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Haarzellen spielen als Sinneszellen im Ohr eine große Rolle beim Hören. Sie sind äußerst empfindlich und können so gut wie nicht ersetzt werden, sollten sie zerstört sein. Probleme dieser Zellen können bis hin zur Taubheit führen. In diesem Artikel werden der Aufbau, die Funktion und Physiologie sowie klinische Zusammenhänge dieser Zellen erläutert.
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Haarzellen – Definition
Haarzellen sind Sinneszellen im Innenohr, die das Hören, also die Wahrnehmung von Schallwellen ermöglichen. Unterscheiden lassen sich im Innenohr die inneren von den äußeren Haarzellen. Sie weisen sowohl im Aufbau als auch in ihrer Funktion Unterschiede auf.
Haarzellen – Aufbau
Innerhalb des Corti-Organs im Innenohr befinden sich innere und äußere Haarzellen. Sie spiegeln das Sinnesepithel der Cochlea, also der Hörschnecke wider. Jede von ihnen hat bis zu 100 Stereozilien auf ihrer Membran. Diese sind über sogenannte “tip-links” miteinander verbunden.
Stereozilien
Stereozilien sind haarähnliche, unbewegliche Zellfortsätze, die aus Aktinfilamenten bestehen. Sie kommen zum Beispiel im Innenohr oder Nebenhodengang vor und dienen der Oberflächenvergrößerung oder der Reizaufnahme, insbesondere bei der Umwandlung mechanischer Reize in elektrische Signale. Trotz ihres Namens ähneln sie eher Mikrovilli als echten Zilien, da ihnen das zentrale Mikrotubuli-Gerüst fehlt.
Im Corti-Organ sind die inneren Haarzellen einreihig angeordnet, die äußeren sind dreireihig anzutreffen.
Haarzellen – Funktion
Zunächst erfolgt über das Mittelohr eine Schallübertragung zum Innenohr. Dabei bringen die Schallwellen das Trommelfell zum Schwingen und führen zu einer Bewegung der Gehörknöchelchen, zu denen Malleus (Hammer), Incus (Amboss) und Stapes (Steigbügel) gehören. Der Stapes überträgt die Schwingungen auf das ovale Fenster und bringt die Perilymphe in der Scala vestibuli der Cochlea in Bewegung. Die Schwingung breitet sich wellenförmig entlang der Basilarmembran aus.
Die äußeren Haarzellen kontrahieren aktiv und verstärken damit lokal die Wanderwelle. Dies tun sie, indem sie das Protein Prestin besitzen, bei dem es sich um ein Motorprotein handelt. Prestin zieht sich zusammen, wenn es zum Ausstrom von Chloridionen kommt. Dieser Ausstrom ist bedingt durch die Reizung der Stereozilien über die bewegende Basilarmembran.
Die Stereozilien der inneren Haarzellen werden durch Scherbewegungen abgelenkt. Dabei werden mechanosensitive Kationenkanäle an den Spitzen der Stereozilien geöffnet, die über die “tip-links” mit diesen verbunden sind. Kaliumionen aus der Endolymphe im Corti-Organ strömen in die Haarzelle. Folglich depolarisiert die Zelle und es öffnen sich spannungsabhängige Calciumkanäle. Nach dem Calcium-Einstrom werden Neurotransmitter in einen synaptischen Spalt freigesetzt. Bei diesen Transmittern handelt es sich um Glutamat, welches die nachgeschalteten afferenten Nervenfasern errregt. Die generierten Aktionspotenziale werden weitergeleitet zur zentralen Hörbahn weitergeleitet.
Das Kalium strömt über basolaterale Kanäle in die Perilymphe aus und das Membranpotenzial wird wiederhergestellt.
Haarzellen – Klinik
Störungen der Haarzellen im Innenohr, insbesondere der inneren Haarzellen, haben erhebliche klinische Relevanz, da sie direkt mit Hörstörungen und Schädigungen des auditorischen Systems verbunden sind.
Beim Knalltrauma führt eine kurze, hochintensive Schalldruckwelle zu einer akuten Schädigung der Haarzellen, insbesondere durch mechanisches Abreißen der Stereozilien. Häufig bleibt ein hochfrequenter Tinnitus zurück.
Im Rahmen der Presbyakusis kommt es mit zunehmendem Alter zu einer allmählichen, beidseitigen Degeneration vor allem der äußeren Haarzellen. Dies führt zu einem hochfrequenten Hörverlust und oft erschwerter Sprachverständlichkeit, insbesondere in geräuschvoller Umgebung. Die Presbyakusis ist ebenfalls eine Form der Schallempfindungsschwerhörigkeit und schreitet typischerweise langsam fort. Da Haarzellen sich beim Menschen kaum regenerieren, sind solche Schädigungen meist irreversibel.
Häufige Fragen
- Was sind Haarzellen und wo kommen sie vor?
- Was ist der Unterschied zwischen inneren und äußeren Haarzellen?
- Wie funktioniert die Reiztransduktion in Haarzellen?
- Können Haarzellen regenerieren?
Haarzellen sind spezialisierte Sinneszellen des Innenohrs, die mechanische Reize in elektrische Signale umwandeln. Sie kommen in der Cochlea (Hörschnecke) und im Gleichgewichtsorgan vor. In der Cochlea sitzen sie im Corti-Organ und ermöglichen das Hören.
Die inneren Haarzellen sind die eigentlichen Sinneszellen des Hörens: Sie generieren das Rezeptorpotenzial und leiten es über den Nervus cochlearis weiter. Die äußeren Haarzellen wirken hingegen als Verstärker.
Durch Bewegung der Endolymphe werden die Stereozilien der Haarzellen ausgelenkt. Bei Auslenkung in Richtung des Kinociliums öffnen sich mechanosensitive Kanäle, durch die Kaliumionen in die Zelle strömen. Dies führt zu einer Depolarisation, woraufhin Calciumkanäle öffnen und der Neurotransmitter Glutamat freigesetzt wird. Dieser aktiviert afferente Nervenfasern, die das Signal an das Gehirn weiterleiten.
Nein, in der Regel können diese Sinneszellen nicht regeneriert werden. Ein Verlust der Haarzellen führt häufig zu einer Schallempfindungsstörung.
- Lüllmann-Rauch, Renate: Taschenlehrbuch Histologie, Thieme, 6. Auflage, 2019
- Silbernagel et. al.: Physiologie, Thieme, 8. Auflage, 2018
- Auditives System, https://next.amboss.com/... (Abrufdatum: 30.05.2025)