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Der Scheidenvorhof stellt einen zentralen Abschnitt des äußeren Genitals dar und liegt zwischen den kleinen Schamlippen. Er vereint mehrere anatomisch und funktionell bedeutende Strukturen, darunter die Öffnungen von Harnröhre und Vagina sowie wichtige Drüsenausgänge. Trotz seiner unscheinbaren Größe spielt der Scheidenvorhof eine wesentliche Rolle bei der Aufrechterhaltung der genitalen Schutzmechanismen und der sexuellen Reaktion. Anatomie, Funktion und klinische Relevanz dieser Region sind Thema dieses Artikels.
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Scheidenvorhof – Definition
Der Scheidenvorhof (Vestibulum vaginae) bezeichnet den schmalen Raum zwischen den kleinen Schamlippen, der mehrere wichtige Strukturen des äußeren Genitalbereichs umschließt. Er beginnt unterhalb der Klitoris und endet am hinteren Kommissurpunkt, dem sogenannten Fourchette. Innerhalb dieses Bereichs münden sowohl die Harnröhre als auch die Vagina. Darüber hinaus befinden sich hier die Ausführungsgänge der Bartholin– und Skene-Drüsen.
Im Unterschied zum Scheideneingang, der ausschließlich die Öffnung der Vagina bezeichnet, umfasst der Scheidenvorhof eine funktionelle Zone mit mehreren Öffnungen, Drüsen und Schleimhautabschnitten. Er gehört anatomisch zur Vulva und bildet die direkte Verbindung zwischen äußeren und inneren Genitalstrukturen. Trotz seiner geringen Ausdehnung übernimmt er zentrale Aufgaben für Befeuchtung, Schutz und sexuelle Funktion.
Scheidenvorhof – Anatomie
Der Scheidenvorhof ist ein keilförmiger Bereich innerhalb der Vulva, der sich zwischen den kleinen Schamlippen erstreckt. Er beginnt unterhalb der Klitoris und endet im Bereich des hinteren Scheidengewölbes. Dieser begrenzte Raum beherbergt mehrere wichtige Strukturen, deren genaue Lage und Aufbau eng aufeinander abgestimmt sind.
Lage und Begrenzung
Anatomisch liegt der Scheidenvorhof unmittelbar unterhalb des Klitorismützchens und reicht bis zur sogenannten Fourchette, dem hinteren Verbindungsbereich der kleinen Schamlippen. Seitlich wird er durch die Labia minora (kleine Schamplippen) begrenzt, die ihn wie schützende Hautfalten umrahmen. Der gesamte Bereich ist von einer feuchten Schleimhaut überzogen, die im reproduktiven Alter hormonabhängig gut durchblutet und elastisch ist.
Scheideneingang und Harnröhrenöffnung
Im mittleren Teil des Scheidenvorhofs liegt die Harnröhrenöffnung (Ostium urethrae externum), durch die der Urin aus der Blase austritt. Unmittelbar darunter befindet sich der Scheideneingang (Introitus vaginae), der anatomisch deutlich größer ist und tiefer liegt. Beide Öffnungen sind durch eine zarte Schleimhaut voneinander getrennt und können je nach hormoneller Lage unterschiedlich ausgeprägt erscheinen.
Bartholin- und Skene-Drüsen
Im hinteren Abschnitt des Scheidenvorhofs münden die Bartholin-Drüsen, die beidseits neben dem Scheideneingang lokalisiert sind. Sie produzieren ein schleimiges Sekret zur Befeuchtung der Vulva, insbesondere bei sexueller Erregung. Im vorderen Bereich, nahe der Harnröhrenöffnung, liegen die Ausführungsgänge der Skene-Drüsen. Diese kleinen, paarigen Drüsen werden in ihrer Funktion teils mit der männlichen Prostata verglichen und könnten ebenfalls Sekrete abgeben, deren genaue Rolle jedoch noch nicht abschließend geklärt ist.
Schleimhaut und Epithelstruktur
Die Schleimhaut des Scheidenvorhofs besteht aus mehrschichtigem Plattenepithel, das nicht verhornt ist. Sie bildet eine Übergangszone zwischen der äußeren Haut und dem inneren Vaginalepithel. Die Oberfläche enthält muköse Drüsenzellen und ist in der Lage, Sekrete zu bilden oder aufzunehmen. In der reproduktiven Phase sorgt ein ausgewogenes hormonelles Milieu für eine dichte Besiedlung mit Laktobazillen, die über Milchsäureproduktion zur Infektionsabwehr beitragen.
Nervale Versorgung und Gefäßanbindung
Der Scheidenvorhof ist sensibel innerviert, insbesondere durch Äste des Nervus pudendus. Diese Versorgung ermöglicht eine präzise Wahrnehmung von Reizen, was sowohl für Schutzreflexe als auch für sexuelle Reaktionen von Bedeutung ist. Die arterielle Blutversorgung erfolgt über Zweige der Arteria pudenda interna, während der venöse Abfluss in ein ausgedehntes Venengeflecht der Vulva mündet. Lymphatisch drainiert der Bereich in die oberflächlichen Leistenlymphknoten.
Schmerzempfindung
Der Scheidenvorhof zählt zu den sensibelsten Bereichen des äußeren Genitals. Das liegt an der dichten Versorgung mit freien Nervenendigungen des Nervus pudendus. Diese sensible Struktur ermöglicht differenzierte Reizwahrnehmung, etwa bei sexueller Stimulation, aber auch bei Berührung, Dehnung oder Reibung. Zugleich macht sie den Bereich anfällig für Überempfindlichkeit oder chronische Schmerzen, wie sie bei Vulvodynie oder nach lokalen Eingriffen auftreten können. Schon kleinste Reize werden dabei als brennend oder stechend wahrgenommen, was die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen kann.
Scheidenvorhof – Funktion
Der Scheidenvorhof übernimmt mehrere Aufgaben, die eng mit Schutz, Sekretbildung und sexueller Reaktion verknüpft sind. Als funktionelle Übergangszone zwischen Haut und Schleimhaut dient er als erste Barriere gegenüber äußeren Reizen und potenziellen Krankheitserregern. Dabei sorgt die Schleimhaut in Kombination mit dem lokalen Mikrobiom für ein stabiles, leicht saures Milieu, das das Wachstum pathogener Keime hemmt.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Rolle des Scheidenvorhofs bei der Befeuchtung des Genitalbereichs. Die Bartholin-Drüsen geben bei sexueller Erregung ein klares, visköses Sekret ab, das den Scheideneingang gleitfähig macht und mechanischen Reizungen vorbeugt. Auch die Skene-Drüsen tragen möglicherweise zur Befeuchtung oder zur Modulation der sexuellen Reaktion bei, wenngleich ihre genaue Funktion noch nicht abschließend geklärt ist.
Darüber hinaus ist der Scheidenvorhof stark sensibel innerviert und trägt zur sexuellen Wahrnehmung bei. Reize aus diesem Bereich können über sensible Nervenfasern reflektorisch die Beckenbodenmuskulatur aktivieren und damit auch bei der Vorbereitung auf den Geschlechtsverkehr eine Rolle spielen.
Scheidenvorhof – Klinik
Der Scheidenvorhof ist eine anatomisch exponierte und funktionell sensible Zone, die anfällig für verschiedene Krankheitsbilder ist. Aufgrund der Nähe zu Harnröhre und Vagina sowie der dichten Besiedlung mit Mikroorganismen treten in diesem Bereich häufig entzündliche Veränderungen auf. Eine der häufigsten Diagnosen ist die Vulvitis, eine unspezifische Entzündung des äußeren Genitals, die mit Rötung, Brennen und Juckreiz einhergeht. Häufig liegt dabei eine Reizung durch Seifen, parfümierte Produkte oder enge Kleidung vor, mitunter auch eine Infektion durch Hefepilze oder Bakterien.
Ein weiterer häufiger Befund sind Bartholin-Zysten oder -Abszesse. Diese entstehen durch eine Verlegung der Ausführungsgänge der Bartholin-Drüsen, meist infolge einer bakteriellen Infektion. Die betroffenen Patientinnen klagen typischerweise über eine einseitige, schmerzhafte Schwellung im hinteren Scheidenvorhof, die sich beim Sitzen oder Gehen verstärken kann. In schweren Fällen ist ein operatives Vorgehen erforderlich.
Auch funktionelle Beschwerden treten im Scheidenvorhof auf, etwa im Rahmen einer Vulvodynie. Dabei handelt es sich um eine chronische Schmerzstörung, die sich oft punktuell auf den Bereich um die Harnröhren- oder Vaginalöffnung konzentriert. Die Ursachen sind vielfältig und umfassen unter anderem Nervenreizungen, hormonelle Einflüsse oder muskuläre Verspannungen.
Nicht zuletzt zeigen sich auch hormonelle Veränderungen deutlich im Scheidenvorhof, etwa in der Menopause, wenn die Schleimhaut atrophisch wird und dadurch anfälliger für Mikrotraumen, Trockenheit und Entzündungen ist. Eine regelmäßige gynäkologische Kontrolle kann helfen, Beschwerden frühzeitig zu erkennen und gezielt zu behandeln.
- Aust G et. al., Duale Reihe Anatomie (Thieme, 6. Auflage, 2023)
- Vulvodynie, https://next.amboss.com/... , (Abrufdatum: 22.04.2025)
- Vagina und Vulva, https://next.amboss.com/... , (Abrufdatum: 22.04.2025)
- Entzündungen des weiblichen Genitaltrakts, https://next.amboss.com/... , (Abrufdatum: 22.04.2025)