Inhaltsverzeichnis
Der Riechkolben oder Bulbus olfactorius ist Teil des olfaktorischen Systems, über das die Geruchswahrnehmung vermittelt wird. Strukturell gehört er zum Gehirn. Funktionell ist er für die Verarbeitung der Signale der Riechsinneszellen unerlässlich. Erkrankungen, die zu Veränderungen im Bulbus führen, können dessen Funktion beeinträchtigen und Dysosmien (Riechstörungen) auslösen. Mehr dazu in diesem Artikel.
Riechkolben: Anatomie
Der Bulbus olfactorius (Riechkolben) ist eine etwa 1 x 0,5 cm große Struktur des Gehirns. Der Riechkolben ist zweiteilig aufgebaut und untergliedert sich in den Bulbus olfactorius (Hauptriechkolben) und Bulbus olfactorius accessorius (Nebenriechkolben). Er ist Teil des Frontallappens, wölbt sich an dessen Basis hervor und liegt der Lamina cribrosa (Siebplatte) des Schädels auf. Von dem Bulbus ausgehend ziehen Nerven, die Nervi olfactorii (Riechnerven), durch kleine Löcher der Siebplatte bis in den Nasenraum, wo sie in den Riechsinneszellen enden. Als winzige Detektoren der Riechschleimhaut registrieren diese Zellen Geruchsmoleküle, die beim Einatmen in die Nase gelangen.
Die Nervenfasern aller Riechsinneszellen bilden den Nervus olfactorius (Riechnerv). Im Riechkolben treffen sich die Nerven in den Glomeruli olfactorii. Über Synapsen sind die Nervenbahnen mit den Mitralzellen (Riechzellen) verschaltet. Die Mitralzellschicht ist die Sammelstelle aller Riechinformationen im Bulbus. Die Axone (Fasern) dieser Zellen bilden den Tractus olfactorius (Riechbahn), der den Bulbus wieder verlässt.
Der Riechkolben gilt als Teil des “Riechhirns”, das sich aus mehreren Hirnarealen zusammensetzt und die funktionelle Grundlage für die Geruchswahrnehmung bildet. Neben dem Bulbus olfactorius zählen zum Riechhirn der Tractus olfactorius mit dem Trigonum olfactorium, der Stria olfactorius medialis und der Stria olfactorius lateralis, der Nucleus olfactorius anterior, das Tuberculum olfactorium sowie der praepiriforme Cortex.
Histologischer Aufbau
Histologisch betrachtet setzt sich der Riechkolben aus den folgenden sechs Schichten zusammen:
- Nervenzellschicht
- Glomerulaschicht
- äußere plexiforme Schicht
- Mitralzellschicht
- innere plexiforme Schicht
- Körnerzellschicht
Riechkolben: Funktion
Der Riechkolben stellt die erste Umschlagsstelle für die Signale der Riechsinneszellen dar. Die wörtliche Übersetzung ist Riechzwiebel – “Zwiebel” (bulbus) und “riechen” (olfacere) –, womit Aufgabe und Aufbau grob angedeutet sind. Denn der bulbus olfactorius vermittelt Informationen zu Gerüchen der unmittelbaren Umgebung an verschiedene Hirnareale. Das ermöglicht einerseits die Identifikation und Bewertung der Gerüche. Andererseits findet eine Verknüpfung mit Ort und Situation statt.
Dies und die Empfindung, die durch den Geruch provoziert wird, werden im Gedächtnis gespeichert. Beim erneuten Auftreffen der Duftmoleküle auf die Riechschleimhaut werden diese Informationen wieder abgerufen.
Riechkolben: Aufgaben
Der Riechkolben lässt sich demnach als Schaltzentrale auffassen, die folgende Aufgaben vermittelt:
- Weiterleitung der Geruchsinformation
- Verstärkung des Signals
- Filterung von Nebengerüchen
- Modifikation der Information
Ein Mensch ist in der Lage, etwa 10.000 Gerüche zu unterscheiden. Die emotionale Bewertung erfolgt dabei schneller als die Identifikation. Die Wahrnehmung von Gerüchen ermöglicht es, über den Geruchssinn Gefahren zu erkennen, Situationen einzuschätzen und die Qualität von Nahrung zu bewerten.
Riechkolben: Klinik
Eine Schädigung vom Riechkolben kann zu Riechstörungen führen. Dies wird als zentrale Dysosmie bezeichnet. Degenerative Veränderungen im Alter, Läsionen aufgrund eines Unfalls, entzündliche Vorgänge oder Tumore sind mögliche Ursachen für Volumen- oder Strukturveränderungen des bulbus olfactorius. Eine Riechstörung der regio olfactoria kann sich beispielsweise in einer verstärkten oder verminderten Geruchswahrnehmung äußern, in einer Fehlinterpretation von Gerüchen oder in der Wahrnehmung nicht vorhandener Gerüche.
1. Spektrum, Neurowissenschaft, Rhinencephalon, https://www.spektrum.de/lexikon/neurowissenschaft/rhinencephalon/11048 (Abrufdatum: 25.03.2023).
2. Spektrum, Lexikon Biologie, Riechkolben, https://www.spektrum.de/lexikon/biologie/riechkolben/57036 (Abrufdatum: 25.03.2023).