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Der Sulcus centralis zählt zu den markantesten Strukturen der Großhirnrinde. Als tiefe Furche verläuft er schräg über die Gehirnoberfläche und markiert eine funktionell bedeutsame Grenze. Seine Lage dient nicht nur als anatomischer Orientierungspunkt, sondern besitzt auch diagnostischen und neurochirurgischen Stellenwert. Dieser Text beschäftigt sich mit dem Aufbau und der klinischen Relevanz des Sulcus.
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Sulcus centralis – Definition und Funktion
Der Sulcus centralis, auch als Zentralfurche bezeichnet, ist eine prominente Furche (Sulcus) in der Großhirnrinde. Er trennt den vorderen Gyrus praecentralis vom dahinterliegenden Gyrus postcentralis. Damit bildet er die Grenze zwischen dem Frontallappen und dem Parietallappen. Funktionell markiert der Sulcus centralis die Trennung zwischen dem primären motorischen Cortex (Brodmann-Areal 4) und dem primären somatosensorischen Cortex (Brodmann-Areale 1 bis 3). Als eine der früh entwickelten Strukturen des Gehirns lässt er sich bereits in der pränatalen Phase identifizieren.
Seine konstant erkennbare Lage und Struktur machen den Sulcus centralis zu einem wichtigen Bezugspunkt in der Neuroanatomie sowie in der klinischen Bildgebung.
Sulcus centralis – Lage und Orientierung
Der Sulcus centralis beginnt an der medialen Hirnoberfläche nahe der Interhemisphärenspalte, etwa in Höhe des Scheitelbeins. Von dort verläuft er in schräger Richtung nach lateral und leicht nach unten, wo er typischerweise oberhalb der Sylvischen Fissur endet. Er zieht sich somit quer über die konvexe Fläche des Gehirns.
Trotz seiner relativ konstanten Lage zeigt der Sulcus centralis individuelle Variationen im Verlauf. In einigen Fällen weist er Unterbrechungen, sogenannte Pli de passage, auf. Die bekannteste davon ist der „Pli de passage fronto-pariétal moyen“, der in der Regel den Sulcus zentralis anatomisch jedoch nicht vollständig unterbricht.
Die Orientierung des Sulcus dient zudem als Bezugspunkt für andere Sulci und Gyri. Besonders bei der funktionellen Kartierung des Kortex ist seine präzise Lokalisierung entscheidend.
Sulcus centralis – Anatomie
Die Länge der Zentralfurche beträgt durchschnittlich neun bis zehn Zentimeter, kann jedoch interindividuell stark variieren.
Der Sulcus centralis steht in engem räumlichen Bezug zu zwei auffälligen Gyri:
- Gyrus praecentralis (anterior): Sitz des primären motorischen Cortex, zuständig für die Steuerung willkürlicher Bewegungen.
- Gyrus postcentralis (posterior): Enthält den primären somatosensorischen Cortex, in dem sensible Reize aus dem Körper verarbeitet werden.
Beide Gyri folgen in ihrem Verlauf teilweise der Krümmung des Sulcus centralis und grenzen diesen ein.
Mikroskopische Anatomie
Histologisch zeigt sich eine deutliche Differenzierung beider angrenzender Rindenareale. Der Gyrus praecentralis entspricht dem Brodmann-Areal 4, das eine sogenannte agranuläre Struktur aufweist. Hier dominieren große Pyramidenzellen in Schicht V, insbesondere die Betz-Zellen, die für die kortikospinale Bahn relevant sind.
Im Gegensatz dazu zeigt der Gyrus postcentralis (Brodmann-Areale 1 bis 3) eine granuläre Struktur. Die Schicht IV ist stark ausgeprägt und enthält dichte Ansammlungen kleiner Nervenzellen zur Verarbeitung sensibler Afferenzen.
Die mikroskopischen Übergänge erfolgen entlang der Tiefe des Sulcus centralis relativ abrupt, was die Bereiche funktionell scharf abgrenzt, während die Histologie jedoch variabel ausgeprägt ist.
Entwicklung des Sulcus centralis
Der Sulcus centralis gehört zu den ersten Furchen, die sich während der pränatalen Gehirnentwicklung ausbilden. Ab etwa der 20. Schwangerschaftswoche ist der Sulcus meist sichtbar, seine Ausprägung schreitet bis zur 26. Woche fort. Ihre frühe Entstehung steht im Zusammenhang mit der Reifung motorischer und sensorischer Netzwerke und spiegelt die funktionelle Gliederung des sich entwickelnden Gehirns wider. Entwicklungsstörungen in diesem Bereich können Hinweise auf neurologische Fehlbildungen liefern.
Sulcus centralis – Klinik und Bildgebung
In der klinischen Praxis besitzt der Sulcus centralis hohe Relevanz, insbesondere in der funktionellen Neurochirurgie, der Epilepsiediagnostik und der Neuroonkologie. Die exakte Identifikation dieser Furche erlaubt es, motorische und sensorische Areale zu lokalisieren und zu schonen.
Moderne bildgebende Verfahren wie die Magnetresonanztomographie (MRT) ermöglichen eine präzise Darstellung des Sulcus centralis. In strukturellen MRT-Aufnahmen lässt sich die Furche als hypointense Struktur erkennen, je nach Sequenz. Für die funktionelle Zuordnung werden häufig zusätzliche Methoden wie die funktionelle MRT (fMRT) oder transkranielle Magnetstimulation (TMS) eingesetzt.
Bei neurochirurgischen Eingriffen, etwa zur Entfernung epileptogener Herde oder von Tumoren, ist die genaue Lokalisation des Sulcus zentralis entscheidend, um Ausfälle motorischer oder sensorischer Funktionen zu vermeiden. Besonders bei Läsionen nahe der Zentralfurche erfolgt die Operationsplanung in enger Abstimmung mit neurophysiologischer Kartierung.
Auch bei der Beurteilung von Schlaganfällen, Traumata oder kortikalen Atrophien bietet die Orientierung an der Zentralfurche eine verlässliche Grundlage zur Einschätzung funktioneller Beeinträchtigungen.
- Aust G et. al., Duale Reihe Anatomie (Thieme, 6. Auflage, 2024)
- Großhirn, https://next.amboss.com/... , (Abrufdatum: 26.05.2025)