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Mikrovilli (Einzahl: Mikrovillus) zählen zu den Zellstrukturen, die nur bei bestimmten menschlichen und tierischen Zellen angetroffen werden können. Dabei handelt es sich um sehr kleine, längliche Ausstülpungen der Zellmembran, die immer dann auftreten, wenn eine Vergrößerung der Zelloberfläche für deren Funktion notwendig oder hilfreich ist.
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Was sind Mikrovilli?
Mikrovilli sind sehr feine, fadenartige Ausstülpungen der Zellmembran von Epithelzellen. Sie befinden sich immer auf der apikalen Seite, also hin zum äußeren Bereich der Zelle, dem extrazellulären Raum. Sie haben einen Durchmesser von 50-100 nm und eine Länge von 1-4 µm. Auf Zelloberflächen treten sie in Form von bürstenartigen Säumen auf. Sie bewegen sich nicht eigenständig, sind jedoch sehr leicht beweglich und flexibel.
Wo befinden sich Mikrovilli?
Mikrovilli finden sich auf und in Organen sowie Körperstrukturen, bei denen eine möglichst große Oberfläche von Vorteil ist oder ihre Funktion erheblich unterstützt. Zu diesen zählen:
- Zotten des Dünndarms
- Zunge
- Niere
- Eizellen
- Gebärmutter
In der Gebärmutter liegen sie auf dem Endometrium, der Schleimschicht, die das Hohlorgan von innen auskleidet und eine Einnistung der Eizellen ermöglicht.
Mikrovilli: Aufbau
Mikrovilli bestehen hauptsächlich aus einem Bündel von 20-30 Aktinfilamenten. Sie sind polar und verfügen über ein negativ geladenes minus Ende, das in die Zelle, und ein positiv geladenes Ende, das in den extrazellulären Raum hineinragt. Die Aktinfilamente wiederum sind selbst aus miteinander verdrillten Fäden aus dem Protein Aktin aufgebaut und zählen zu den Strukturelementen von Zellen. Die Vernetzung beinhaltet weitere Proteine, in erster Linie Villin, Fascin und Fimbrin. Durch die Aminosäuren Myosin, Spektrin und Tropomyosin werden sie in der Zelle verankert. Am anderen Ende findet sich die sogenannte Z-Scheibe, eine flache Struktur.
Auf der Oberfläche der fingerförmigen Zellausstülpungen befindet sich die Glykokalix, eine Schicht aus Glykolipiden und Glykoproteinen, die sowohl die einzelnen Zellausstülpungen überzieht als auch diese mit benachbarten Ausstülpungen und anderen Zellbestandteilen verbindet. In ihr sind Tranportproteine als auch Bestandteile des Immunsystems enthalten, zudem dient sie als mechanischer Schutz.
Mikrovilli: Funktion
Die grundlegende Funktion der Mikrovilli besteht in einer Oberflächenvergrößerung der Zelle, was ihre Fähigkeit zum Stoffaustausch erhöht. Dank der Zellfortsätze gelingt eine Vergrößerung der Fläche um ein Vielfaches: Im Dünndarm ergibt dies einen Unterschied von vier Quadratmetern ohne und 200 Quadratmetern mit den Filamenten. Da die Oberfläche gleichbedeutend mit der Reaktionsfläche für den Kontakt und die Interaktion von Stoffen ist, ist sie von entscheidender Bedeutung für diesen Teil des Stoffaustausches.
Hinzu kommt eine erleichterte Diffusion kleiner Moleküle durch die Zelloberfläche, bedingt durch die aufgelagerten Substanzen. Diese kann durch Pumpbewegungen der beteiligten Aktinfilamente noch unterstützt werden. Dadurch können im Dünndarm wesentlich effizienter Nährstoffe aufgenommen werden. Auf der Zunge wiederum wird die Wahrnehmung von Geschmack durch die Geschmacksknospen unterstützt.
Mikrovilli: Klinik
Werden die Filamente beschädigt, kann das Funktionsstörungen des jeweiligen Organs zur Folge haben. So geht der oft beobachtete Geschmacksverlust im Rahmen einer Chemotherapie unter anderem auf den Untergang von Zellausstülpungen der Mundschleimhaut zurück. Bei der seltenen, aber schwerwiegenden Mikrovillösen Einschluss-Krankheit (MVID) sind die Filamente der Schleimhaut im Darm so verändert, dass sie die Aufnahme von Nährstoffen verhindern. In der Folge kommt es zu so gravierender Unterernährung und Verdauungsstörungen, dass die angeborene Erkrankung häufig früh zum Tode führt.
Eine weitere, deutlich häufigere Krankheit stellt das Rota-Virus dar, das die Ausstülpungen des Dünndarms angreift. Dabei zerstört es die Spitze der Mikrovilli, was schwere Durchfälle verursacht.
1. Spektrum, Actinfilament,https://www.spektrum.de/lexikon/biologie/actinfilament/798
(24.03.2023)
2. Electron Microscopic Observations of Glossal Circumvallate Papillae in Dysgeusic Patients
https://www.tandfonline.com/doi/abs/10.1080/00016480260046508 (23.03.2023).
3. Mikrovillöse Einschluss-Krankheit
https://www.orpha.net/consor/cgi-bin/OC_Exp.php?Expert=2290&lng=DE (23.03.2023).