Inhaltsverzeichnis
Die zwölf Hirnnerven entspringen zwar am Gehirn, zählen jedoch zum peripheren Nervensystem, da sie eine Verbindung zwischen Gehirn und der Peripherie in der Kopf- und Halsregion herstellen und diese versorgen.
Sie treten als Hirnnervenpaare aus dem Gehirn aus und werden mit den römischen Zahlen I bis XII nummeriert. Die Nummerierung beginnt mit dem Hirnnerv, der am weitesten rostral, das heißt am weitesten “vorne”, aus dem Gehirn austritt. Sie endet mit jenem Nerv, der am weitesten kaudal, also zum Steißbein hin orientiert oder am weitesten “unten,” entspringt.
Die Entwicklung findet in der vierten bis fünften Woche der Embryonalperiode statt. Mehr über diesen Bestandteil des Nervensystems und ihre Bedeutung gibt es in diesem Artikel zu lesen.
Inhaltsverzeichnis
Die zwölf Hirnnerven
Wie die zwölf Hirnnerven genau bezeichnet werden, ist in dieser Liste einmal aufgeführt:
- I. N. olfactorius (Riechnerv)
- II. N. opticus (Sehnerv)
- III. N. oculomotorius (Augenbewegungsnerv)
- IV. N. trochlearis (Augenmuskelnerv)
- V. N. trigeminus (Drillingsnerv)
- VI. N. abducens (Augenmuskelnerv)
- VII. N. facialis (Gesichtsnerv)
- VIII. N. vestibulocochlearis (Hör- und Gleichgewichtsnerv)
- IX. N. glossopharyngeus (Zungen-Rachen-Nerv)
- X. N. vagus (“umherschweifender” Nerv)
- XI. N. accessorius (hinzutretender Nerv)
- XII. N. hypoglossus (Unterzungennerv)
Hirnnerven – Was versteht man unter Faserqualitäten?
Im Grunde versteht man unter den Faserqualitäten die Funktionen, die einem Hirnnerv zugeschrieben werden. Dieser vermittelt entweder sensorische, sensible oder motorische Informationen zwischen Gehirn und Hals– und Kopfregion:
Sensorische Informationen sind jene, die von der Umwelt kommen und über unsere Sinnesorgane zum Gehirn gelangen, wie Riechen, Hören und Sehen. Sensible Informationen sind Reize, die zum Beispiel von der Haut zum Gehirn weitergeleitet werden wie Druck-, Berührungs-, Temperatur und Schmerzimpulse. Motorische Informationen sind Impulse, die vom Gehirn zur Muskulatur geleitet werden und eine Kontraktion auslösen.
Nervenfasern, die Informationen vom Gehirn zur Hals– und Kopfregion senden, werden als “efferent” bezeichnet (motorische Information) und jene die Informationen vom Körper zum Gehirn senden als “afferent”. “Allgemein” afferente Fasern leiten sensible Reize und “speziell” afferente Fasern leiten sensorische Reize aus den Sinnesorganen zum Gehirn.
Weitere Klassifizierung
"Viszero-" bedeutet, dass der entsprechende Hirnnerv Informationen zwischen Gehirn und inneren Organen vermittelt. "Somato-" bedeutet, dass Informationen zwischen Skelettmuskulatur/Haut und Gehirn ausgetauscht werden.
Die 12 Hirnnerven und ihre Funktionen
Welche Funktion die einzelnen Hirnnerven haben ist das Thema der nächsten Abschnitte.
Nervus olfactorius (I)
Der N. olfactorius wird auch Riechnerv genannt, da er Geruchssignale von der Riechschleimhaut in der Nase zum Gehirn leitet. Seine Faserqualitäten sind somit speziell viszeroafferent, also sensorisch.
Nervus opticus (II)
Der N. opticus ist der Sehnerv. Er besitzt speziell somatoafferente, also sensorische Qualitäten und dient dem Sehen.
Nervus oculomotorius (III)
Der N. oculomotorius innerviert (versorgt) den Großteil der Augenmuskulatur. Er führt allgemein somatoefferente und allgemein viszeroefferente Fasern. Die allgemein viszeroefferenten Fasern versorgen den M. ciliaris, der bei Aktivierung zur Linsenkrümmung und somit zur Nahakkommodation führt und den M. sphincter pupillae, der bei Kontraktion zur Verengung der Pupille führt.
Nervus trochlearis (IV)
Der Nervus trochlearis führt nur allgemein somatoefferente, also motorische Fasern. Er innerviert den M. obliquus superior, der ebenfalls für die Bewegung der Augen zuständig ist.
Nervus trigeminus (V)
Die Aufgabe des Nervus trigeminus ist es, sensible Informationen vom Gesichtsbereich zum Gehirn weiterzuleiten. Darüber hinaus versorgt er die Kaumuskulatur mit motorischen Fasern. Er teilt sich in die drei Hauptäste N. ophthalmicus (V1), N. maxillaris (V2) und N. mandibularis (V3) auf. Alle drei Äste führen allgemein somatoafferente (sensible) Fasern, die Druck-, Berührungs-, Temperatur- und Schmerzreize weiterleiten.
Der N. mandibularis (V3) sendet außerdem propriozeptive Informationen (Informationen, die Auskunft über Position und Bewegung der Körperteile im Raum geben) von Kaumuskeln, Kiefergelenk, Gaumen, Zähne und den vorderen zwei Drittel der Zunge zum Gehirn.
Er ist auch der Einzige der drei Äste, der speziell viszeroefferente Fasern führt, die die Kaumuskulatur innervieren.
Nervus abducens (VI)
Der Nervus abducens besitzt ausschließlich allgemein somatoefferente Fasern. Diese dienen der motorischen Innervation des M. rectus lateralis, der das Auge nach außen bewegt.
Nervus facialis (VII)
Dem Nervus facialis (Gesichtsnerv) sind Fasern angelagert, die den N. intermedius bilden. Beide zusammen werden auch als Nervus intermediofacialis bezeichnet. Gemeinsam sind sie für die motorische Innervation der mimischen Muskulatur, für die Geschmackswahrnehmung an den vorderen zwei Dritteln der Zunge und der Innervation verschiedener Drüsen zuständig.
Der N. intermedius versorgt die vorderen zwei Drittel der Zunge mit speziell viszeroafferenten Fasern; diese dienen der Geschmackswahrnehmung. Des Weiteren führt er allgemein viszeroefferente (parasympathische) Fasern, die die Drüsen Gl. lacrimalis, Gl. submandibularis, Gl. sublingualis innervieren.
Was bedeutet Gl. in der Medizin?
Die medizinische Abkürzung Gl. steht für Glandula, also Drüse.
Nervus vestibulocochlearis (VIII)
Der Nervus vestibulocochlearis besteht aus zwei Anteilen; dem N. vestibularis, der für das Gleichgewichtsorgan zuständig ist und dem N. cochlearis, der das Hörorgan versorgt. Sie führen beide speziell somatoafferente, also sensorische Fasern.
Nervus glassopharyngeus (IX)
Der Nervus glassopharyngeus (Zungen-Rachen-Nerv) führt motorische und sensible Fasern und innerviert Strukturen im Mundbereich und im Rachen. Allgemein somatoafferente Fasern innervieren die Schleimhaut im Mittelohr und im Rachen. Die allgemein viszeroefferente Fasern versorgen die Speicheldrüsen. Allgemein viszeroafferente Fasern dienen der Blutdruckregulation. Dahingegen sind speziell viszeroafferente Fasern für die Geschmackswahrnehmung im hinteren Drittel der Zunge zuständig und speziell viszeroefferente Fasern versorgen Muskeln motorisch im Mund- und Rachenbereich.
Nervus vagus (X)
Das Nervensystem des Menschen lässt sich nicht nur hinsichtlich des Aufbaus (Zentrales Nervensystem und Peripheres Nervensystem), sondern auch hinsichtlich seiner Funktion einteilen. Es unterteilt sich in ein somatisches und in ein vegetatives Nervensystem. Ersteres kann willkürlich gesteuert werden und bei Zweiterem laufen Vorgänge automatisch ab. Das vegetative Nervensystem wiederum teilt sich in den Sympathikus, der bei Leistung und Stress aktiv ist, sowie in den Parasympathikus, der bei Ruhe und Entspannung aktiv ist, auf.
Der Nervus vagus ist der Hauptnerv des Parasympathikus. Er versorgt die meisten Strukturen von allen Hirnnerven und ist nicht nur auf die Kopf-Hals-Region begrenzt, sondern zieht auch in den Bauchraum.
Allgemein somatoafferente Fasern versorgen die Hirnhaut sensibel. Allgemein viszeroefferente (parasympathische) Nervenfasern versorgen Lunge, Herz, Magen, Leber, Niere, Darm und Gefäße. Allgemein viszeroafferente Fasern dienen der Blutdruckregulation und leiten sensible Informationen von der Rachen-, Speiseröhren– und Magenschleimhaut weiter. Speziell viszeroafferente Fasern versorgen den Kehlkopf und speziell viszeroefferente Fasern die Pharynx- und Larynxmuskulatur motorisch.
Nervus accesorius (XI)
Der Nervus accesorius führt ausschließlich speziell viszeroefferente Fasern und versorgt den M. trapezius, den M. sternocleidomastoideus und die Kehlkopfmuskeln motorisch. Die Entwicklung ist aus dem sechsten Kiemenbogen.
Nervus hypoglossus (XII)
Der zwölfte und letzte Hirnnerv ist ein motorischer Nerv, der die Zungenmuskulatur innerviert; er führt also ausschließlich allgemein somatoefferente Fasern.
Merkhilfe für die Hirnnerven
Um sich die Reihenfolge der zwölf Hirnnerven gut merken zu können, ist folgende Eselsbrücke hilfreich: "Onkel Otto orgelt tag-täglich aber freitags verspeist er gerne viele alte Hamburger."
Hirnnerven – Anatomie und Verlauf
Die Hirnnervenkerne sind der Ursprung der Hirnnerven. Sie befinden sich im Rückenmark und im Hirnstamm. Genauer gesagt sind diese Hirnnervenkerne der Ursprung der motorischen Nerven und die Gebiete, auf die die sensiblen und sensorischen Nerven hin projizieren.
Verlassen die Hirnnervenpaare ihren Ursprung und treten aus dem Gehirn aus, verlaufen sie zunächst innerhalb des Schädels.
Bei den Hirnnerven V, VII, VIII, IX und X, also bei jenen die sensible Fasern führen, ist hier besonders, dass sich ihre Zellkörper in Form von Nervenzellenansammlungen, sogenannten “Ganglien“, außerhalb des Gehirns gruppieren.
Nach dem Verlauf innerhalb des Schädels treten dann alle Hirnnervenpaare durch kleinere und größere Kanäle aus diesem aus.
Nervus olfactorius (I)
Die Sinneszellen in der Riechschleimhaut sammeln sich zum Nervus olfactorius. Dieser tritt durch die Lamina cribrosa (Knochenabschnitt mit vielen kleinen Löchern) im Os ethmoidale (Siebbein) in den Schädel ein. Die Fasern sammeln sich im Bulbus olfactorius (Riechkolben), wo sie verschaltet werden. Sie ziehen dann als Tractus olfactorius (Riechbahn) zum Großhirn in die primäre Riechrinde weiter.
Nervus opticus (II)
Die Fasern der Nervenzellen in der Netzhaut bündeln sich zum Nervus opticus. Er verlässt die Netzhaut und tritt durch den Canalis opticus in den Schädel ein. Die Fasern ziehen zum “Chiasma opticum“; Fasern die von der nasalen Seite der Netzhaut kommen, kreuzen auf die Gegenseite. Die Fasern der temporalen Seite verlaufen ungekreutzt weiter. Danach erstrecken sie sich als Tractus opticus zum Thalamus, wo sie verschaltet werden. Sie ziehen dann als Sehstrahlung (Radiatio optica) zur primären Sehrinde. Dort werden die Sinneseindrücke schließlich aufgelöst und treten ins Bewusstsein.
Nervus oculomotorius (III)
Der Nervus oculomotorius entspringt aus den zwei Hirnnervenkernen Nucleus n. oculomotorii und Nucleus accessorius n. oculomotorii. Die Fasern aus beiden Kernen fügen sich zum Nerv zusammen und verlassen das Mittelhirn. Der Nerv zieht in der lateralen Wand des Sinus cavernosus (venöser Blutleiter) nach vorne und verlässt den Schädel durch die Fissura orbitalis superior in der Augenhöhle. Er teilt sich dann in seine drei Endäste auf.
Nervus trochlearis (IV)
Der Nervus trochlearis entspringt am Nucleus n. trochlearis im Mittelhirn. Er verlässt als einziger Hirnnerv das Gehirn hinten, also dorsal. Er verläuft oberhalb der Pons (Brücke) nach vorne (nach ventral) und tritt durch die Fissura orbitalis superior in die Augenhöhle ein.
Nervus trigeminus (V)
Die Hirnnervenkerne des Nervus trigeminus sind
- Nucleus mesencephalicus n. trigemini
- Nucleus principalis n. trigemini
- Nucleus spinalis n. trigemini
- Nucleus motorius n. trigemini
Alle Fasern treten seitlich aus dem Pons aus und vereinigen sich zum Nervus trigeminus. Die sensiblen Fasern lagern sich zum Ganglion trigeminale (Nervenzellansammlungen) zusammen. Der Nerv teilt sich dann in seine drei Hauptäste (N. ophthalmicus (V1), N. maxillaris (V2) und N. mandibularis (V3)) auf, die zu ihren jeweiligen Versorgungsgebieten ziehen.
Nervus abducens (VI)
Der Nervus abducens entspringt aus dem Nucleus n. abducentis und tritt ventral (vorne) zwischen Pons und Medulla oblongata (verlängertes Rückenmark) aus. Er verläuft in der lateralen Wand des Sinus cavernosus nach vorne und tritt durch die Fissura orbitalis superior in die Augenhöhle ein.
Nervus facialis (VII)
Der Nervus facialis (Gesichtsnerv) und der Nervus intermedius entspringen aus den Kernen Nucleus n. facialis, Nucleus tractus solitarii und Nucleus salivatorius superior. Sie treten gemeinsam aus dem Hirnstamm zwischen Pons und Olive aus. Der Nervus intermediofacialis tritt dann in den Meatus acusticus internus (Knochenkanal im Felsenbein) ein, dessen Fasern sich dann zum Ganglion geniculi (Nervenzellenansammlungen) zusammenlagern. Im Felsenbein werden drei Äste abgegeben.
Der Hauptstamm des Nervus facialis tritt schließlich durch das Foramen stylomastoideum (kleine Öffnung im Schläfenbein) aus dem Schädel aus und verzweigt sich in mehrere Ästen, die die mimische Muskulatur motorisch innervieren.
Nervus vestibulocochlearis (VIII)
Der achte der Hirnnerven verläuft durch den inneren Gehörgang und tritt durch den Porus acusticus internus in den Schädel ein und dann am Kleinhirnbrückenwinkel in den Hirnstamm.
Die Kerne Nucleus vestibularis superior, Nucleus vestibularis lateralis, Nucleus vestibularis medialis und der Nucleus vestibularis inferior gehören zum Nervus vestibularis. Die Cochleariskerne sind der Nucleus cochlearis anterior und der Nucleus cochlearis posterior.
Nervus glassopharyngeus (Zugen-Rachen-Nerv) (IX)
Die Fasern der fünf Kerne Nucleus spinalis n. trigemini, Nucleus salivatorius inferior, Nucleus tractus solitarii pars inferior, Nucleus tractus solitarii pars superior und Nucleus ambiguus treten gemeinsam seitlich hinter der Olive aus dem verlängerten Rückenmark aus. Sie ziehen Richtung Felsenbein, verdicken sich zum Ganglion superius n. glossopharyngei und treten dann durch das Foramen jugulare aus dem Schädel aus. Nach dem Austritt verdicken sie sich abermals zum Ganglion inferius n. glossopharyngei. Der Nerv teilt sich dann in seine Äste auf.
Nervus vagus (X)
Die Kerne des Nervus vagus sind der Nucleus spinalis n. trigemini, der Nucleus dorsalis, der Nucleus tractus solitarii pars inferior, der Nucleus tractus solitarii pars superior und der Nucleus ambiguus. Seine Fasern treten gemeinsam hinter der Olive aus dem verlängerten Rückenmark aus und verdicken sich zum Ganglion superius. Auf Höhe dieses Ganglions gibt der Nerv sensible Äste ab. Der Nervus Vagus tritt dann, wie der N. accessorius, durch das Foramen jugulare aus dem Schädel aus. Dann verdicken sich die Fasern zum Ganglion inferius und geben weitere gemischte Äste ab.
Der Nervus vagus verläuft weiter und gibt gemischte Äste ab. Er zieht dann zur Speiseröhre und versorgt diese. Schließlich vereinen sich die Fasern zum Truncus vagalis anterior (vorderer Vagusstamm) und Truncus vagalis posterior. Äste und Nervengeflechte dieser Trunci innervieren die Oberbauchorgane.
Nervus accesorius (XI)
Die Fasern des ersten Kerns, des Nucleus ambiguus treten als “Radix (Wurzel) cranialis” unterhalb des N. vagus aus dem verlängertem Rückenmark aus. Die Fasern des zweiten Kerns, des Nucleus spinalis, treten außerhalb des Schädels auf Höhe des zweiten und fünften Halswirbels als Radix spinalis aus. Sie ziehen durch das Foramen magnum, durch das auch das verlängerte Rückenmark in den Schädel eintritt, in die Schädelhöhle. In dieser lagern sich die zwei Wurzeln zum Truncus nervi accessorii zusammen und treten gemeinsam durch das Foramen jugulare aus dem Schädel aus. Dort teilt sich der Truncus in zwei Äste auf.
Nervus hypoglossus (XII)
Die Fasern des Nervus hypoglossus entspringen am Nucleus n. hypoglossi und verlassen den Hirnstamm zwischen unterer Olive und Pyramide. Sie treten durch den Canalis nervi hypoglossi aus dem Schädel aus.
1. Amboss, Hirnnerven, https://www.amboss.com/... (Abrufdatum: 28.03.2023).