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Der Brustwirbelsäule (BWS) kommt sowohl aufgrund ihrer Länge als auch ihrer mechanischen Beanspruchung eine besondere Bedeutung zu. Schmerzen im Thorax, dem von Wirbelsäule, Rippen und Brustbein umfassten Knochengerüst, können vielfältige Ursachen haben. Neben Erkrankungen von Herz und Lunge sind nicht selten muskuloskelettane Ausfälle Auslöser der diffusen Symptome. Daher ist eine gewissenhafte Diagnostik bei BWS-Schmerzen unerlässlich.
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Brustwirbelsäule – Definition
Die Brustwirbelsäule ist mit einem Umfang von insgesamt zwölf Brustwirbeln (Vertebrae thoracicae) der längste Abschnitt der menschlichen Wirbelsäule. Gemeinsam mit den Rippen und dem Brustbein bildet die Brustwirbelsäule das schützende Skelett für die empfindlichen Organe des Brustkorbes, zu denen das Herz, die Lunge und die großen Gefäße zählen.
Brustwirbelsäule – Aufbau und Lage
Die kyphotische – sprich zum Rücken hin (konvex) gewölbte – Brustwirbelsäule beginnt unterhalb des siebten Halswirbels. An ihrem unteren Ende schließt sich die Lendenwirbelsäule an. Die zugehörigen Spinalnerven verlaufen entlang der Rippen bis zur Vorderseite des Körpers. Der erste Spinalnerv der Brustwirbelsäule (Th1) schließt sich dem Plexus brachialis an, einem Nervengeflecht zur Versorgung des Schultergürtels und der Arme. Der letzte thorakale Spinalnerv beteiligt sich an der Bildung des Plexus lumbalis, der Informationen aus dem Beckengürtel und den Beinen erhält und an deren motorischer Steuerung beteiligt ist.
Brustwirbel
Der Aufbau der Brustwirbel entspricht im Allgemeinen dem der meisten Wirbel der menschlichen Wirbelsäule. Den größten Anteil bildet jeweils der ventral, also zur Körpervorderseite hin gerichtete, Wirbelkörper, an den sich nach dorsal (zum Rücken hin) der Wirbelbogen anschließt. Die Brustwirbel besitzen je zwei seitliche Querfortsätze, die Processus transversi, und zum Rücken hin einen von außen am Rücken gut tastbaren Processus spinosus (Dornfortsatz). Die Besonderheit der Brustwirbel liegt jedoch in den Foveae costales, kleinen an beiden Seiten gelegenen Gruben, die jeweils eine halbe Gelenkfläche für die Wirbelgelenke bilden. Eine Rippe artikuliert also normalerweise an zwei Brustwirbeln.
Bänder und Gelenke
Die Zwischenwirbelgelenke (Articulationes zygapophysiales bzw. Artt. intervertebrales) der Brustwirbelsäule werden durch die Processus articulares im Bereich des Wirbelbogens gebildet, wobei jeweils ein Processus inferior mit dem darunter liegenden Processus superior in Kontakt steht. Sie werden auch als Facettengelenke bezeichnet.
Weiterhin sind die paarigen Rippen über kleine Gelenke, die Articulationes costovertebrales, mit der Brustwirbelsäule verbunden. Dabei artikuliert einerseits der Kopf der jeweiligen Rippe (Caput costae) mit den knöchernen Aussparungen (Fovea costalis superior und Fovea costalis inferior) des oberhalb und unterhalb gelegenen Brustwirbels, die Rippen befinden sich also zwischen den Wirbelkörpern. Die erste und die letzten beiden Rippen bilden eine Ausnahme, sie sind lediglich mit dem zugehörigen Wirbelkörper verbunden. Die zweite Gelenkverbindung (Articulatio costotransversaria) besteht zwischen dem Hals der Rippe (Collum costae) und dem Processus transversus der Brustwirbelkörper.
Innerhalb der Gelenke zwischen Brustwirbelkörper und Rippe findet sich ein Ligamentum capitis costae intraarticulare. Jeweils ein Ligamentum capitis costae radiatum spannt sich zwischen der Rippe, den angrenzenden beiden Brustwirbelkörpern und der zugehörigen Bandscheibe auf und stabilisiert das Costovertebralgelenk. Entsprechend existiert jeweils ein Ligamentum costotransversarium mit einem lateralen sowie einem superioren Anteil.
Besondere Merkmale
Die Brustwirbelsäule zeigt einige Besonderheiten im Vergleich zu anderen Teilen der Columna vertebralis: Zum einen ist das Foramen vertebrale im Bereich der Brustwirbelsäule abgerundet, während es in den übrigen Abschnitten der Wirbelsäule eine eher dreieckige Form besitzt. Außerdem sind die zwischen Wirbelkörper und Wirbelbogen gelegenen Pediculi, die Bogenfüßchen, im Bereich der Brustwirbelsäule besonders schmal ausgeprägt, was deren Beweglichkeit unterstützt.
Brustwirbelsäule – Aufgaben und Funktionen
Durch die Gelenkverbindungen innerhalb der Brustwirbelsäule sowie mit den Rippen besteht eine hohe Stabilität der Brustwirbelsäule zum Schutz der inneren Organe bei gleichzeitig ausgeprägter Mobilität.
Bewegungsumfang
Eine ventrale Flexion, also Beugung nach vorne, ist in einem Umfang von etwa 45 Grad möglich, wobei die Brustwirbelsäulenkyphose in diesem Falle verstärkt wird. Die entgegen gerichtete Dorsalextension kann etwa bis zu einem Umfang von 25 Grad ausgeführt werden, bevor es in erster Linie zu einer knöchernen Hemmung der Bewegung kommt. Weiterhin ist zu beiden Seiten die Lateralflexion in einem Umfang von bis zu 33 Grad möglich, allerdings kann die Brustwirbelsäule auch aus den Bewegungen herausgenommen werden, sodass sich nur Hals und Lendenbereich neigen. Eine Rotation ist ebenfalls in einem Umfang von bis zu 33 Grad möglich.
Brustwirbelsäule – Schmerzen und Erkrankungen
Aufgrund ihrer großen Bewegungsumfänge ist die Brustwirbelsäule besonderen mechanischen Beanspruchungen ausgeliefert und daher häufig von funktionellen Beschwerden und Verschleißerscheinungen betroffen.
Brustwirbel einrenken
Infolge ruckartiger Fehlbewegungen kann es passieren, dass sich Anteile der costotransversalen Gelenke verschieben und verklemmen. Dies führt zu einer reaktiven Anspannung der Muskulatur, was Schmerzen und Bewegungsbeeinträchtigung verstärkt. Ein „Einrenken“ ist hierbei meist nicht zielführend, da der Wirbel als solcher nicht „verrutscht“ ist. Nach Reduktion der Muskelspannung durch Wärmeapplikation und Schmerztherapie kann mittels sanfter Mobilisation das Gelenk meist allmählich wieder in die optimale Position verbracht werden.
BWS-Syndrom
Als BWS-Syndrom oder Brustwirbelsäulen-Syndrom werden sämtliche schmerzhaften Zustände im Bereich der Brustwirbelsäule bezeichnet. Die häufigsten Ursachen für Schmerzen der Brustwirbelsäule sind dabei Degenerationen der Facettengelenke und der Costotransversalgelenke. Bandscheibenvorfälle sind im Gegensatz zur Lendenwirbelsäule selten, können jedoch vor allem bei akuter Über- oder Fehlbelastung wie schwerem Heben auch in diesem Bereich der Wirbelsäule auftreten und sich durch Schmerzen und Lähmungen bemerkbar machen. Meist liegt eine langjährige chronische Schädigung der Wirbelsäule durch unzureichende Mobilisation im Rahmen sitzender Tätigkeit und übermäßige Beanspruchung und Fehlhaltung zugrunde.
Dabei ist es wichtig zu wissen, dass durch den Verlauf der Spinalnerven in den Intercostalräumen bis zur Vorderseite des Thorax jeglicher Schmerz aus dem Rücken bis nach vorne fortgeleitet werden kann. Hierdurch können ähnliche Beschwerden wie bei einem Herzinfarkt oder einer akuten Erkrankung der Lunge auftreten. Daher muss eine besonders gründliche Untersuchung mit Inspektion, Palpation und Begutachtung der Bewegungsumfänge der Wirbelsäule erfolgen und gleichzeitig eine umfassende Abfrage der Vorerkrankungen und Risikofaktoren erfolgen, um die Ursache der Beschwerden zu ermitteln. Labordiagnostik und bildgebende Untersuchungen können dann die Verdachtsdiagnose erhärten oder ausschließen.
Skoliose
Als Skoliose bezeichnet man eine Abweichung der Achse der Wirbelsäule zu den Seiten, oft kombiniert mit einer Rotationsfehlstellung. Eine Skoliose kann durch Verschleiß entstehen oder aber bereits bei der Entwicklung der Wirbelsäule durch Fehlbildung der Wirbelkörper vorliegen. Angeborene Skoliosen der Brustwirbelsäule können schwere Verformungen des Brustkorbs mit Beeinträchtigung der Atembewegungen und somit Luftnot der Betroffenen zur Folge haben. Eine Minderbelüftung einzelner Lungenanteile führt zudem zu einem erhöhten Risiko für die Entstehung von Lungenentzündungen in den betroffenen Abschnitten. Häufig werden schwere angeborene Skoliosen im Jugendalter operativ korrigiert.
Häufige Fragen
- Welche Übungen sind gut für die Brustwirbelsäule?
- Welche Symptome verursacht ein Bandscheibenvorfall in der Brustwirbelsäule?
- Was ist das BWS-Syndrom?
- Was tun bei Schmerzen in der Brustwirbelsäule?
Da häufig die Zwischenwirbelgelenke verschlissen oder blockiert sind und hierdurch Schmerzen auslösen, sind Übungen zu deren Lockerung und Dehnungen sinnvoll. Viele Übungen lassen sich im Vierfüßerstand ausführen, etwa Katze-Kuh (abwechselnd langsam und kontrolliert den Rücken rund machen wie einen Katzenbuckel und dann die Körpermitte absenken mit Blick nach oben) oder Fersensitz (das Gesäß aus dem Vierfüßerstand auf den Füßen absenken) mit gleichzeitigem Schieben des Oberkörpers und der Arme nach vorne auf die Matte. Auch Rotationsübungen im Vierfüßerstand lockern die oft betroffene Muskulatur sehr gut. Dehnungsübungen in sitzender Position schaffen eine gute Beweglichkeit des Rückens und können direkt auf dem Bürostuhl ausgeführt werden.
Bei einem dorsalen Bandscheibenvorfall sind die darunter liegenden Nerven eingeklemmt, was zu sensorischen und motorischen Ausfällen in Becken und Beinen führen kann und Beeinträchtigungen beim Wasserlassen oder Stuhlgang zu Folge hat. Werden die seitlich abgehenden Spinalnerven eingeklemmt, so resultieren Schmerzen und Empfindungsstörungen an der Thoraxwand bis zum Brustbein oder in den oberen Bauchregionen.
Als BWS-Syndrom (Brustwirbelsäulensyndrom) werden sämtliche Schmerzzustände im Bereich der Brustwirbelsäule ungeachtet von deren Ursache bezeichnet. Zumeist liegt den Beschwerden ein Verschleiß der Facettengelenke zugrunde, wobei häufig begleitend muskuläre Verspannungen auftreten.
Zunächst einmal sollte eine umfassende Abklärung der Schmerzursache erfolgen. Wenngleich in den meisten Fällen degenerative Veränderungen an der Brustwirbelsäule die Ursache der Beschwerden sind, so müssen doch schwere Erkrankungen wie Knochenbrüche (zum Beispiel im Rahmen eines Knochendichtemangels bei Osteoporose) oder aber Erkrankungen der inneren Organe, insbesondere von Herz und Lunge, ausgeschlossen werden. Handelt es sich um funktionelle Beschwerden, so helfen häufig physiotherapeutische Übungen, Wärme und die Einnahme schmerzlindernder Medikamente nach Bedarf.