Mehr als 60 Prozent aller Pflegekräfte sind am Arbeitsplatz bereits einmal sexuell belästigt worden oder haben Gewalt erfahren. Das geht aus einer aktuellen Umfrage der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) hervor. 62,5 Prozent der Befragten haben demnach im vergangenen Jahr non-verbale sexuelle oder gewaltsame Übergriffe erlebt.
Umfrage “Sexuelle Belästigung und Gewalt am Arbeitsplatz”
Für die Studie “Sexuelle Belästigung und Gewalt am Arbeitsplatz” hat die BGW 901 Pflegekräfte aus 60 Einrichtungen befragt, darunter Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen und Werkstätten für Menschen mit Behinderungen. Zwar gibt es bereits Erhebungen zur Häufigkeit sexueller Belästigung am Arbeitsplatz, bislang haben sich aber nur wenige Berichte speziell auf die Erfahrungen von Beschäftigten im Gesundheits- und Sozialwesen fokussiert. Die BGW wollte daher wissen, wie häufig Krankenschwestern und Krankenpfleger von Patienten, Klienten und Bewohnern der jeweiligen Einrichtung, aber auch von Angehörigen sexuell belästigt werden. Die Teilnehmer wurden unter anderem befragt, in welcher Form sie sexuelle Belästigung und Gewalt erfahren haben, welche Folgen die Belästigung für sie hatte, und welche Präventionsmaßnahmen und Unterstützungskonzepte sie kennen.
Pflegekräfte überdurchschnittlich häufig von sexueller Belästigung betroffen
Die Umfrage zeigt, dass in den vergangenen zwölf Monaten zwei von drei Pflegekräften (67,1 Prozent) mindestens einmal verbalen Übergriffen am Arbeitsplatz ausgesetzt waren. 62,5 Prozent haben im selben Zeitraum non-verbale sexuelle Belästigung oder Gewalt erlebt. 48,9 Prozent der Befragten gaben an, dass die körperliche sexuelle Belästigung und Gewalt von Patienten, Klienten bzw. Bewohnern der Einrichtung ausging. In Werkstätten für Menschen mit Behinderungen kam es häufiger zu non-verbalen als zu verbalen Übergriffen.
Pflegekräfte sind damit überdurchschnittlich häufig verbaler und körperlicher Belästigung am Arbeitsplatz ausgesetzt. Unter allen erwerbstätigen Personen in Deutschland liegt der Anteil derer, die am Arbeitsplatz sexuell belästigt wurden und Gewalt erfahren haben, bei etwa neun Prozent. Das geht aus einer im Jahr 2019 veröffentlichten Studie der Antidiskriminierungsstelle des Bundes hervor. Frauen sind demnach mit einem Anteil von 13 Prozent mehr als doppelt so häufig betroffen wie Männer mit einem Anteil von fünf Prozent.
Psychische Folgen für die Betroffenen
Die BGW-Studie geht auch auf die psychischen Folgen der sexuellen Belästigung am Arbeitsplatz ein. Beschäftigte, die häufiger sexuelle und andere gewaltsame Übergriffe erleben, sind demnach einem höheren Risiko für Depressionen und psychosomatische Beschwerden ausgesetzt. Zudem leiden sie häufiger unter emotionaler Erschöpfung.
Obwohl sexuelle Belästigung und Gewalt im Gesundheits- und Sozialwesen häufig vorkommen, wissen nur wenige Betroffene, wohin sie sich im Ernstfall wenden können. Rund ein Drittel der Befragten gibt an, dass ihnen keine konkreten Präventionsmaßnahmen oder Hilfsangebote des Arbeitgebers bekannt sind. 32,5 Prozent konnten keine betrieblichen Unterstützungsangebote nennen.
Was können Pflegekräfte nun unternehmen, wenn sie sexuell belästigt worden sind? Experten empfehlen, sich zunächst an eine Vertrauensperson zu wenden, etwa die Pflegeleitung, die Stationsleitung oder eine erfahrene Pflegefachperson. Außerdem sollte man Fälle von sexueller Belästigung im Team besprechen. Darüber hinaus sei es wichtig, die Vorfälle zu dokumentieren. Das erleichtert es der Klinikleitung, die Situation zu beurteilen und gezielt Maßnahmen zu ergreifen.
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