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Bindegewebe befinden sich in fast allen Organen und übernehmen wichtige mechanische Funktionen. Defekte von Bestandteilen dieses Gewebes können vor allem im Kindesalter zu Problemen führen.
In diesem Artikel ist der Aufbau, Funktion und Erkrankungen des Gewebes beschrieben.
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Bindegewebe – Definition
Das Bindegewebe zeichnet sich durch einen großen Raum zwischen den Zellen aus, der mit Flüssigkeit und der Extrazellulärmatrix gefüllt ist. Das Bindegewebe muss vom Stützgewebe, zu dem das Knochen– und Knorpelgewebe gehören, unterschieden werden werden.
Bindegewebe – Aufbau
Grundsätzlich besteht jedes Bindegewebe aus einem interstitiellen Raum (Raum zwischen den Zellen), in dem einzelne Zellen eingelagert sind. In diesem Raum befindet sich die Extrazellulärmatrix, in der sich Proteine, verschiedene Fasern, wasserbindende Stoffe und vieles mehr befinden. Die Zusammensetzung hängt stark davon ab, um welche Art des Bindegewebes es sich handelt. Bei den Zellen handelt es sich einerseits um ortsständige Zellen, wie die Fibroblasten, andererseits um freie, mobile Zellen , wie die Makrophagen. Der Fibroblast produziert die Bestandteile der Matrix und baut sie auch wieder ab. Makrophagen sind Fresszellen und verantwortlich für einen Teil der Immunabwehr. Sie patrouillieren im Gewebe, machen Erreger, auf die sie treffen, unschädlich und können so Immunreaktionen einleiten. Eine weitere mobile Zelle, die auch zum Immunsystem gehört, ist die Mastzelle. Sie ist zu großen Teilen an allergischen Reaktionen beteiligt, da sie unter bestimmten Bedingungen Histamin ausschütten und Entzündungsreaktionen auslösen.
Die Extrazellulärmatrix besteht insbesondere aus Kollagenfasern, elastischen Fasern, Glykosaminoglykanen, Proteoglykanen und Adhäsionsproteinen. Kollagenfasern sind zugfeste Fasern und sind in die Zugrichtung des Gewebes ausgerichtet. Es gibt sehr viele verschiedene Typen an Kollagenen mit unterschiedlichen Eigenschaften, bei deren Bildung Vitamin C eine große Rolle spielt. Elastische Fasern dagegen sind zugelastisch, das heißt sie lassen sich dehnen, gehen danach aber wieder in ihre ursprüngliche Position und Form über. Sie bestehen aus Fibrillin und Elastin. Proteoglykane sind Proteine, an denen Glykosaminoglykane gebunden sind und wasserbindende Eigenschaften besitzen. Glykosaminoglykane sind lange Zuckerketten mit teilweise negativen Ladungen.
Viele Zellen müssen mit dem Bindegewebe verbunden werden, was durch Adhäsionsproteine sichergestellt wird. Über die Basalmembran ist es mit dem Epithelgewebe verbunden. An ihr haften auf der einen Seite die Epithelzellen und auf der anderen Seite das Bindegewebe.
Man unterscheidet die sieben Hauptarten der Bindegewebe:
- Embryonales Bindegewebe (Mesenchym)
- Gallertiges Bindegewebe
- Retikuläres Bindegewebe
- Kollagenes Bindegewebe
- Elastisches Bindegewebe
- Spinozelluläres Bindegewebe
- Fettgewebe
Im Folgenden sollen die verschiedenen Bindegewebe, ihr Aufbau und ihr Vorkommen erläutert werden.
Embryonales Bindegewebe (Mesenchym)
Die Binde- und Stützgewebe entwickeln sich aus dem Mesoderm, einer der embryonalen Keimblätter. Bei Mesenchym handelt es sich um multipotente Stammzellen, aus denen alle verschiedenen Zellen des Binde- und Stützgewebes, sowie die vieler anderer Gewebe hervorgehen. Auch im Erwachsenen Körper finden sich mesenchymale Stammzellen, aus denen neue Zellen entstehen können.
Gallertiges Bindegewebe
Hierbei handelt es sich um ein typisches Gewebe der Nabelschnur. Es besitzt wenige Zellen, dafür aber viel wasserbindendes Hyaluronan (Hyaluronsäure). Diese gallertige Substanz in der Nabelschnur wird auch als Wharton-Sulze bezeichnet. Zusätzlich besitzt das Gewebe viele Kollagenfasern. Die resultierende geringen Komprimierbarkeit ist essentiell für das Überleben des Feten, da dies das Zudrücken der Nabelschnur-Gefäße verhindert.
Retikuläres Bindegewebe
In diesem Gewebe befinden sich Fibroblasten, die retikuläre Fasern produzieren. Sie bilden komplexe Netze in der Matrix aus, die unter anderem aus Kollagen Typ III bestehen. Es kommt zum Beispiel in der roten Pulpa der Milz vor, wo sich alte Erythrozyten in dem dichten Netz verfangen und von Makrophagen beseitigt werden. Dieser Prozess wird Blutzellmauserung genannt.
Kollagenes Bindegewebe
Bei dem Kollagenen Bindegewebe wird zwischen straff und locker unterschieden. Das lockere Gewebe kommt beispielsweise in Nerven– und Gefäßstraßen in Muskeln vor.
Das straffe Bindegewebe besteht aus dicken Kollagenfasern, überwiegend vom Typ I. Es ist unter anderem in Sehnen und Bändern parallelfaserig verbaut, um diese so zugfest wie möglich zu gestalten. Bindegewebskapseln schützen ihre Organe vor mechanischen Einflüssen und bestehen auch aus straffem kollagenen Bindegewebe, dessen Fasern hier allerdings geflechtartig angeordnet sind.
Elastisches Bindegewebe
Dieses Gewebe ist Teil elastischer Bänder im Körper und zeichnet sich durch einen größeren Anteil elastischer als kollagerner Fasern aus. Solche Bänder sind zum Beispiel die Ligamenta flava, die zwischen den Wirbelbögen verlaufen. Elastische Sehnen sind eng verwandt mit ihnen und befinden sich an den Ansätzen der mimischen Muskulatur oder beispielsweise an dem Ansatz des Musculus arrector pili, der das Haar aufrichtet.
Spinozelluläres Bindegewebe
Dieses Gewebe kommt ausschließlich im Ovar vor. Es befinden sich dort nur wenige Fasern, dafür aber mehr Zellen, die fischzugartig angeordnet sind und ein spindelförmiges Aussehen haben.
Fettgewebe
Im Körper findet man braunes und weißes Fettgewebe. Beim Erwachsenen lässt sich das braune Fettgewebe nur noch vereinzelt finden. Es kommt reichlicher bei Neugeborenen und Säuglingen vor und dient der Wärmeproduktion ohne ein Muskelzittern veranlassen zu müssen. Dieser Prozess wird durch das sympathische Nervensystem initiiert. In den Fettzellen (Adipozyten) befinden sich viele Lipidtropfen, weswegen es auch als plurivakuläres Fettgewebe bezeichnet wird.
Die Adipozyten des weißen Fettgewebes haben einen großen Lipidtropfen in ihrem Zelleib, weshalb es auch univakuläres Gewebe genannt wird. Durch diese Vakuole wird der Zellkern nach außen gedrückt und es entsteht die typische Sichelringform der weißen Fettzellen. Funktionell dient das Gewebe der Isolation vor Kälte, zur Polsterung und als Energiereserve. Denn sie speichern Fette, die ein großer Energielieferant sind, gerade in Zeiten, in denen nicht viel schnell verfügbare Energie in Form von Zucker dem Organismus zur Verfügung gestellt wird.
Beige Adipozyten
Nach neueren Erkenntnissen treten im weißen Fettgewebe auch vereinzelt sogenannte beige Adipozyten auf, die eine Mischform zwischen brauner und weißer Fettzelle darstellen. Ihre Bildung scheint durch längere Aufenthalte in Kälte getriggert zu werden.
Bindegewebe – Funktion
Bindegewebe erfüllen mechanische Aufgaben, indem sie durch ihre Zusammensetzung dem Gewebe mechanische Eigenschaften verleihen. So sorgen sie in manchen Geweben für Beweglichkeit und Elastizität und in anderen Geweben für Festigkeit. Eine weitere Funktion steckt bereits im Namen und ist das Verbinden von verschiedenen Geweben, wie es beispielsweise im Verdauungstrakt eine Verbindung zwischen dem Epithel und der glatten Muskulatur darstellt. Außerdem übernehmen sie auch organspezifische Aufgaben.
Kollagenfasern in Gefäßen ragen bei Schaden des Endothels in das Lumen hinein und können durch den von-Willebrand-Faktor mit den Thrombozyten (Blutplättchen) verbunden, was dem primären Verschluss der Wunde dient. Im späteren Verlauf der Wundheilung folgt die Reparatur des beschädigten Gewebes und die Bildung von Narbengewebe durch das Bindegewebe.
Erkrankungen des Bindegewebes
Genetische Defekte in der Synthese des Kollagens haben Auswirkungen auf das Bindegewebe, wie es beim Ehlers-Danlos-Syndrom der Fall ist. Auffällig sind die sehr dehnbare Haut und Störungen in der primären Wundheilung, in der Kollagen eine wichtige Rolle spielt.
Skorbut ist ein schwerer Vitamin C Mangel, unter dem das auch Bindegewebe leidet. Vitamin C bereitet das Kollagen (durch Hydroxylierung der Prolin- und Lysinreste) auf die spätere Quervernetzung vor.
Möller-Barlow-Krankheit
Die Möller-Barlow-Krankheit bezeichnet einen Vitamin C Mangel bei Säuglingen und Kleinkindern. Der Grund für das Auftreten der Erkrankung ist häufig eine einseitige Ernährung ohne Obst und Gemüse.
Mutationen des Fibrillin-Gens haben teils negative Auswirkungen auf die Bildung elastischer Fasern, welche normalerweise zahlreich im Bindegewebe der herznahen Arterien zu finden sind. Solch ein Defekt liegt dem Marfan-Syndrom zugrunde, wodurch die Gefahr einer Bildung eines Aneurysmas (Ausbeulung) kommen kann, was das Risiko einer Ruptur dieser großen Gefäße erhöht.
- Lüllmann-Rauch, Renate: Taschenlehrbuch Histologie, Thieme (Stuttgart: 6. Auflage, 2019)
- Blutstillung und Blutgerinnung, https://next.amboss.com/... (Abrufdatum:09.05.2024)
- Bindegewebe, https://next.amboss.com/... (Abrufdatum:09.05.2024)