulatur (sogenannte Myotome) und sensorisch die zugehörigen Hautbereiche (Dermatome). Auf Höhe des Halses, der Lendenwirbelsäule und des Kreuzbeins vereinigen und durchmischen sie sich in sogenannten Plexus für die Innervation (Versorgung) von Hals und Extremitäten.
Die hinteren Äste dienen der Steuerung der autochthonen Rückenmuskulatur, welche den Rumpf aufrichtet und rotiert, und nehmen sensible Informationen vom Hinterhaupt über Nacken und Rücken bis zum Gesäß auf. Über Rami communicantes besteht Kontakt zum sympathischen Nervensystem.
Plexusausbildung
An Bauch und Rumpf erfolgt eine radikuläre Versorgung, sprich die Nerven leiten von oben nach unten entsprechend ihres Austritts aus dem Spinalkanal ringförmig die motorischen und sensorischen Informationen und lassen sich somit ihrem jeweiligen Rückenmarkssegment eindeutig zuordnen.
An den Extremitäten besteht eine komplexere Situation. Die Vorderäste der Spinalnerven auf Höhe der Hals- und Lendenwirbelsäule und des Kreuzbeins bilden kurz nach dem Verlassen des Spinalkanals vier Nervengeflechte, Plexus cervicalis, brachialis, lumbalis und sacralis (letztere werden meist zum lumbosakralen Plexus zusammengefasst).
Innerhalb dieser werden die Nervenfasern durchmischt, wobei die Information zu jedem einzelnen Segment des Rückenmarks auf mehrere periphere Nerven verteilt wird, die dann an Muskulatur und Haut benachbart enden. So versorgt beispielsweise der Oberschenkelnerv (Nervus femoralis) die Vorderseite des Oberschenkels und vermittelt hierbei an die Rückenmarkssegmente L 2 bis L 4, gleichzeitig verarbeiten die an der Oberschenkelinnenseite und der Außenseite liegenden Dermatome ebenfalls Informationen der gleichen Rückenmarkssegmente, werden aber anderen Nerven zugeordnet.
Spinalnerven – Aufgaben und Funktion
Die Spinalnerven versorgen die Körperperipherie vom Hals abwärts sensorisch und motorisch, wobei sie über das Rückenmark vom Gehirn beeinflusst werden und mit diesem kommunizieren. Inwieweit die übergeordneten Gebiete hierbei Einfluss nehmen, hängt von der Art der Information ab.
Spinale Reflexe
Reflexe sind in ihrem Grundmuster stets gleich ablaufende Reaktionen auf Reize und werden in einem Reflexbogen verschaltet. Dabei gibt es immer einen afferenten Schenkel, der die Information aufnimmt, beispielsweise bei Dehnung eines Muskels, und einen efferenten Schenkel, welcher dann die Reaktion darauf auslöst. Meist erfolgt selbst bei den Eigenreflexen der Muskeln, die nicht zwingend einer zentralen Steuerung bedürfen, dennoch eine Weiterleitung der Information an das Gehirn, das somit Einfluss auf das Geschehen nehmen könnte.
Dehnungsreflex
Beim Muskeldehnungsreflex handelt es sich um einen Eigenreflex. Ein Schlag auf die Muskelsehne (wie bei der ärztlichen Untersuchung) dehnt den Muskel, was von den sensorischen Fasern über das Hinterhorn ins Rückenmark gemeldet wird. Die Information läuft nach Verschaltung auf einer einzelnen Synapse, als sogenannter monosynaptischer Reflexbogen, sofort an das Motoneuron desselben Muskels, welches eine Kontraktion auslöst und den Muskel somit wieder verkürzt. Über verbindende Interneurone des Reflexbogens werden gleichzeitig diejenigen Muskeln der Umgebung gehemmt, die eine Gegenbewegung zu der durch den Reflex initiierten Bewegung auslösen und ihn somit behindern würden. Über weitere Verschaltungen erfolgt die Feinjustierung und schließlich die Beendigung des Reflexablaufes.
Beugereflex
Der Beugereflex dient vor allem der Entlastung und dem Schutz, indem Gewicht von einer zu stark beanspruchten Körperstelle verlagert oder ein Körperteil bei Auslösung eines Schmerzreizes zurückzieht, etwa bei Verbrennung. Es handelt sich um einen polysynaptischen, also einen mehrfach zwischenverschalteten Reflex.
Spinalnerven – Erkrankungen und Beschwerden
Sowohl bei angeborenen Fehlbildungen der Wirbelsäule als auch durch Verschleißprozesse kann es zu einer Einengung der Foramina intervertebralia kommen. Einerseits sind hierfür knöcherne Umbauten der Wirbel verantwortlich, die den Kanal verlegen. Zudem kann durch Vorwölbungen der Bandscheiben (Bandscheibenvorfall, Diskusprolaps) oder ein Wirbelgleiten bei Bandinstabilitäten der Spinalnerv bei seinem Austritt aus dem Spinalkanal eingeklemmt werden.
Im Bereich der Brustwirbelsäule führt dies aufgrund der segmentalen Versorgung meist zu einer Störung der motorischen oder sensorischen Informationsvermittlung nur im jeweiligen Bereich.
Eine Spinalnervenkompression vor Eintritt in die Plexus kann in der Regel anteilig kompensiert werden, da durch die anschließende Verflechtung der Nerven Teilgebiete aus dem geschädigten Segment durch die benachbarten Nervenfasern abgedeckt werden. Zudem lässt sich der Plexusschaden meist gut gegen eine periphere Läsion, also eine Nervenverletzung nach Verlassen des Plexus, abgrenzen, denn bei dieser ist ausschließlich das Versorgungsgebiet (Dermatom der Haut bzw. Myotom der Muskulatur) des zugehörigen Nervs betroffen.
Häufige Fragen
- Was ist der Unterschied zwischen Hirnnerven und Spinalnerven?
- Wie viele Spinalnerven hat das Rückenmark?
- Wo treten die Spinalnerven aus der Wirbelsäule aus?
- Was ist ein Spinalnerven-Plexus?
Hirnnerven verlaufen wie ihr Name schon sagt vom Gehirn ausgehend, während die Spinalnerven aus dem Rückenmark stammen oder dieses mit sensiblen Informationen aus der Körperperipherie versorgen. Dabei nimmt das Gehirn allerdings in den meisten Fällen regulierenden Einfluss auf die Spinalnerven.
Insgesamt 31-33 Spinalnerven kommunizieren mit dem Rückenmark. Es entfallen acht auf die Halswirbelsäule, zwölf auf die Brustwirbelsäule und jeweils fünf auf den Lenden- und Kreuzbeinbereich, zudem existiert ein variabel ausgeprägter Plexus im Bereich des Steißbeines.
Die Spinalnerven verlassen den Spinalkanal durch die Foramina intervertebralia beziehungsweise Foramina sacralia. Dabei liegen im Bereich der Halswirbelsäule die Nerven oberhalb der sieben Halswirbel und ein weiterer unter dem siebten, hiernach finden sich die nach ihrem Segment benannten Nerven dann jeweils unterhalb des entsprechenden Wirbels.
Die vorderen Äste der Spinalnerven im Bereich des Halses, sowie der Lenden- und Kreuzbeinwirbelsäule bilden Nervenplexus, innerhalb derer sich die Informationen aus den einzelnen Rückenmarkssegmenten auf mehrere Nerven verteilen. Hierdurch ergeben sich sowohl bei Plexusschädigung als auch bei peripherer Nervenaffektion typische Schädigungsmuster, anhand derer die verletzte Stelle in der Regel bereits bei der ärztlichen Untersuchung zugeordnet werden kann. Auch resultieren aus den Verflechtungen der Nerven und deren überlappender Versorgung im Falle einer Verletzung kleinere und mildere Ausfälle als es ohne die Verflechtung der Fall wäre.
- Trepel, M. (2008). Neuroanatomie. In M. Trepel, Neuroanatomie (S. 26-32). München: Urban & Fischer.
- Trepel, M. (2008). Neuroanatomie. In M. Trepel, Neuroanatomie (S. 99-104). München: Urban & Fischer.