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Der präfrontale Cortex (Cortex praefrontalis), kurz als PFC bezeichnet, gehört zum Frontallappen und ist damit Teil der größten Hirnstruktur des Menschen. Der PFC ist eng mit den sensorischen Assoziationsgebieten des Cortex verbunden und gilt als Sitz der exekutiven Funktionen, die das eigene Verhalten steuern, sowie des Arbeitsgedächtnisses. Unter anderem steht er im Zusammenhang mit der Handlungsplanung und Entscheidungsfindung. Manche bezeichnen den präfrontalen Cortex, der hinter der Stirn liegt, auch als Sitz der Persönlichkeit. Mehr dazu in diesem Artikel.
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Präfrontaler Cortex: Definition
Der präfrontale Cortex ist eine anatomische Region der Großhirnrinde (Cortex cerebri). Im Gehirn befindet er sich an der Stirnseite und nimmt den vorderen Rindenteil des Frontallappens ein. Der PFC ist sehr stark mit den anderen anatomischen Regionen des Gehirns vernetzt und gilt als verantwortlich für höhere kognitive Leistungen.
Präfrontaler Cortex: Funktion
Der PFC bzw. präfrontale Cortex gehört zu den Assoziationsarealen im Gehirn vom Mensch. Er ist nicht unmittelbar mit den Sinnesorganen verbunden, sondern empfängt bereits vorverarbeitete Informationen und sensorische Signale. Ihm kommen vor allem exekutive Funktionen zu, darunter:
- Affektkontrolle
- Handlungsplanung und -steuerung
- kombinatorisches Denken und Lösen von Problemen anhand bereits gesammelter Erfahrungen
- Entscheidungsfindung
- Arbeitsgedächtnis
Er erfüllt unter anderem die Funktion, Informationen ins Gedächtnis zu integrieren und emotional zu bewerten. Die im präfrontalen Cortex ablaufenden Funktionen und Prozesse werden als notwendig angesehen, um Handlungen situationsangemessen zu planen und Emotionen zu regulieren. Aus diesem Grund wird der PFC auch als “Supervisory Attentional System” (SAS) bezeichnet.
Präfrontaler Cortex: Anatomie
Morphologisch lässt sich der präfrontale Cortex dem Neokortex zuordnen. Dieser jüngste Teil des Endhirns setzt sich aus mehreren Lappen zusammen. Das sind:
Lage und Aufbau
Der präfrontale Cortex liegt im menschlichen Gehirn an der Stirnseite und erstreckt sich von der prämotorischen Rinde bis zum frontalen Pol des Frontallappens. Grob unterteilen lässt er sich in den lateralen (der Körperseite abgewandten), den medialen (zur Körpermitte hin orientierten) und den orbifrontalen Cortex.
Histologisch weist der PFC den für die Großhirnrinde typischen Aufbau aus sechs Schichten auf (von außen nach innen):
- Molekularschicht
- Äußere Körnerschicht
- Äußere Pyramidzellenschicht
- Innere Körnerschicht
- Innere Pyramidzellenschicht
- Lamina multiformis
Verbindungen
Der PFC ist stark mit anderen Hirnstrukturen vernetzt. Afferenzen, informationszuführende Verbindungen, verlaufen von so gut wie allen sensorischen Assoziationsgebieten der Großhirnhemisphäre aus. Weiterhin bestehen viele Afferenzen aus dem Thalamus und dem dopaminergen Hirnstammzentren der Formatio reticularis (Retikulärformation). Wechselseitige Verbindungen verlaufen zwischen dem präfrontalen Cortex und weiteren kortikalen Arealen wie dem Parietallappen und dem Temporallappen sowie zwischen dem PFC und subkortikalen Arealen wie dem Thalamus und dem Hypothalamus.
Der mediale präfrontale Kortex ist insbesondere mit der Amygdala vernetzt und wird so mit der Modifikation von Emotionen in Zusammenhang gesetzt. Der laterale präfrontale Cortex steht derweil vor allem mit dem Hippocampus in Verbindung – eine Vernetzung, über die emotional behaftete Gedächtnisinhalte gespeichert werden.
Eine efferente Verbindung ohne vergleichbare Afferenz verläuft zum Nucleus accumbens (teil des “Belohnungssystems”). Der Nucleus accumbens wiederum ist mit der Area tegmentalis ventralis (Gruppen von Nervenzellen im Mittelhirn) vernetzt, die ihrerseits efferent mit dem präfrontalen Cortex in Verbindung steht.
Afferent und efferent erklärt
Der Begriff afferent bedeutet, dass etwas zu einem Organ hinführt. Efferent hingegen meint, dass etwas von einer Struktur wegführt. Wenn es sich dabei um Informationen handelt, bezeichnet man also das Ganze als neuronale Efferenzen; werden Substanzen weitergeleitet, sind es beispielsweise efferente Blutgefäße. Beide Arten von Faserstrukturen – afferent und efferent – spielen für das zentrale Nervensystem eine bedeutende Rolle.
Präfrontaler Cortex: Klinik
In der Klinik des präfrontalen Cortex spielen vor allem Läsionen und die Assoziation mit Schizophrenie eine Rolle.
Läsionen des präfrontalen Cortex
Durch Schädel-Hirn-Verletzungen, Blutungen, Tumore und degenerative Prozesse im Gehirn kann die Funktion des präfrontalen Cortex eingeschränkt werden. Aus klinischer Sicht sind vor allem bilaterale Läsionen problematisch. Patienten/-innen mit derartigen Verletzungen weisen eine verringerte intellektuelle Fähigkeiten auf. Weiterhin kommt es zu Einschränkungen der Konzentrationsfähigkeit, des Antriebs und der Planungsfähigkeit. Häufig werden zudem Persönlichkeitsveränderungen beobachtet. Betroffene verhalten sich beispielsweise enthemmt und distanzlos, wirken aber gleichgültig.
Weitere mögliche Folgen von Läsionen des präfrontalen Cortex umfassen:
- Beeinträchtigung des Kurzzeitgedächtnisses und der Langzeitplanung, jedoch ohne Auswirkung auf das Langzeitgedächtnis
- Entscheidungsunfähigkeit
- unflexibles Verhalten
Abhängig davon, welche Region des präfrontalen Cortex betroffen ist, treten unterschiedliche Symptome auf. Schäden am orbitofrontalen Cortex können zum Beispiel starke Persönlichkeitsveränderungen nach sich ziehen. Das können etwa pseudo-depressive Störungen mit Antriebslosigkeit bis hin zur Apathie oder aber pseudo-psychopathische Störungen sein. Diese äußern sich dann unter anderem durch übersteigerte Euphorie und der Missachtung sozialer Normen.
Assoziation mit Schizophrenie
Der präfrontale Cortex wird auch mit dem Krankheitsbild der Schizophrenie in Zusammenhang gebracht. Zu den Ursachen bestimmter Symptome der Schizophrenie wird ein Ungleichgewicht im Dopaminhaushalt des Gehirns gezählt. Der PFC verfügt über zahlreiche dopaminergene Neuronen und reagiert sensibel auf Dysbalancen. Schizophrene Patienten/-innen weisen meist eine frontale Hypofunktion auf: Angenommen wird, dass eine Überaktivität der dopaminergen Afferenzen aus der Formatio reticularis zum PFC zu Denk- und Wahrnehmungsstörungen führt. PET-Scans (Positronen-Emissions-Tomografie) zeigen zudem, dass der PFC bei Betroffenen während der Ausführung exekutiver Aufgaben weniger stark durchblutet ist als bei gesunden Probanden/-innen.