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Die Arteria cerebri media versorgt einen großen Teil des menschlichen Gehirns. Sie ist außerdem Bestandteil des Kollateralkreislaufs der Hirnarterien. Bei einem Schlaganfall kann sie geschädigt werden, wodurch sich schwerwiegende Komplikationen entwickeln können. Dieser Artikel geht ausführlich auf den Verlauf und die Anatomie der Arterie ein und thematisiert die wichtigsten klinischen Themen in diesem Zusammenhang.
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Arteria cerebri media – Definition
Die Arteria cerebri media, kurz als ACM bezeichnet, beschreibt einen Ast der zum Gehirn führenden Arteria carotis interna. Sie ist eine der drei Hauptgefäße, welche die arterielle Versorgung des Gehirns sicherstellen.
Arteria cerebri media – Verlauf und Anatomie
Die Arteria cerebri media stellt einen Endast der Arteria carotis interna dar, welche wiederum der Arteria carotis communis entspringt. Genau genommen beginnt sie nach Abgabe der Arteria cerebri anterior und ist mitunter das wichtigste versorgende Gefäß des Gehirns.
In ihrem Verlauf kann man mehrere Abschnitte unterteilen, hauptsächlich das M1- und M2-Segment. Die Endstrecken des M2-Segments werden oft auch in die kleineren M3- und M4-Segmente unterteilt.
Das M1-Segment, auch Pars sphenoidalis genannt, beginnt vom Abgang der Arteria cerebri anterior und reicht bis zur ersten großen Aufzweigung. Es zieht zwischen dem Temporallappen und der Inselrinde in die Fossa lateralis entlang. Dort gibt es als Äste die Arteriae centrales anterolaterales ab, welche synonym auch als Arteria lenticulostriatales bekannt sind. Sie versorgen Teile der Capsula interna und damit die Basalganglien. Teilweise entspringt hier auch die Arteria uncalis zur Versorgung des Uncus.
Das M2-Segment (Pars insularis) zieht im Sulcus lateralis cerebri entlang und zweigt sich in seine Endäste auf. Dazu zählen die Rami terminales corticales inferiores, welche Teile des Temporallappens versorgen, und Rami terminales corticales superiores für Teile des Frontallappens und Parietallappens.
Einige Autoren unterteilen den Verlauf des M2-Segments ab dem Sulcus circularis des Insellappens in zwei weitere Segmente.
Das M3-Segment wird auch Pars opercularis genannt, da es entlang des Operculums verläuft. Darunter versteht man die Gebiete des Großhirns (Telencephalon), welche den Lobus insularis (Insellappen) bedecken. Es schließt sich an das M2-Segment an und beginnt am Sulcus circularis und zieht bis zur Oberfläche der Sylvischen Fissur, dem Sulcus lateralis
Das M4-Segment, das Pars corticalis, beginnt am Sulcus lateralis und verteilt seine Endäste über den Cortex der Hemisphären.
Äste
Die Arteria cerebri media gibt Äste zu drei verschiedenen Regionen ab, dem Frontallappen, Parietallappen und Temporallappen.
Zum Frontallappen ziehen folgende Äste:
- Arteria frontobasalis lateralis: Sie versorgt den Gyrus frontalis inferior und die Gyri oribtales.
- Arteria praefrontalis: Sie versorgt einen Teil des Frontallappens.
- Arteria sulci praecentralis: Sie dient der Versorgung vom Gyrus precentralis und dem Gyrus frontalis medius.
- Arteria sulci centralis: Teile des Gyrus post- und precentralis zählen zum Versorgungsgebiet.
Zum Parietallappen ziehen diese Äste:
- Arteria parietalis anterior: Das Versorgungsgebiet umfasst Teile des Parietallappens.
- Arteria parietalis posterior: Auch diese Arterie versorgt Teile des Parietallappens.
- Arteria gyri angularis: Sie versorgt den Gyrus angularis.
Der Temporallappen erhält nachfolgende Äste. Dabei handelt es sich um sehr kleine Blutgefäße, welche jeweils einen kleinen Bereich des Temporallappens versorgen.
- Arteria temporooccipitalis: Sie transportiert Blut zum Gyrus temporalis superior und Teile des Okzipitallappens.
- Arteria temporopolaris
- Arteria temporalis anterior
- Arteria temporalis intermedia
- Arteria temporalis posterior
Arteria cerebri media – Funktion und Versorgungsgebiet
Die Arteria cerebri media versorgt den größten Teil des Gehirns, welche Gebiete das allerdings genau umfasst, variiert von Person zu Person.
Im Allgemeinen sorgt sie jedoch für die Blutzufuhr in einigen Bereichen des Frontallappens und damit zur Aufrechterhaltung der Funktion des prämotorischen Kortex, des motorischen Kortex, des motorischen Sprachzentrums (Broca-Areal) und des frontalen Blickzentrums. Im Gebiet des Parietallappens stellt sie die Versorgung des primären und sekundären somatosensorischen Kortex sowie des Gyrus angularis sicher. Beim Temporallappen versorgt sie das sensorische Sprachzentrum (Wernicke-Areal).
Arteria cerebri media – Klinik
In der Klinik ist die Arteria cerebri media vorwiegend im Rahmen von Blutungen und Schlaganfällen relevant. Tritt ein Infarkt im Bereich der Arterie auf, spricht man von einem Mediainfarkt oder einem Territoralinfarkt. Typisch sind bestimmte Symptommuster durch den Ausfall der versorgten Gebiet.
Weiterhin ist die Gabelung der Arterie eine sehr häufige Stelle für intrakranielle Aneurysmen. Darunter versteht man eine pathologische und irreversible Aufweitung der Wand eines Blutgefäßes. Diese Aufweitung kann mittels einer Kernspintomographie (MRT) oder der Computertomographie (CT) dargestellt werden. In der Regel sind Aneurysmen asymptomatisch, gerade im Bereich des Gehirns können sie ab einer gewissen Größe allerdings Nachbarstrukturen verdrängen. Dadurch sind zum Beispiel Paresen möglich. Eine schwerwiegende Komplikation ist die Ruptur des Aneurysmas. Dabei bricht die Gefäßwand auf und es kommt zu einer unkontrollierten Massenblutung mit Kreislaufstillstand.
Mediainfarkt
Ein Schlaganfall (Infarkt) manifestiert sich am häufigsten im Mediastromgebiet. Dabei können folgende Symptome auftreten:
- kontralaterale brachiofaziale sensomotorische Hemisymptomatik: Darunter versteht man arm- und gesichtsbetonte sensible und motorische Ausfälle auf der dem Infarkt gegenüberliegenden Seite. Tritt der Infarkt zum Beispiel auf der rechten Hirnhälfte auf, präsentiert sich die Symptomatik auf der linken Körperhälfte. Dabei können hier auch einseitig gesteigerte Muskeleigenreflexe, wie der Bizepssehnenreflex, auftreten.
- Blickdeviation zum Infarktherd: Die betroffene Person blickt mit beiden Augen entweder nach schräg oben links oder rechts, je nachdem wo der Infarkt stattgefunden hat.
- Dysarthrie: Hierunter fallen verschiedene Formen der Sprechstörung bei erhaltenem Sprachvermögen.
- Aphasie und Apraxie: Aphasie beschreibt eine erworbene zentrale Sprachstörung, etwa die motorische Aphasie, bei der die Sprachproduktion betroffen ist, oder die sensorische Aphasie, eine Pathologie des Sprachverständnisses. Apraxien treten auf, wenn die dominante Hemisphäre betroffen ist. Dabei ist die motorische Funktion noch intakt, allerdings sind willkürliche und zielgerichtete Bewegungen gestört.
- kontralateraler Hemineglect: Bei Betroffenheit der nicht-dominanten Hemisphäre liegt oft eine Störung der Aufmerksamkeit zur kontralateralen Raum- oder Körperhälfte vor. Sensorik und Motorik sind intakt, werden aber ausgeblendet. Man nennt dieses Symptom auch Extinktionsphänomen oder Auslöschungsphänomen.
- Hemianopsie: Hierbei fällt die Hälfte des jeweiligen Gesichtsfelds aus, wenn die zentrale Sehbahn betroffen ist.
- Symptome eines Hirnödems: Diese treten als Komplikation eines malignen Mediainfarkts auf.
- Wernicke-Mann-Gangbild: Im Verlauf nach dem Infarkt kann diese charakteristische Störung des Gangbilds auftreten. Sie ist ein Überbleibsel einer Pyramidenbahnschädigung, wobei sich kontralaterale spastische Arm- und Beinparesen zeigen.
Die Arteria cerebri anterior kann ebenfalls von einem Infarkt betroffen sein. Dann zeigen sich typischerweise kontralaterale, beinbetonte Hemiparesen, eine Apraxie, Inkontinenz und bei beidseitiger Läsion eine schwerwiegende Antriebsstörung.Anteriorinfarkt
Maligner Media-Infarkt
Bis zu zehn Prozent der Mediainfarkte liegen als maligner Mediainfarkt vor. Dabei handelt es sich um eine extrem ausgedehnte Ischämie (unterbrochene Durchblutung), die meist über zwei Drittel des Stromgebiets der Arteria cerebri media umfasst. Dabei verschließt sich der M1-Abschnitt oder die distale Arteria carotis interna, woraufhin sich ein Hirnödem entwickelt. Dieses übt Druck auf die Seitenventrikel aus und sorgt für eine Mittellinienverlagerung.
Das Hirnödem bildet sich in der Regel innerhalb der ersten zwei bis fünf Tage nach dem Infarkt aus und zeigt sich klinisch durch Hirndruckzeichen, zusätzlich zu den Symptomen des Mediainfarkts. Zu den Hirndruckzeichen zählen zum Beispiel Kopfschmerzen, Pupillenveränderungen, Bewusstseinsstörungen, psychiatrische Auffälligkeiten oder Antriebsstörungen. Diagnostisch weist man die Komplikation mittels cCT oder cMRT nach. Möglichst innerhalb der ersten 48 Stunden sollte dann eine operative Hirndrucksenkung durchgeführt werden. Nur bei Kontraindikationen oder Ablehnung der operativen Mögichkeit besteht die Variante der konservativen Hirndrucksenkung.
Bei rein konservativer Therapie liegt die Sterblichkeit bei etwa 70 bis 75 Prozent. Das operative Verfahren reduziert die Sterblichkeit um etwa 25 bis 50 Prozent, je nach Alter, und sorgt für ein verbessertes Outcome.
- Aumüller G et. al., Duale Reihe Anatomie, 5. Auflage, Thieme
- Gefäßversorgung des Gehirns, https://next.amboss.com/... , (Abrufdatum: 30.10.2024)
- Ischämischer Schlaganfall, https://next.amboss.com/... , (Abrufdatum: 30.10.2024)
- Intrakranielle Druckerhöhung, https://next.amboss.com/... , (Abrufdatum: 30.10.2024)