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Damit Gefäße und Nerven in die Beine gelangen können, um dort Knochen, Muskeln und Haut versorgen zu können, sind Durchtrittspforten bedeutend. Die Lacuna vasorum liegt in der Leistenregion und gehört zu den wichtigsten Leitungsstrukturen für die untere Extremität, vor allem deren Blutversorgung. Welche anatomischen und funktionellen Besonderheiten die Lacuna vasorum hat und welche Beschwerden in der Region auftreten können, klärt der folgende Artikel.
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Lacuna vasorum – Definition
Die Lacuna vasorum – übersetzt bedeutet das so viel wie Gefäßpforte – ist eine der wichtigsten Durchtrittsstellen zwischen Rumpf und Bein am vorderen Oberschenkel. Sie enthält bedeutende Nerven und Gefäße für die Versorgung der gesamten unteren Extremität.
Lacuna vasorum – Anatomie und Aufbau
Die Leistenregion wird vom Leistenband (lat. Ligamentum inguinale) begrenzt, unter dem die wichtigen Durchtrittsstellen zum Oberschenkel für Muskeln (Lacuna musculorum) und Gefäße (Lacuna vasorum) liegen. Der Arcus iliopectineus – eine Verstärkung der oberflächlichen Bauchfaszie, die vom Leistenband zu einer Erhebung am Hüftknochen zieht – trennt die Strukturen. Die Lage der Gefäßpforte bezeichnet man als medial. Sie hat folgende Begrenzungen:
Richtung | Grenzstruktur | Beschreibung |
medial | Lig. lacunare | Band zwischen Lig. inguinale und Os pubis |
lateral | Arcus iliopectineus | Verstärkung der Fascia iliaca zwischen Lig. inguinale und Eminentia iliopubica |
ventral | Lig. inguinale | Leistenband zwischen Spina iliaca anterior superior und Tuberculum pubicum des Os pubis |
Gefäßpforte – Aufgaben und Funktion
Die Gefäßpforte enthält wichtige Gefäße und Nerven und nimmt damit eine erhebliche Rolle in der Versorgung des gesamten Beins ein. Zu den enthaltenen Strukturen gehört unter anderem die Arteria femoralis (kur: A. femoralis), die das Hüftgelenk und den Oberschenkelknochen sowie die gesamte Muskulatur am Oberschenkel versorgt, aber auch Äste zur Versorgung der Unterschenkel abgibt. Auch die venöse Versorgung läuft über die Pforte.
Klinik: A. femoralis
Die A. femoralis hat in der Leistenregion gleich zwei klinisch relevante Funktionen:
- Hier ist der Puls in der Leistenregion tastbar.
- Bei Linksherzkatheteruntersuchungen wird vorzugsweise die A. femoralis in der Gefäßpforte punktiert und der Katheter bis zur linken Herzkammer vorgeschoben, um die Herzleistung und den Zustand der Herzkranzgefäße zu untersuchen. Bei Rechtherzuntersuchungen wird die V. femoralis an der gleichen Stellen punktiert.
Zudem zieht der Ramus femoralis des N. genitofemoralis durch die Lacuna vasorum. Er versorgt die Haut am oberen inneren Oberschenkel sensibel. Durch Berührungen in dieser Region kann man über den N. genitofemoralis beim Mann den Kremasterreflex auslösen, wobei der M. cremaster das Skrotum anhebt. Letztendlich finden sich auch wichtige Lymphgefäße in der Gefäßpforte, unter anderem der Rosenmüller-Lymphknoten.
Merkhilfe zum Verlauf der Strukturen
Die genaue Lager der Gefäße ist wichtig und wird gerne in Prüfungen abgefragt. Eine hilfreiche Merkhilfe ist hier iVAN: Von innen nach außen verläuft zunächst die Vene, die Arterie und dann der Nervenast.
Lacuna vasorum – Krankheiten und Beschwerden
Die häufigsten Beschwerden im Bereich der Lacuna vasorum werden durch sogenannte Schenkelhernien ausgelöst. Hier stülpen sich Gewebe und Darm medial der V. femoralis durch die Pforte und sind in der Leistenregion als Ausstülpung tastbar. Da die enthaltenen Darmschlingen gefährdet sind, sollten Hernien operativ rückverlagert werden. Veränderte Strukturen wie Lipome oder metastatisch veränderte Lymphknoten (gerade des prominenten Rosenmüller-Lymphknotens) können mit Hernien verwechselt werden.
Auch Läsionen des Nervs können Beschwerden auslösen, etwa Sensibilitätsverluste, Schmerzen und den Ausfall des Kremasterreflexes. Der Nerv kann beispielsweise durch tiefsitzende enge Hosen zusammengedrückt werden.
Erste Hilfe leisten
Bei starken Blutungen im Bereich der unteren Extremitäten kann das Abdrücken der A. femoralis zur Minderung des Blutverlustes einem Menschen das Leben retten. Die Arterie wird dabei mit einer Hand gegen das Schambein gedrückt, im Idealfall komprimiert die andere Hand (oder ein/e zweite/r Helfer/in) die Blutung direkt. Mögliche Komplikationen des Eingriffs sind eine Blutstauung, wenn man nur die Vene abdrückt, und die Verletzung umliegender Nerven.
- Schünke, Prometheus LernAtlas – Allgemeine Anatomie und Bewegungssystem, Thieme (Verlag), 6. Auflage, 2022
- Paulsen, Sobotta, Atlas der Anatomie Band 1, Elsevier (Verlag), 25. Auflage, 2022
- Platzer, Taschenatlas Anatomie, Band 1: Bewegungsapparat, Thieme (Verlag), 12. Auflage, 2018
- Bommas-Ebert, Kurzlehrbuch Anatomie und Embryologie, Thieme (Verlag), 3. Auflage, 2011
- Mattle, Kurzlehrbuch Neurologie, Thieme (Verlag), 5. Auflage, 2021
- Schumpelick, Kurzlehrbuch Chirurgie, Thieme (Verlag), 8. Auflage, 2010
- Secchi, Checkliste Notfallmedizin, Thieme (Verlag), 4. Auflage, 2009