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Die Kontraktion ist ein zentraler biologischer Prozess, der in vielen Systemen des Körpers eine wichtige Rolle spielt. Insbesondere in der Muskulatur führt die Kontraktion zur Bewegung und ermöglicht sowohl die fein abgestimmte Motorik als auch die Aufrechterhaltung von Körperhaltungen. Sie tritt auf, wenn Muskelfasern auf ein Nervenimpuls reagieren und sich zusammenziehen, was zu einer Verkürzung des Muskels führt. Dieser Mechanismus ist nicht nur für die Bewegung des Körpers entscheidend, sondern auch für zahlreiche andere physiologische Prozesse wie die Atmung, den Herzschlag und die Verdauung. In diesem Artikel werden der physiologische Ablauf sowie klinische und pathophysiologische Aspekte besprochen.
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Kontraktion – Definition
Die Kontraktion bezeichnet die Verkürzung oder Anspannung eines Muskels oder eines Muskelteils, die durch eine Aktivierung der Muskelfasern entsteht. Diese führt zu einer Verringerung der Länge des Muskels und ermöglicht Bewegung oder Stabilisierung von Körperteilen.
Kontraktion – Physiologie und Ablauf
Kontraktionen können in allen Muskelzellen verschiedener Typen (glatte Muskulatur, Herzmuskulatur, Skelettmuskulatur) ablaufen. Prinzipiell läuft die Kontraktion auf sehr ähnlichem Wege ab und kann sich in den Proteinen, die beteiligt sind, unterscheiden. Dieser Artikel bezieht sich hauptsächlich auf die Kontraktionen, die im Skelettmuskel stattfinden. Unterschiede zur glatten Muskulatur werden an den entsprechenden Stellen erwähnt.
Die Kontraktion wird ausgelöst durch das Signal einer Nervenzelle. Diese trifft auf die Muskelzelle an der sogenannten neuromuskulären Endplatte (auch motorische Endplatte).
Neuromuskuläre Endplatte
Das Ende der Nervenzelle trifft auf die Membran der Muskelzelle und lässt dabei einen Spalt. Sobald das Aktionspotenzial in der Nervenzelle spannungsabhängige Calcium-Kanäle erreicht, öffnen diese sich und lassen Calciumionen in die Zelle einströmen. Diese lösen in dem Endknopf des Neurons die Fusion von Vesikeln, die mit Neurotransmittern (Acetylcholin) gefüllt sind, mit der Zellmembran aus. Dadurch wird das Acetylcholin in Mengen in den Spalt zwischen Muskelzelle und Nervenzelle freigelassen.
Die Zellmembran der Muskelzelle ist mit bestimmten Ionenkanäle (nikotinerge Acetylcholin-Rezeptoren) besetzt, die durch die Bindung von Acetylcholin aktiviert werden. Dadurch lassen sie Natrium-Ionen in die Muskelzelle einströmen, was zu einer Depolarisation führt und ein exzitatorisches postsynaptisches Potential (EPSP) nach sich zieht. Dieses ist die Voraussetzung für die weitere Kaskade, die in der Muskelzelle abläuft.
Unterschied zur glatten Muskulatur
Die elekromechanische Kopplung in der glatten Muskulatur läuft eigentlich ähnlich ab. Zusätzlich gibt es einige rezeptorgesteuerte Mechanismen, die auch in die Regulation der intrazellulären Calcium-Konzentration eingreifen. Diese können auch durch verschiedene Substanzen beeinflusst werden.
Das Signal kann wieder durch den Abbau von Acetylcholin durch die Cholinesterase beendet werden. Das Enzym hydrolysiert den Neurotransmitter in Acetat und Cholin, welche wieder in die Präsynapse aufgenommen werden können und dann wieder zu Acetylcholin zusammengebaut werden.
Intrazelluläre Kaskade
Das exzitatorische postsynaptische Potential (EPSP) in den Muskelzellen sorgt für die Öffnung spannungsabhängiger Natrim-Kanäle in ihrer Zellmembran. Erst der folgende Natrium-Einstrom in die Zelle generiert durch Depolarisation der Zellmembran ein Aktionspotential, das entlang der typischen Einstülpungen der Membran (T-Tubuli) weitergeleitet wird. In diesen T-Tubuli sitzen Dihydropyridin-Rezeptoren (DHPR), die durch die Spannungsänderung auch ihre Konformation ändern. Der DHPR ist auf der intrazellulären Seite mit dem Ryanodin-Rezeptor verbunden, der in der Membran des sarkoplasmatischen Retikulums sitzt, in dem wiederum große Mengen an Calciumionen gespeichert sind.
Nachdem der DHPR seine Konformation geändert hat, öffnet er automatisch diesen Ryanodin-Rezeptor, der dann das gespeicherte Calcium aus dem sarkoplasmatischen Retikulum in das Zytoplama der Muskelzellen strömen lässt. Diese Erhöhung des intrazellulären Calcium-Spiegels hat die wichtige Funktion den Querbrückenzyklus zu starten.
Unterschied zur glatten Muskulatur
In der glatten Muskulatur trägt ein Einstrom von Calciumionen von extrazellulär über die Zellmembran maßgeblich an der Erhöhung des intrazellulären Calcium-Spiegels bei. In den Herzmuskelzellen sorgt der Einstrom von Calciumionen aus dem Extrazellulärraum erst für die Freisetzung von Calcium aus dem sarkoplasmatischen Retikulum.
Querbrückenzyklus
Die kleinsten kontraktilen Einheiten im Muskel sind die Sarkomere. Ihre wichtigsten Proteine heißen Aktin und Myosin, die miteinander interagieren können. Bei einer Kontraktion interagieren beide Proteine miteinander und ziehen die Muskelzelle quasi zusammen, indem sie wie beim Tauziehen aneinander von Bindestelle zu Bindestelle “entlanghangeln”.
Allerdings sind im Ruhezustand die Bindestellen der Myosinköpfe auf dem Aktin von Begleitproteinen besetzt. Erst durch Calcium-Ionen dissoziieren diese von den Bindestellen. Daraufhin können die Aktin- und Myosinfilamente aneinander entlang gleiten und die Zelle und letztendlich auch den Muskel verkürzen.
Beendigung der Kontraktion
Die Kontraktion wird so lange aufrecht erhalten, wie die Konzentration an Calciumionen hoch genug ist und der ATP-Vorrat ausreicht. Um die Kontraktion zu beenden, muss also das intrazelluläre Calcium wieder ins sarkoplasmatische Retikulum (SR) befördert werden. Dies übernehmen bestimmte Calcium-Pumpen, die in der Membran des SR sitzen.
Formen der Kontraktion
Der Unterschied zwischen isometrischer, isotonischer und auxotonischer Kontraktion liegt in der Art und Weise, wie sich der Muskel während der Kontraktion verhält, insbesondere in Bezug auf die Veränderung seiner Länge und Spannung.
Bei einer isometrischen Kontraktion bleibt die Länge des Muskels konstant, obwohl er sich anspannt. Das bedeutet, der Muskel übt eine Spannung aus, aber es erfolgt keine Verkürzung oder Dehnung des Muskels. Ein Beispiel hierfür ist das Halten eines schweren Gegenstandes in einer festen Position, wie das Halten eines Gewichts ohne Bewegung. Die Spannung im Muskel steigt, aber die Länge bleibt unverändert.
Bei einer isotonischen Kontraktion verändert sich die Länge des Muskels, während die Spannung relativ konstant bleibt. Hierbei gibt es zwei Arten:
- Konzentrische Kontraktion: Der Muskel verkürzt sich unter Spannung, wie beim Heben eines Gewichts.
- Exzentrische Kontraktion: Der Muskel verlängert sich unter Spannung, wie beim Senken eines Gewichts. In beiden Fällen bleibt die Spannung während der Bewegung mehr oder weniger konstant, aber die Muskel-Länge verändert sich.
Die auxotonische Kontraktion ist eine Kombination aus beiden. Hier verändern sich sowohl die Spannung als auch die Länge des Muskels. Dies passiert, wenn der Muskel gleichzeitig anspannt und sich während der Bewegung verkürzt oder verlängert. Ein Beispiel ist das Bankdrücken, bei dem sich der Muskel sowohl dehnt als auch die Spannung variiert, während der Arm das Gewicht bewegt.
Kontraktion – Pathophysiologie und Klinik
Die Muskulatur kann in ihrer Funktion, also der Kontraktion, gestört sein, was bei verschiedensten Krankheiten auftreten kann. Allerdings kann in die selben Mechanismen auch therapeutisch in Form von Medikamenten eingegriffen werden. Aber auch verschiedene Gifte können die Kontraktion beeinträchtigen.
Krankheiten und Medikamente
Die Myasthenia gravis ist eine autoimmune Erkrankung, bei der letztendlich die Signalübertragung zwischen Nervenzelle und Muskelzelle an der neuromuskulären Endplatte gestört ist, sodass im Verlauf der Krankheit Schwächen und schwere Paresen der Skelettmuskulatur auftreten. Es bilden sich Autoantikörper gegen die nikotinergen Acetylcholin-Rezeptoren der Postsynapse. Dadurch wird die Reizübertragung vom Nerven auf die Muskulatur massiv beeinträchtigt, weil das ausgeschüttete Acetylcholin seine Wirkung nicht mehr ordentlich entfalten kann.
Therapeutisch kann man unter anderem versuchen die Konzentration an Acetylcholin im synaptischen Spalt zu erhöhen, um die verbliebenen funktionsfähigen Rezeptoren ausreichend zu aktivieren. Mit diversen Medikamenten wird die Cholinesterase gehemmt und damit der Abbau von Acetylcholin verhindert. Damit kann mehr Acetylcholin, länger im Spalt verbleiben.
Bei Operationen werden häufig sogenannte Muskelrelaxantien verwendet, die Kontraktionen der Muskelzellen verhindern. Das tun sie, indem sie die nervale Übertragung auf die Muskelzelle an der motorischen Endplatte hemmen. Depolarisierende Muskelrelaxantien setzen sich an den nikotinergen Acetylcholinrezeptor und aktivieren ihn. Diese Dauerdepolarisation führt zur Inaktivierung der spannungsabhängigen Natriumkanäle, weshalb es zu einem Depolarisationsblock kommt und die Muskelzellen nicht erregt werden und erst recht nicht kontrahieren können. Ein Beispiel für ein solches depolarisierendes Muskelrelaxans ist Succinylcholin. Nicht-depolarisierende Muskelrelaxantien besetzten die nikotinergen Acetylcholin-Rezeptoren ohne diese zu aktivieren und verhindern somit auch, dass Acetylcholin seine Wirkung an der Muskelzelle entfalten könnte. Dies führt somit ebenfalls zur Relaxation der Muskulatur. Ein Beispiel für diese Substanzgruppe ist Rocuronium.
Gifte
Insektizide wie das früher verwendete E605 sorgen für eine irreversible Hemmung der Cholinesterase. Dadurch kommt es auch zu einer Dauerpolarisation, diesmal durch Acetylcholin, da es nicht abgebaut werden kann. Auch hier tritt nach initialer Dauerdepolarisation ein Depolarisationsblock auf, der in einer Lähmung der Skelettmuskulatur mündet und im Endeffekt auch eine Atemlähmung auslöst. Auf diese Art und Weise wirkt auch der Nervenkampfstoff Nowitschok.
Häufige Fragen
- Was ist der Unterschied zwischen isometrischer und isotoner Kontraktion?
- Welche Faktoren beeinflussen die Muskelkontraktion?
- Was passiert im Körper während einer Muskelkontraktion?
- Was sind häufige Erkrankungen oder Störungen, die die Muskelkontraktion betreffen?
Eine Muskelkontraktion ist die aktive Anspannung und Verkürzung eines Muskels, die durch Nervenimpulse gesteuert wird. Dabei gleiten die Muskelfilamente Aktin und Myosin aneinander vorbei, wodurch Kraft erzeugt wird. Muskelkontraktionen ermöglichen Bewegungen, halten die Körperhaltung aufrecht und sind an vielen lebenswichtigen Prozessen wie der Atmung oder dem Herzschlag beteiligt.
Bei einer isometrischen Kontraktion spannt sich der Muskel an, ohne seine Länge zu verändern, wodurch er Stabilität gewährleistet, z. B. beim Halten eines Gewichts. Bei einer isotonen Kontraktion hingegen verändert der Muskel seine Länge, während die Spannung weitgehend konstant bleibt, wie beim Heben oder Senken eines Gegenstands. Beide Kontraktionsarten sind entscheidend für Bewegung und Körperstabilität.
Die Muskelkontraktion wird durch mehrere Faktoren beeinflusst. Dazu gehören die nervale Reizweiterleitung, die Stärke und Häufigkeit der Impulse steuert, sowie die Energieversorgung durch ATP. Kalzium-Ionen (Ca²⁺) aktivieren die Muskelproteine Aktin und Myosin, während der Muskelfasertyp die Kraft und Ermüdung beeinflusst. Auch der Dehnungszustand, eine gute Sauerstoffversorgung und die Temperatur spielen eine Rolle, da sie die Effizienz und Geschwindigkeit der Kontraktion verbessern. Bei anhaltender Belastung kann jedoch Muskelermüdung die Kontraktionskraft verringern.
Während einer Muskelkontraktion sendet das Nervensystem einen Impuls aus, der zur Freisetzung von Acetylcholin an der motorischen Endplatte führt. Dies löst die Freisetzung von Kalzium-Ionen (Ca²⁺) aus dem Sarkoplasmatischen Retikulum aus. Das Kalzium bindet an Troponin, wodurch sich Tropomyosin verschiebt und die Bindungsstellen auf Aktin freigelegt werden. Dadurch kann Myosin an Aktin binden und unter ATP-Verbrauch eine Kontraktion auslösen, indem sich die Filamente ineinanderschieben.
- Silbernagel et. al.: Physiologie, Thieme, 8. Auflage, 2018
- Karow, Thomas und Lang-Roth, Ruth: Pharmakologie und Toxikologie, 32. Auflage, 2024/25
- Skelettmuskulatur, https://next.amboss.com/... (Abrufdatum: 25.02.2025)
- Glatte Muskulatur, https://next.amboss.com/... (Abrufdatum: 25.02.2025)
- Myasthenia gravis, https://next.amboss.com/... (Abrufdatum: 27.02.2025)