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Glukokortikoide spielen eine zentrale Rolle im menschlichen Körper und gehören zu den wichtigsten Hormonen der Nebennierenrinde. Sie sind nicht nur lebenswichtig für die Regulierung des Stoffwechsels und die Stressreaktion, sondern werden auch gezielt als Medikamente eingesetzt. In der Medizin sind sie deshalb fester Bestandteil der Behandlung zahlreicher Erkrankungen. In diesem Artikel geht es um den Aufbau, die Wirkung und den Abbau der Glukokortikoide.
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Glukokortikoide – Definition
Die Glukokortikoide sind steroidale Hormone, die in der Nebennierenrinde gebildet werden und vielfältige Wirkungen auf den Kohlenhydrat-, Fett- und Eiweißstoffwechsel, das Immunsystem sowie auf Entzündungsprozesse haben.
Glukokortikoide – Aufbau und Synthese
Die Synthese der Glukokortikoide findet in der Zona fasciculata, der mittleren Schicht der Nebennierenrinde statt. Das Endprodukt der Glukokortikoidsynthese stellt das Cortisol als aktive Form dar. Es handelt sich um ein Steroidhormon, das wie alle aus der Ausgangssubstanz Cholesterin gewonnen wird. Cholesterin kann entweder vom Körper selbst hergestellt werden oder mit der Nahrung zugeführt werden.
Der erste Schritt der Synthese ist bei jedem Steroidhormon der Nebenniere gleich: Aus Cholesterin wird durch die 20,22-Desmolase Pregnenolon. In einem zweiten Schritt kann eine Hydroxylase Pregnenolon zu 17-Hydroxypregnenolon oxidieren. Im nächsten Schritt wird es zu 17-Hydroxyprogesteron, welche auch direkt aus Progesteron hergestellt werden kann. Nun kann aus 17-Hydroxyprogesteron 11-Desoxycortisol gewonnen werden. Die abschließende Reaktion übernimmt das Enzym 11β-Hydroxylase mit der Oxidation von 11-Desoxycortisol zum aktiven Wirkstoff und Glukokortikoid Cortisol.
Cortisol kann durch Oxidation in eine inaktive Form, das Cortison, gebracht werden. Außerdem liegt Cortisol im Blut meist aufgrund seiner lipophilen Eigenschaft an Transportproteine gebunden vor. Dieses Protein bildet die Leber und heißt Transcortin.
Glukokortikoide – Wirkung und Funktion
Glukokortikoide und Cortisol haben vor allem Effekte im Stoffwechsel. Außerdem wirken sie auf das Immunsystem, den Knochen und das Gehirn. Glukokortikoidrezeptoren sind in eigentlich fast allen Zellen des Körpers exprimiert, was die zentrale Bedeutung der Glukokortikoide für den Körper unterstreicht.
Cortisol wirkt dabei auf die Glukokortikoidrezeptoren, bei denen es sich um nukleäre Rezeptoren handelt. Das heißt sie liegen innerhalb des Zellkerns und bestehen aus zwei Domänen. An eine Domäne bindet der Ligand (Cortisol), es ist die Ligandenbindungsdomäne. Dadurch bindet die zweite Domäne (DNA-bindende Domäne) an die Promotoren seiner Zielgene. Durch die Bindung werden verschiedene RNAs und damit letztendlich Proteine mehr oder weniger ausgeprägt, je nachdem ob Promotoren stimuliert oder gehemmt werden.
Glukokortikoidrezepotoren und Mineralkortikoidrezeptoren
Genau wie bei den Glukokortikoidrezeptoren handelt es sich auch bei den Mineralkortikoidrezeporen um nukleäre Rezeptoren mit zwei Domänen, die im Zellkern liegen. Die Ligandenbindungsdomäne beider Rezeptoren ist sehr homolog zueinander, sodass Aldosteron und Cortisol mit ähnlicher Affinität an beide Rezeptoren binden können.
Regulation
Die Regulation der Glukokortikoide im Körper erfolgt über die hypothalamisch-hypophysär-adrenale Achse. Zentrales Steuerungshormon ist das Corticotropin-Releasing-Hormon (CRH), das im Hypothalamus gebildet und an die Hypophyse abgegeben wird. Dort stimuliert es die Ausschüttung von adrenocorticotropem Hormon (ACTH) aus dem Vorderlappen der Hypophyse.
ACTH wirkt auf die Zona fasciculata der Nebennierenrinde und fördert dort die Synthese und Freisetzung von Cortisol, dem wichtigsten körpereigenen Glukokortikoid. Der Cortisolspiegel unterliegt einer circadianen Rhythmik mit einem Maximum am Morgen. Über eine negative Rückkopplung hemmt Cortisol sowohl die CRH-Ausschüttung im Hypothalamus als auch die ACTH-Freisetzung in der Hypophyse. Diese fein abgestimmte Regulation ermöglicht eine bedarfsgerechte Bereitstellung von Cortisol, insbesondere in Stresssituationen.
Stoffwechsel
Cortisol stimuliert die Gluconeognese in der Leber, indem es für eine vermehrte Transkription der Schlüsselenzyme PEPCK und Glucose-6-Phosphatase sorgt. Es zeigt sich also eine Erhöhung des Blutzuckers, also eine Gegenspiel zum Insulin, welches Adrenalin und Glucagon auch spielen, allerdings durch andere Wirkmechanismen. Ein weiterer Mechanismus, mit dem Glukokortikoide den Blutzucker erhöhen, ist die Hemmung der insulinabhängigen Glucose-Transporter GLUT4.
Cortisol wirkt eigentlich katabol, vor allem auf den Muskelstoffwechsel. Dort fördert es die Spaltung von Proteinen und die Freisetzung der Aminosäuren. Auch im Muskelgewebe ist Ähnliches zu beobachten, weil Cortisol dort die Lipolyse stimuliert. Die Spaltprodukte aus katabolem Fett- und Muskelstoffwechsel, also Aminosäuren und Glycerin, nutzt die Leber zur Gluconeogenese.
Immunsystem
Glukokortikoide wirken supprimierend auf das Immunsystem. Es induziert die Transkription von dem Transkriptionsfaktor IκB, welches wiederum NF-κB hemmt und damit die Produktion von proinflammatorischen Cytokinen herunterschraubt. Zusätzlich sorgt Cortisol für eine Repression von den Cytokinen TNF-α und Interleukin 1β. Auch eine Apoptose, also ein Zelltod, bei Immunzellen kann durch Glukokortikoide hervorgerufen werden.
Der Supression des Immunsystems durch Cortisol kommt eine regulatorische Aufgabe zu. Es soll die akute überschießende Stressreaktion, die das Immunsystem bei Infektionen verursacht, eindämmen.
Medikamentöse Immunsppression
Bei chronischen und akuten Entzündungen, wie Asthma, können therapeutisch Glukokortikoide eingesetzt werden. Ihre immunsuppressive Wirkung soll der Entzündung entgegenwirken.
Knochen
Glukokortikoide wirken auf den Knochenstoffwechsel in mehrfacher Hinsicht nachteilig. Zum einen hemmen sie direkt die Aktivität von Osteoblasten, wodurch die Knochenneubildung reduziert wird. Gleichzeitig fördern sie indirekt den Knochenabbau, indem sie die Apoptose von Osteoklasten hemmen und deren Lebensdauer verlängern.
Gehirn
Glukokortikoide wirken auf das Gehirn über mehrere Mechanismen. Zentral sind dabei ihre Effekte auf die Genexpression in Nervenzellen durch Bindung an intrazelluläre Glukokortikoidrezeptoren. Diese Rezeptoren fungieren als Transkriptionsfaktoren und beeinflussen so langfristig neuronale Funktionen.
Cortisol unterliegt einem zirkadianen Rhythmus, der eng mit dem Tag-Nacht-Zyklus verknüpft ist. Die Ausschüttung wird zentral über die Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse (HHN-Achse) reguliert. Es wirkt peripher als Verstärker zirkadianer Signale in Geweben. Morgendliche Cortisolspitzen tragen zum Wecken und zur Aktivierung des Körpers bei. Cortisol bewirkt unter anderem damit eine Steigerung von Blutdruck, Blutzucker und Wachheit.
Glukokortikoide als Medikamente
Glukokortikoide werden in der Medizin breit eingesetzt und zählen zu den wichtigsten entzündungshemmenden und immunsuppressiven Wirkstoffen. Als Medikamente kommen sie sowohl in akuten Situationen als auch zur Langzeittherapie chronischer Erkrankungen zum Einsatz. Bekannte synthetische Glukokortikoide sind zum Beispiel Prednisolon, Dexamethason und Budesonid.
Sie wirken über intrazelluläre Rezeptoren, beeinflussen die Genexpression und hemmen die Bildung entzündungsfördernder Zytokine. Dadurch senken sie die Immunaktivität und unterdrücken überschießende Entzündungsreaktionen. Diese Eigenschaften machen Glukokortikoide zu zentralen Medikamenten bei Erkrankungen wie rheumatoider Arthritis, Asthma bronchiale, Morbus Crohn, Multipler Sklerose oder systemischem Lupus erythematodes. Je nach Anwendungsgebiet können Glukokortikoide systemisch oder lokal verabreicht werden.
Ein bedeutender Aspekt ist das Nebenwirkungsprofil, das bei längerer Anwendung und höheren Dosen relevant wird. Typische unerwünschte Wirkungen sind unter anderem Osteoporose, Hyperglykämie, Bluthochdruck, Infektanfälligkeit, psychische Veränderungen und Wachstumshemmung bei Kindern. Um diese zu minimieren, sollte die niedrigste wirksame Dosis verwendet und die Therapie schrittweise beendet werden, um eine Nebenniereninsuffizienz zu vermeiden.
Glukokortikoide – Abbau
Glukokortikoide werden hauptsächlich in der Leber abgebaut. Dabei durchlaufen sie mehrere biochemische Schritte: Die Ringstrukturen des Steroidhormons werden hydriert und Ketogruppen werden reduziert. Es entstehen hydrophilere Metabolite, die anschließend entweder glucuronidiert oder sulfatiert werden. Die so entstandenen Glucuronid- oder Sulfatester werden vorwiegend über die Niere mit dem Urin ausgeschieden.
Zusätzlich erfolgt eine Interkonversion zwischen Cortisol und Cortison. Durch Oxidation von der 11β-Hydroxysteroid-Dehydrogenase 2, insbesondere in der Niere, wird Cortisol zum unwirksamen Cortison. Umgekehrt reduziert die 11β-Hydroxysteroid-Dehydrogenase 1 Cortison zu Cortisol, besonders in der Leber und Haut.
Häufige Fragen
- Was sind Glukokortikoide und wozu werden sie eingesetzt?
- Welche Rolle spielt Cortisol im zirkadianen Rhythmus?
- Wie beeinflusst Cortisol das Immunsystem physiologisch?
- Welche Rezeptoren binden Glukokortikoide und welche Funktionen steuern sie?
- Wie wirken Glukokortikoide auf den Knochenstoffwechsel?
Glukokortikoide sind Steroidhormone, die vor allem zur Behandlung entzündlicher, allergischer und Autoimmunerkrankungen verwendet werden. Sie finden sowohl in der Akuttherapie (zum Beispiel bei einer Anaphylaxie) als auch in der Langzeittherapie Anwendung.
Cortisol spielt im zirkadianen Rhythmus eine zentrale Rolle als Output-Hormon der inneren Uhr. Es wird morgens in hoher Konzentration ausgeschüttet, mit einem Peak zwischen 6 und 8 Uhr, und sinkt im Tagesverlauf ab. Cortisol unterstützt die Aktivierung des Körpers am Morgen, fördert Wachheit, steigert den Blutdruck und den Blutzuckerspiegel.
Cortisol wirkt physiologisch immunsuppressiv und entzündungshemmend. Es hemmt die Freisetzung proinflammatorischer Zytokine, reduziert die Aktivierung und Proliferation von T- und B-Lymphozyten und fördert deren Apoptose. Dadurch kontrolliert Cortisol überschießende Immunreaktionen und schützt vor Autoimmunität.
Glukokortikoide binden überwiegend an den Glukokortikoidrezeptor im Zellkern, wo sie die Aktivität von Genen steuern, die sowohl immunsuppressive Wirkungen entfalten als auch den Stoffwechsel regulieren. Zusätzlich können sie auch den Mineralokortikoidrezeptor binden, der eine hohe Affinität zu Cortisol und Aldosteron hat und vor allem im Natrium- und Wasserhaushalt wirksam ist. Die genaue Wirkung hängt vom Zelltyp und vom lokalen Enzymstoffwechsel ab.
Glukokortikoide hemmen den Knochenstoffwechsel, indem sie die Osteoblastenaktivität verringern und die Osteoklastenaktivität fördern. Zusätzlich senken sie die Calciumaufnahme im Darm und steigern die renale Calciumausscheidung, was zu Hypokalzämie führt. Dies aktiviert sekundär den Knochenabbau. Langfristig kann dies zu Osteoporose und Knochennekrosen führen.
- Silbernagel, Stefan et. al.: Physiologie (Thieme, 8. Auflage, 2018)
- Löffler/Petrides: Biochemie und Pathobiochemie, Springer, 10. Auflage




