Eine VERAH ist eine erfahrene Medizinische Fachangestellte (MFA), welche die Weiterbildung zur Versorgungsassistentin in der Hausarztpraxis abgeschlossen hat. Sie verfügt bereits über praktische Erfahrungen als MFA, was als Voraussetzung für diese hochqualifizierte zusätzliche Ausbildung gilt. Als Bestandteil der Hausarztzentrierten Versorgung (HzV) entlasten VERAH ihren Hausarzt, indem sie an sie delegierte Aufgaben übernehmen, und stellen somit die umfassende Betreuung der Patienten in der Hausarztpraxis sicher. Auch Hausbesuche außerhalb der Praxis können sie übernehmen.
Die Stärken einer VERAH liegen jedoch nicht nur im medizinischen Bereich, sondern auch im sozialen: Sie führen eigenständige Gespräche mit den Patienten über deren medizinische Ängste und geben ihnen praktische Hilfestellung durch Beratung und aktives Zuhören. Eine VERAH ist somit ein Rundumtalent, das in der Hausarztpraxis unverzichtbare Dienste leistet.
VERAH – Voraussetzungen
Die Zulassungsvoraussetzungen, um eine Weiterbildung zur VERAH, die vom Institut für hausärztliche Fortbildung im Deutschen Hausärzteverband (IhF) e.V. angeboten wird, absolvieren zu können, sind eine erfolgreich abgeschlossene Ausbildung zur Medizinischen Fachangestellten, eine einschlägige zweijährige Berufserfahrung in einer Hausarztpraxis und ein dort bestehendes Beschäftigungsverhältnis.
Es können jedoch auch Personen ohne abgeschlossene Ausbildung zur MFA zugelassen werden, sofern sie einen vergleichbaren paramedizinischen Ausbildungsberuf haben (z.B. Rettungshelfer, Krankenschwester, Hebamme etc.). In diesen Fällen ist ebenfalls eine einschlägige Berufserfahrung von mindestens zwei Jahren sowie ein gesonderter Antrag auf Zulassung notwendig.
VERAH – Inhalt und Dauer der Weiterbildung
Eine Weiterbildung zur VERAH beinhaltet einen Präsenzunterricht von insgesamt 106 Unterrichtseinheiten und gliedert sich in acht Module:
- Case Management: die Unterstützung und Beratung chronisch kranker Patienten wie Diabetiker, Asthmatiker, Herzkranke etc.
- Präventionsmanagement: die qualifizierte Beratung über und das Verabreichen von Impfungen sowie das Durchführen von Vorsorgemaßnahmen und Screenings.
- Gesundheitsmanagement: die Anleitung zur Führung eines gesunden Lebensstils, z.B. Beratung und Unterstützung bei der Rauchentwöhnung oder Ernährungsberatung bei Übergewicht.
- Technikmanagement: das selbständige geriatrische Basis-Assessment (d.h. das Erfassen typisch altersbedingter Handicaps und Krankheiten wie z.B. Hör- oder Sehschwächen, sowie medizinischer, psychischer oder sozialer Probleme anhand eines Fragenkatalogs) sowie der sichere Umgang mit diversen Medizinprodukten, auch in der Anleitung der Patienten bei der eigenständigen Anwendung von Medizinprodukten (z.B. Verbände, Inhalatoren etc.).
- Praxismanagement: Dies beinhaltet alle wesentlichen Aspekte für einen reibungslosen Ablauf in der Hausarztpraxis, z.B. das Abrechnungsmanagement, das Führen von Patientenakten und alles, was einen strukturierten Praxisablauf garantiert.
- Besuchsmanagement: die Hausbesuchsübernahme zur Entlastung des Hausarztes.
- Notfallmanagement: das Ergreifen von Erstversorgungsmaßnahmen sowie praxisrelevante Kenntnisse des Rettungsdienstes.
- Wundmanagement: die Kenntnis über Wundheilungsmechanismen, die eigenständige Wundversorgung unter Berücksichtigung diverser Verbandtechniken und die Wundprophylaxe.
Da die Weiterbildung zur VERAH parallel zur Berufstätigkeit abläuft, wird darüber hinaus auch ein Nachweis vom Arbeitgeber über diverse Kompetenzen, die nicht durch Theorieunterricht vermittelt werden können, benötigt. Diese Kompetenzbescheinigung deckt 54 Unterrichtseinheiten ab.
Das begleitende Praktikum bringt weitere 40 Unterrichtseinheiten ein. Damit beträgt die insgesamt zu erbringende Leistung 200 Unterrichtseinheiten.
Praktikum
Das Praktikum einer angehenden VERAH beträgt 40 Unterrichtseinheiten zu jeweils 45 Minuten und wird bei den sozialen Netzwerkpartnern der Hausarztpraxis abgeleistet. Diese Netzwerkpartner sind unterstützend und ergänzend arbeitende Träger wie z.B. spezialisierte Vertragsarztpraxen (HNO, Urologen, Physiotherapeuten etc.), Pflegedienste und -heime, Sanitätshäuser, Apotheken und Krankenhäuser.
Durch das Praktikum lernt die angehende VERAH die internen Arbeitsabläufe dieser Institutionen direkt kennen und kann darüber hinaus persönliche Kontakte knüpfen, was wiederum in einer Schnittstellenoptimierung resultiert. Durch den persönlichen Kontakt weiß die VERAH in Einzelfällen, wen sie für welchen Zweck direkt kontaktieren kann, um die bestmögliche Versorgung für ihre Patienten zu gewährleisten.
Dieser Hospitationsanteil muss nicht zwingend bei einem einzigen Netzwerkpartner erfolgen, sondern kann aufgeteilt werden, sofern mindestens vier Unterrichtseinheiten pro Einrichtung abgeleistet werden.
Prüfung
Die Abschlussprüfung zur VERAH gliedert sich in einen schriftlichen und einen mündlichen Teil. Für die Prüfung wird eine Abschlussprüfungsgebühr in Höhe von 179 Euro (seit 2021) 14 Tage vor dem Prüftermin fällig.
Schriftlicher Teil
Der schriftliche Teil der Prüfung zur VERAH besteht in einer Hausarbeit im Umfang zwischen 8 und 12 Din-A4-Seiten, welche in dreifacher Ausführung spätestens vier Wochen vor dem Prüfungstermin beim Institut für hausärztliche Fortbildung im Deutschen Hausärzteverband (IhF) e.V. eingereicht werden muss. Diese Hausarbeit besteht in einer konzeptorientierten Fallbeschreibung, die mindestens drei VERAH-Module umfassen muss (siehe „Inhalt und Dauer der Weiterbildung“).
Mündlicher Teil
Zur mündlichen Prüfung zugelassen wird nur, wer den schriftlichen Teil bereits erfolgreich bestanden hat. Der mündliche Teil der Prüfung zur VERAH besteht in einem sogenannten Prüfungskolloquium. Hierbei werden vier Prüflinge gemeinsam jeweils 15 Minuten lang (also insgesamt eine Stunde) zu ihren jeweils eingereichten Hausarbeiten befragt und über ihr erworbenes Wissen in den acht Modulbereichen abgefragt. Im Prüfungsausschuss bei der Prüfung anwesend sind ein Hausarzt, eine Medizinische Fachangestellte oder VERAH und ein Protokollant.
VERAH – Kosten und Abrechnung
Da viele MFA die Weiterbildung zur Versorgungsassistentin in der Hausarztpraxis auf Wunsch ihres Arbeitgebers absolvieren, übernimmt dieser oft auch die Gesamtkosten. Diese Kosten belaufen sich auf 2.374 € für Mitglieder des Deutschen Hausärzteverbands bzw. 2.836 € für Nicht-Mitglieder allein für die Kompaktseminare. Zusätzlich fallen Anerkennungskosten in Höhe von 15 € je Modul an (bei insgesamt 8 Modulen also 120 €) sowie die Abschlussprüfungskosten in Höhe von 179 € seit dem Jahr 2021. Damit schlägt die Weiterbildung zur VERAH mit insgesamt 2.673 € für Mitglieder des Deutschen Hausärzteverbands zu Buche und für Nicht-Mitglieder mit insgesamt 3.135 €.
Personengruppe | Preis |
für Mitglieder des Dt. Hausärzteverbands: | 2.374 € |
für Nicht-Mitglieder: | 2.836 € |
plus Prüfungsgebühr: | 179 € (ab 2021) |
plus Anerkennung je Modul: | 15 € |
insgesamt für Mitglieder: | 2.673 € |
insgesamt für Nicht-Mitglieder: | 3.135 € |
Gehalt
Das Gehalt einer VERAH entspricht der Gehaltsstufe IV des Tarifvertrags für Medizinische Fachangestellte. Dies bedeutet ein beispielhaftes monatliches Brutto-Grundgehalt in Höhe von 2.599,12 EUR für eine Person mit bis zu 4 Jahren Berufserfahrung bei einer Wochenarbeitszeit von 40 Stunden. Für Hausbesuchsfahrten gibt es eine gesonderte Vergütung, da die VERAH so den Hausarzt entlastet, indem sie ihm viel Zeit erspart und sich das somit finanziell positiv auf das Konzept der Praxis auswirkt.
Aufgaben
Die Aufgaben und Kompetenzen einer VERAH bestehen im Durchführen von Hausbesuchen, der Übernahme koordinierender Aufgaben im Rahmen des Case Managements (d.h. die Optimierung der Versorgung im regionalen Zuständigkeitsbereich durch Absprachen zwischen verschiedenen Fachärzten, Pflegeeinrichtungen etc.) und in der Durchführung diagnostischer und therapeutischer Maßnahmen in Delegation des Hausarztes.
Insbesondere bei älteren und vor allem chronisch kranken Patienten führt die VERAH Tätigkeiten im Kontext des geriatrischen Basis-Assessments (s.o.) durch. Im Rahmen der delegierbaren Leistungen erkennt sie Risiken für die Gesundheit in häuslichen Bereichen, leitet Maßnahmen in Absprache mit dem Hausarzt und den Angehörigen ein und kontrolliert deren Umsetzung.
Auch die Durchführung von Präventions- und Prophylaxe- bzw. Rehabilitationsmaßnahmen (z.B. Krankengymnastik) bei und mit Patienten bzw. die Unterstützung und Anleitung der Angehörigen beim Umgang mit dem körperlich eingeschränkten Patienten ist ihre Aufgabe. Sie kann Notfallsituationen beim Hausbesuch zuverlässig einschätzen und bei Bedarf Erste-Hilfe-Maßnahmen einleiten.
VERAH führen durch den Hausbesuch anfallende organisatorische Verwaltungsarbeiten wie z.B. die Hausbesuchsabrechnung durch, müssen bei ihren Tätigkeiten außerdem stets den Datenschutz beachten und sich mit den Bestimmungen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes sowie des Umweltschutzes auskennen und diese einhalten. Dabei erhalten sie stets die Autonomie des Patienten aufrecht und entlasten den Hausarzt im Praxisalltag.
Arbeitszeiten
Die Anzahl der Stunden, die eine VERAH in der Praxis pro Woche tätig ist, sind in ihrem Arbeitsvertrag geregelt und können entweder mit einer vollen Stelle (ab 28,1 Stunden pro Woche), einer Dreiviertelstelle (ab 19,01 bis 28 Stunden pro Woche) oder einer halben Stelle (19 Stunden pro Woche) berechnet werden.
Einsatzorte
Der hauptsächliche Einsatzort einer VERAH ist nach wie vor die Hausarztpraxis, erweitert sich jedoch um Hausbesuche in Alten- oder Pflegeheimen oder im Zuhause der Patienten. Da gerade in ländlichen Gebieten mit spürbarem Ärztemangel ein deutlich erhöhter Bedarf an VERAHs zur Entlastung der Ärzte besteht, ist es vor allem für auf dem Land oder in Randbezirken von Großstädten lebende erfahrene Medizinische Fachangestellte eine Überlegung wert, diese Zusatzqualifikation zu erwerben.
VERAH – Weiterbildungsmöglichkeiten
Wer seinen Abschluss als Versorgungsassistentin in der Hausarztpraxis in der Tasche hat, kann anschließend noch an VERAH-Plus-Modulen teilnehmen, um die Qualifikation zur Nichtärztlichen Praxisassistentin (NäPa)/EVA zu erlangen. Mit dieser Qualifikation können erfahrene Medizinische Fachangestellte sowohl für hausärztliche als auch für fachärztliche Praxen Hausbesuche machen, während die VERAH nur in und außerhalb der Hausarztpraxis zusätzliche Tätigkeiten übernimmt.
Stellenangebote für Medizinische Fachangestellte
Wer gerade nach einer neuen Stelle im medizinischen Bereich sucht, findet bei Medi-Karriere viele Jobs für Medizinische Fachangestellte, aber auch Stellen für Gesundheits- und Krankenpfleger/innen oder Zahnmedizinische Fachangestellte Jobs.
1. www.hausarzt-bw.de/verah (Abrufdatum: 13.04.2021)
2. Pflegegesetzdaptiertes geriatrisches Basisassessment (PGB), www.geriatrie-bochum.de (Abrufdatum: 15.04.2021)
3. www.dgcc.de/case-management/ (Abrufdatum: 15.04.2021)