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POMC (Proopiomelanocortin) ist ein Polypeptid und dient als Vorläufermolekül für mehrere Hormone. Im Hypothalamus, insbesondere im Nucleus arcuatus, wird POMC zu β-Endorphinen gespalten, während in den Zellen der Adenohypophyse ACTH entsteht. Auch in den Keratinozyten der Haut spielt POMC als Vorläufer von α-MSH eine zentrale Rolle. Die POMC-Spaltprodukte sind an der hormonellen Stressreaktion, der Pigmentierung, der Appetitkontrolle und der Schmerzhemmung beteiligt. Ein Mangel an POMC oder seinen Produkten kann daher erhebliche physiologische und klinische Auswirkungen haben. Der folgende Artikel erläutert die Wirkung und Funktion, den Abbau und die Regulation sowie die klinische Bedeutung von POMC.
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POMC – Definition
Proopiomelanocortin, kurz POMC, ist ein großes Vorläuferprotein, das in verschiedenen Geweben, insbesondere in der Hypophyse und im Hypothalamus exprimiert wird. Es dient als Ausgangssubstanz für eine Reihe verschiedene Hormone, die durch enzymatische Spaltung entstehen.
POMC – Wirkung und Funktion
POMC wird als großes, polypeptidisches Vorläuferprotein im Hypophysenvorderlappen (Adenohypophyse), Hypothalamus und in peripheren Geweben, wie der Haut, synthetisiert. Durch posttranslationale Spaltung wird es in mehrere biologisch aktive Peptide zerlegt. So entstehen im Hypothalamus zum Beispiel Endorphine aus dem POMC. Das Gen für POMC liegt beim Menschen auf Chromosom 2p23.3. Zu den wichtigsten Spaltprodukten des POMC gehören:
- ACTH (Adrenocorticotropes Hormon)
- MSH (Melanozyten-stimulierendes Hormon: α-, β-, γ-MSH)
- β-Lipotropin (β-LPH)
- β-Endorphin
Diese durch Spaltung entstehenden Peptide erfüllen unterschiedliche physiologische Funktionen. ACTH ist ein glandotropes Hormon, was bedeutet, dass es auf Drüsen wirkt, und stimuliert die Glukokortikoidproduktion in der Nebennierenrinde und somit vor allem die Produktion von Cortisol. Die Cortisolproduktion wird durch psychische Belastung oder physischen Stress wie Schmerzen angekurbelt.
α-MSH reguliert die Melaninsynthese und somit die Hautpigmentierung, während β-Endorphin als ein endogenes Opioidpeptid analgetische Wirkungen hat und die Stimmung und das Verhalten beeinflusst. Es wirkt euphorisierend und spielt eine Rolle bei Stressreaktionen, Schmerzhemmung und Belohnungsmechanismen. Die Peptide wirken über verschiedene Rezeptoren und vermitteln sowohl endokrine als auch neuroregulatorische Effekte.
Hyperpigmentierung
Bei einer primären Nebennierenrindeninsuffizienz (Morbus Addison) führt der Cortisolmangel zu Symptomen wie Schwäche und Gewichtsverlust. Zur Kompensation produziert die Hypophyse vermehrt POMC, aus dem ACTH zur Stimulation der Cortisolbildung entsteht. Dabei fällt auch α-MSH an, was durch gesteigerte Melaninsynthese zu einer charakteristischen Hautpigmentierung führt.
Das β-Lipotropin (β-LPH) fördert als Hormon die Lipolyse, also den Abbau von Fettsäuren, und wirkt auf verschiedene Stoffwechselprozesse. Es ist ein weiteres Spaltprodukt in der Hypophyse und kann dort zu β-Endorphin weiterverarbeitet werden.
POMC – Abbau und Regulation
Verschiedene Signale regulieren die Expression und Spaltung von Proopiomelanocortin (POMC). Über die Hypothalamus-Hypophysen-Nebennieren-Achse (HPA-Achse) stimuliert CRH (Corticotropin-Releasing-Hormon) aus dem Hypothalamus die ACTH-Produktion aus POMC im Hypophysenvorderlappen. ACTH regt anschließend die Synthese und Freisetzung von Glukokortikoiden, insbesondere Cortisol, in der Nebennierenrinde an. Die erhöhten Glukokortikoidspiegel hemmen über negative Rückkopplung sowohl die CRH- als auch die POMC-Transkription. Diese Rückkopplung dient der Stabilisierung der Stressachse (HPA-Achse).
Im Nucleus arcuatus des Hypothalamus wird die POMC-Expression durch Leptin stimuliert. Dadurch steigt die Freisetzung von α-MSH, das über Melanocortin-Rezeptoren (v. a. MC4R) im Hypothalamus appetithemmend wirkt und so die Nahrungsaufnahme reduziert.
Prohormon-Convertasen (hauptsächlich PC1/3 und PC2) spalten POMC in sekretorischen Vesikeln in mehrere biologisch aktive Peptide. Die Art der Spaltprodukte hängt vom Zelltyp und der hormonellen Regulation ab. Nach ihrer Freisetzung werden die Peptide im Blut und in Zielgeweben durch Proteasen enzymatisch inaktiviert. Die Halbwertszeit variiert je nach Peptid: Sie beträgt bei ACTH nur wenige Minuten, während sie bei β-Endorphin noch kürzer ist.
POMC – Klinische Bedeutung
Ein genetisch bedingter POMC-Mangel ist eine seltene autosomal-rezessive Erkrankung, die durch Mutationen im POMC-Gen verursacht wird. Der Ausfall der POMC-Expression führt zu einem Mangel an mehreren seiner biologisch aktiven Spaltprodukte (v. a. ACTH und α-MSH). Klinisch manifestiert sich dies durch eine charakteristische Symptomtrias:
- Frühkindliche Adipositas, bedingt durch den Verlust der appetithemmenden Wirkung von α-MSH im Hypothalamus.
- Rotblondes Haar und helle Haut, infolge der fehlenden MSH-vermittelten Stimulation der Melaninproduktion.
- Primäre Nebenniereninsuffizienz, da der ACTH-Mangel zu einem Hypokortisolismus führt.
Die Behandlung besteht in erster Linie in einer lebenslangen Substitution von Glukokortikoiden zur Kompensation des ACTH-bedingten Cortisolmangels. In einigen Fällen kann zusätzlich eine therapeutische Aktivierung des Melanocortin-4-Rezeptors (MC4R) zur Regulierung des Körpergewichts erwogen werden, beispielsweise Setmelanotid.
Eine übermäßige Produktion von ACTH führt zu einer pathologisch gesteigerten Cortisolausschüttung. Dies tritt insbesondere beim Morbus Cushing auf, der meist durch ein ACTH-produzierendes Hypophysenadenom verursacht wird.
Die erhöhte Cortisolproduktion bewirkt typische klinische Symptome wie: Stammfettsucht mit dünnen Extremitäten, Vollmondgesicht und Stiernacken. Zudem treten Muskelschwäche, Hypertonie, Osteoporose und Hautatrophie auf. Die Therapie ist primär die chirurgische Entfernung des Hypophysenadenoms.
Da ACTH und MSH eine gemeinsame Vorstufe im POMC haben, stimulieren beide über Melanocortinrezeptoren die Melaninsynthese in Melanozyten. Störungen in diesem System führen zu Veränderungen der Hautpigmentierung. Auch hier richtet sich die Behandlung nach der Grunderkrankung. Bei hormonproduzierenden Tumoren steht die chirurgische Entfernung im Vordergrund. Medikamentöse Maßnahmen dienen der Regulation des Hormonspiegels oder der Überbrückung vor einer Operation.
Veränderungen im POMC/α-MSH-System gehen mit neurologischen und psychologischen Aspekten einher. So stehen sie oft mit Essstörungen, Depression, Suchterkrankungen und Schmerzverarbeitung in Verbindung.
Häufige Fragen
- In welchen Geweben wird POMC exprimiert?
- Wie erfolgt die Umwandlung von POMC in Wirkstoffe?
- Welche Hauptpeptide entstehen aus POMC und welche Funktion haben sie?
- Wie wird POMC reguliert?
- Was geschieht mit den aktiven Peptiden nach ihrer Freisetzung?
POMC wird vor allem in den kortikotropen Zellen des Hypophysenvorderlappens (Adenohypophyse) exprimiert. Außerdem findet sich seine Expression im Hypothalamus, in Hautzellen (Keratinozyten), in der Plazenta und in manchen Epithelien.
POMC wird in sekretorischen Vesikeln durch Prohormon-Convertasen an verschiedenen Spaltstellen enzymatisch geschnitten. Je nach Zelltyp und Konvertasenausstattung entstehen unterschiedliche Peptide.
Aus POMC entstehen ACTH (Adrenocorticotropes Hormon), α‑, β‑ und γ‑MSH, β-Lipotropin (β-LPH)und β-Endorphin. ACTH stimuliert die Nebennierenrinde zur Cortisolproduktion und α‑, β‑ und γ‑MSH steuern die Pigmentierung (über Melanozyten) und zentral auch Appetitprozesse. β-Endorphin wirkt als endogenes Opioid mit schmerzlindernder und stimmungslindernder Wirkung und β-Lipotropin ist eine Vorstufe weiterer Peptide und ist beteiligt am Fettstoffwechsel.
Die Hypothalamus-Hypophysen-Nebennieren-Achse (HPA) funktioniert, indem CRH aus dem Hypothalamus die POMC-Expression und damit die Freisetzung von ACTH stimuliert. Dies erhöht die Glukokortikoidproduktion, während hohe Glukokortikoidspiegel (z. B. Cortisol) die Achse über negative Rückkopplung hemmen. Im Hypothalamus reagiert POMC zudem auf Hormone wie Leptin, das die POMC-Expression aktiviert und so appetithemmende Effekte fördert
Nach der Sekretion werden die Peptide im Blut oder in Zielgeweben durch Proteasen bzw. andere Enzyme abgebaut oder inaktiviert. Die Halbwertszeiten sind relativ kurz und unterscheiden sich je nach Peptid, zum Beispiel liegt die von ACTH im Minutenbereich.
- Hypophyse, https://next.amboss.com/... (Abrufdatum 02.11.2025)
- Rassow et al.: Duale Reihe Biochemie. 5. Auflage Thieme 2022
- Cushing-Syndrom, https://next.amboss.com/... (Abrufdatum 02.11.2025)




