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Der Sulcus cinguli gehört zu den auffälligsten Strukturen der medialen Großhirnfläche. Als flache Furche zieht er sich über dem Balken entlang und verläuft entlang einer zentralen Struktur des limbischen Systems. Aufgrund seiner anatomischen Nähe zu funktionell hochrelevanten Arealen spielt er sowohl in der Hirnforschung als auch in der klinischen Diagnostik eine wichtige Rolle. Der folgende Text beschreibt Aufbau, Lage und klinische Bedeutung des Sulcus cinguli im Detail.
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Sulcus cinguli – Definition und Funktion
Der Sulcus cinguli ist eine längs verlaufende Furche (Sulcus) an der medialen Fläche der Großhirnhemisphären. Er zieht sich oberhalb des Balkens (Corpus callosum) und trennt den Gyrus cinguli vom medial angrenzenden Frontallappen. Anatomisch gehört er zur medialen Oberfläche des Telencephalons und grenzt an limbische Strukturen wie den Gyrus cinguli.
Funktionell markiert der Sulcus cinguli die Obergrenze des Gyrus cinguli. Dessen kortikale Abschnitte sind unter anderem an der emotionalen Verarbeitung, Aufmerksamkeitssteuerung sowie der Schmerzwahrnehmung beteiligt. Besonders der anteriore cinguläre Cortex, der dem vorderen Abschnitt des Sulcus benachbart ist, zählt zu den bedeutendsten funktionellen Zentren des limbischen Systems.
Da der Sulcus cinguli als Orientierungslinie für angrenzende kortikale Areale dient, besitzt er klinisch-radiologisch eine hohe Relevanz.
Rolle in der Schmerzverarbeitung
Der Sulcus cinguli verläuft in unmittelbarer Nähe zum anterioren cingulären Cortex (ACC). Das ist eine Region, die eine zentrale Rolle in der Verarbeitung von Schmerzreizen spielt. Besonders bei chronischem Schmerz zeigt der ACC veränderte Aktivierungsmuster, was auf seine Beteiligung an der affektiven Bewertung und der kognitiven Kontrolle von Schmerz hinweist.
Sulcus cinguli – Anatomie
Der Sulcus cinguli beginnt im vorderen Bereich des Frontallappens, meist in Höhe des Genu des Corpus callosum, und verläuft in einem Bogen entlang der Oberkante des Balkens nach dorsal. Er reicht typischerweise bis auf Höhe des Precuneus im Parietallappen. Dabei folgt er dem Verlauf des Gyrus cinguli. In der Regel zeigt die Furche einen kontinuierlichen Verlauf, gelegentlich jedoch mit Unterbrechungen oder Seitenästen.
Ein häufig auftretender Nebenast ist der Sulcus paracinguli. Er verläuft parallel zum Sulcus cinguli und tritt vor allem in der linken Hemisphäre auf. Seine Ausbildung ist interindividuell unterschiedlich, kann aber bei der funktionellen Zuordnung kortikaler Areale bedeutsam sein.
Die Tiefe und Ausprägung des Sulcus variieren ebenfalls zwischen Individuen, was bei der Interpretation bildgebender Verfahren beachtet werden muss. In der anatomischen Schnittbildgebung erscheint die Furche in sagittalen Schnitten als schmale Vertiefung direkt oberhalb des Corpus callosum.
Mikroskopische Anatomie
Der Gyrus cinguli, der direkt unterhalb des Sulcus cinguli liegt, weist histologisch eine typische sechsschichtige isokortikale Struktur auf. In seinem vorderen Abschnitt (anteriorer cingulärer Cortex) dominieren Pyramidenzellen, insbesondere in Schicht III und V, die an kognitiven und emotionalen Regelprozessen beteiligt sind. Die posterioren Anteile empfangen Afferenzen aus benachbarten Assoziationsarealen.
Die mikroskopische Architektur des angrenzenden Cortex zeigt fließende Übergänge zu benachbarten Arealen des medialen Frontallappens. Die histologische Differenzierung entlang des Sulcus cinguli bildet somit eine Grundlage für funktionelle Spezialisierungen, etwa in der Handlungsplanung, Konfliktverarbeitung oder Affektregulation.
Sulcus cinguli – Klinik und Bildgebung
Der Sulcus cinguli besitzt in der neurologischen und neurochirurgischen Praxis eine hohe diagnostische Relevanz. Aufgrund seiner Lage entlang zentraler limbischer Strukturen dient er als anatomischer Anhaltspunkt für die Orientierung in funktionellen und strukturellen Bildgebungsverfahren. Besonders in der funktionellen Magnetresonanztomographie (fMRT) dient er als Referenzlinie zur Lokalisierung angrenzender Areale, etwa des anterioren cingulären Cortex, der unter anderem bei Emotionsverarbeitung, Schmerzbewertung und Entscheidungsprozessen aktiviert ist.
In der klinischen Bildgebung lässt sich der Sulcus cinguli in sagittalen MRT-Schnitten als schmale Furche oberhalb des Corpus callosum darstellen. Seine Sichtbarkeit ermöglicht eine genaue Abgrenzung des limbischen Cortex und benachbarter Regionen. Besonders in Studien zu affektiven Störungen oder chronischem Schmerz stellt er eine wichtige anatomische Landmarke dar.
Neurochirurgisch spielt der Sulcus cinguli eine Rolle bei Zugangswegen im Bereich der medialen Hemisphäre, etwa bei Eingriffen an tief gelegenen Tumoren oder bei vaskulären Malformationen. Durch seine Nähe zu funktionell hochspezialisierten kortikalen Regionen ist dabei eine exakte anatomische Orientierung entscheidend, um kognitive oder affektive Beeinträchtigungen zu vermeiden.
- Aust G et. al., Duale Reihe (Thieme, 6. Auflage, 2024)
- Limbisches System und Gedächtnis, https://next.amboss.com/... , (Abrufdatum: 26.05.2025)