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Für die Zukunft der freiberuflichen Hebammen im Belegsystem zeichnet sich eine alarmierende Entwicklung ab. Darauf weisen sowohl der Deutsche Hebammenverband (DHV) als auch die Gesundheitsministerien der Länder hin. Ursächlich dafür ist der im April 2025 beschlossene neue Hebammenhilfevertrag, der am 1. November 2025 in Kraft tritt und einige Änderungen bei der Honorarabrechnung der freiberuflichen Hebammen mit sich bringt.
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Hintergrund – Festlegung des neuen Hebammenhilfevertrags durch Schiedsstelle
Die Entscheidungen zum neuen Hebammenhilfevertrag wurden von der zuständigen Schiedsstelle getroffen. Diese wurde angerufen, nachdem vorausgegangene Verhandlungen zwischen den Gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV), dem Deutschem Hebammenverbund und dem Bund freiberuflicher Hebammen erfolglos vom DHV abgebrochen worden waren. Zu den Entscheidern der Schiedsstelle zählen drei unparteiische Mitglieder, drei Vertreter der Hebammen und drei Sprecher für die Krankenkassen.
Angestellte und freiberufliche Hebammen in Deutschland – Verteilung und Vergütung
In Deutschland können Hebammen auf verschiedene Weise tätig werden, wobei sich die Vergütung deutlich unterscheidet.
Angestellte Hebammen
Festangestellte Hebammen arbeiten regulär und mit tarifvertraglicher Bezahlung in Kliniken oder Geburtshäusern. Sie werden nach Stunden bezahlt, wobei der Umfang ihrer Beschäftigung und die Anzahl der betreuten Frauen keinen direkten Einfluss auf die Bezahlung hat.
Freiberufliche Hebammen und Beleghebammen
Demgegenüber sind freiberufliche Hebammen selbstständig tätig. Sie erbringen ihre Arbeitsleistung entweder unabhängig von einer geburtshilflichen Einrichtung, oder arbeiten als Beleghebamme. In diesem Fall kommen sie nach einem festen Dienstplan in die Klinik, deren Ausstattung sie mitbenutzen. Dafür erhält die Einrichtung eine Betriebskostenpauschale und darüber hinaus eine DRG-Pauschale für die Geburtshilfe. Die Arbeit der Hebamme wird jedoch direkt von der Krankenversicherung bezahlt und berechnet sich nach der tatsächlich geleisteten Arbeit. Der Anteil von Beleghebammen an den insgesamt 19.000 freiberuflich tätigen Hebammen beträgt derzeit etwa 20 Prozent.
Regionale Unterschiede beim Einsatz von Beleghebammen
Aktuell begleiten Beleghebammen im Schnitt jede fünfte Geburt in Deutschland, wobei der Anteil an allen Entbindungen regional stark schwankt. In Bayern ist die Zahl besonders hoch, hier erfolgen etwa vier von fünf Geburten mit Unterstützung durch eine Beleghebamme.
Neuer Hebammenhilfevertrag – Unsichere Vergütung für Beleghebammen
Die Grundvergütung für freiberufliche Hebammen wird mit dem neuen Vertrag von 56 auf knapp 74 Euro pro Stunde angehoben. Für Beleghebammen ist die Bezahlung jedoch an Bedingungen geknüpft, die nicht immer vorhersehbar sind und aus Sicht des Deutschen Hebammenverbandes die Versorgungsrealität in den Kliniken nicht abdeckt.
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Konkrete Berechnungen für Beleghebammen
Bisher konnten Beleghebammen zwei Schwangere gleichzeitig betreuen und beide Leistungen zu 100 Prozent abrechnen. Künftig erhalten sie nur noch 80 Prozent des Stundensatzes für die Unterstützung einer Schwangeren. Zusätzlich ist eine 1:1-Betreuung mit 26 Euro pro Stunde vergütet. Das gilt aber nur, wenn sie im Zeitraum von zwei Stunden vor bis zwei Stunden nach der Geburt ununterbrochen bei der Gebärenden bleiben. Fällt die Geburt kürzer aus, erfolgt ein Schichtwechsel oder muss eine weitere Frau betreut werden, entfällt dieser Zuschlag.
Für die gleichzeitige Betreuung einer weiteren Schwangeren dürfen Beleghebammen nur noch 30 Prozent der Leistung abrechnen. Durch diese Kombination aus Kürzungen und wegfallenden Zuschlägen sinkt der Stundensatz für Beleghebammen um rund 46 Prozent gegenüber der bisherigen Vergütung. Damit liegt er kaum höher als bei freiberuflichen Hebammen außerhalb des Belegsystems, die zeitgleich nur eine Frau betreuen.
Hebammenverbände kritisieren, dass sich Belegsysteme nicht so präzise planen lassen: In kleinen Kliniken komme es beispielsweise häufig zu Leerlauf, für den keine Vergütung vorgesehen ist, obwohl die Hebamme währenddessen gebunden ist. Die Zusatzpauschale sei selbst unter optimalen Bedingungen nur bei etwa zehn Prozent der Geburten erreichbar.
Vergütung aus Sicht des GKV Spitzenverbandes
Der GKV Spitzenverband argumentierte dagegen, dass sich die Vergütung bei 1:1 Betreuung im Rahmen der Geburt mit etwa 85 Euro gegenüber dem bisherigen Satz nahezu verdoppelt habe. Dementsprechend falle die Vergütung bei gleichzeitiger Betreuung weiterer Frauen entsprechend niedriger aus. Dabei wies er auch auf die Tatsache hin, dass die Beleghebammen in der Regel die Ausstattung der Klinik nutzen könnten und darüber hinaus ihre Berufshaftpflichtversicherung zu großen Teilen bezuschusst werde.
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DHV-Umfrage – Jede zweite Beleghebamme plant Aufgabe des Berufs
In einer Umfrage des DHV unter Beleghebammen-Teams im Mai und Juni 2025 äußerten alle teilnehmenden Teams, dass sie Einkommenseinbußen durch den neuen Vertrag erwarten. Knapp jede zweite Hebamme gab an, innerhalb des nächsten halben Jahres aus der Geburtshilfe aussteigen zu wollen – aus wirtschaftlichen Gründen. Es fehlt den Beleghebammen an Planungssicherheit. Gleichzeitig sehen etwa 80 Prozent der Teams keine Alternative zum derzeitigen Beleghebammensystem.
Die DHV-Präsidentin Ulrike Geppert-Orthofer befürchtet, dass durch die wirtschaftliche Entscheidung der Hebammen gegen ihren Beruf „ein wichtiger und qualitativ hochwertiger Teil der Geburtshilfe in Deutschland“ wegfallen könnte. Bereits jetzt lösten viele Beleghebammenteams ihre Verträge auf, sodass Versorgungsengpässe drohten.
Weitere Entwicklungen für freiberufliche Hebammen noch ungewiss
Um die Situation für die Beleghebammen zu verbessern, fordern der DHV und die Gesundheitsministerkonferenz der Länder dringendes Handeln seitens des Bundesgesundheitsministeriums.
Was das Gesundheitsministerium plant
Eine dringliche gerichtliche Klärung der Entscheidungen der Schiedsstelle, wie sie die Gesundheitsministerkonferenz anstrebt, kann das BMG nicht anbieten, da es die inhaltlichen Aspekte der Entscheidungen nicht prüfen kann. Stattdessen ist die Einrichtung einer Arbeitsgruppe geplant, die mit Inkrafttreten des neuen Vertrags FAQs zur Umsetzung der Vergütungsvorgaben erarbeiten und eine Evaluation des Systems vornehmen soll. Darauf aufbauend soll das System, wenn nötig, weiterentwickelt werden.
Was der Hebammenverband für die Beleghebammen fordert
Der Deutsche Hebammenverband drängt auf eine Gleichstellung bei der Vergütung der Arbeit von freiberuflich tätigen und Beleghebammen. Eine Möglichkeit, die aktuellen Entwicklungen aufzuhalten, wäre eine Aussetzung der Vertragsinhalte und Neuverhandlungen über die Vergütung. Indes könnte die Abrechnung der Belegleistungen nach bisherigen Vorgaben erfolgen. Darüber hinaus fordert der DHV, die Auswirkungen des neuen Gesetzes auf die Beleghebammen durch das Bundesministerium oder einen unabhängigen Gutachter prüfen zu lassen.
Stellenangebote in der Geburtshilfe
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- Ab November könnte die Hälfte der freiberuflichen Hebammen wegfallen, https://www.zeit.de/... (Abrufdatum: 13.08.2025)
- Der neue Hebammenhilfevertrag, https://hebammenverband.de/... (Abrufdatum: 13.08.2025)
- Hintergrundinformationen zum Fachgespräch Hebammenhilfevertrag und Beleghebammen, https://hebammenverband.de/... (Abrufdatum: 13.08.2025)







