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Ein entwicklungsgeschlicht sehr alter Teil des menschlichen Gehirns ist der Paleocortex. Er übernimmt wichtige Funktionen im Bereich der Geruchswahrnehmung. Auch der Geruchssinn ist einer der ältesten Sinne lebender Organismen. Dieser Artikel behandelt Anatomie, Funktion und Klinik des Paleocortex.
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Paleocortex – Definition
In einer entwicklungsgeschichtlichen Einteilung des Großhirns stellt der Paleocortex den ältesten Teil dar. Dafür ist er nur sehr klein ausgeprägt und ist wichtig für die Verarbeitung von Informationen aus der Riechbahn.
Paleocortex – Anatomie
Die phylogenetische, also entwicklungsgeschichtliche Einteilung des Großhirns erfolgt in:
- Paleocortex (ältester Abschnitt)
- Striatum
- Archikortex
- Neokortex (jüngster Abschnitt)
Archicortex
Der Archicortex ist ein entwicklungsgeschichtlich sehr alter Teil der Großhirnrinde, der vor allem mit Gedächtnis, Lernen und räumlicher Orientierung in Verbindung steht. Er gehört wie der Paleocortex zum Allokortex.
Allocortex
Der Allocortex ist ein entwicklungsgeschichtlich sehr alter Teil der Großhirnrinde, der sich durch eine geringere Schichtenzahl vom jüngeren Neokortex unterscheidet. Er macht nur einen kleinen Teil der Großhirnrinde aus, spielt aber eine entscheidende Rolle für viele grundlegende Funktionen. Der Allocortex wird in zwei große Anteile unterteilt: den Paleocortex und den Archikortex.
Histologisch besitzt der Paleocortex genau wie der Archikortex einen Aufbau aus drei bis fünf Schichten, was ihn vom Neokortex unterscheidet, der fast überall aus sechs Schichten besteht.
Der Paleocortex liegt vor allem im frontobasalen Teil des Großhirns und beinhaltet gewisse Strukturen der Riechbahn (Bulbus olfactorius, Tractus olfactorius und Tuberculum olfactorium), die Area septalis, den präpiriformen Kortex und Teile der Amygdala (Corpus amygdaloideum).
Riechbahn
Die Geruchssinneszellen der Riechschleimhaut in der Nase sind die ersten Neurone der Riechbahn und senden Informationen in Richtung des Bulbus olfactorius, wo die Neurone verschaltet werden. Von dort aus ziehen Nervenfasern über den Tractus olfactorius zu einem eingelagerten Kern, dem Nucleus olfactorius anterior, in dem die Neurone auch ein weiteres Mal verschaltet werden. Nun ziehen die verschalteten Neurone in zwei verschiedene Richtungen, denn der Tractus olfactorius teilt sich am Trigonum olfactorium in eine Stria olfactoria medialis und lateralis.
Die Stria olfactoria medialis projiziert die Informationen der Riechbahn zum Tuberculum olfactorium und der Area septalis. Dahingegen leitet die Stria olfactoria lateralis die Informationen über Geruch weiter zum präpriformen Kortex, entorhinalen Kortex und zur Amygdala. Der präpiriforme Kortex stellt als Teil des Paleocortex die primäre Riechrinde dar und eine sekundäre Riechrinde kann in Teilen des Neokortex ausgemacht werden.
Area septalis
Die Area septalis ist eine Region im Gehirn, die sich im Bereich des Septum pellucidum befindet. Das Septum pellucidum ist eine dünne Membran, die die beiden Seitenventrikel des Gehirns voneinander trennt und im Bereich des limbischen Systems liegt. Die Area septalis wird insbesondere mit Funktionen wie Emotionen, Gedächtnis und Belohnungsverarbeitung in Verbindung gebracht. In ihr liegen Kerne (Septumskerne), die afferente und efferente Verbindungen zur Riechrinde, Hirnstamm und limbischem System haben.
Corpus amygdaloideum
Die Amygdala (Mandelkern) ist ein Kerngebiet im temporalen Bereich des Großhirns und hat wichtige Funktionen im Bereich emotionaler Reaktionen und emotionaler Bewertung von Gedächtnisinhalten.
Paleocortex – Funktion
Im Gegensatz zum Neocortex, der für höhere kognitive Funktionen wie logisches Denken und Sprache zuständig ist, ist der Paleocortex an älteren, primitiveren Prozessen beteiligt, die mit Überlebensfunktionen in Verbindung stehen. Er ist insbesondere an der Wahrnehmung von Gefahren, der Regulation von Emotionen und der Steuerung von Verhaltensreaktionen beteiligt, die auf Überlebensinstinkte wie Flucht oder Kampf ausgerichtet sind. Der Paleocortex enthält wichtige Strukturen wie der Riechrinde, die für die Verarbeitung von Gerüchen zuständig ist. Dies ist in vielen Tieren eng mit Instinkten und der Fortpflanzung verbunden.
Paleocortex – Klinik
Im Kontext der Alzheimer-Erkrankung spielt der Paleocortex eine wichtige Rolle, da er zu den früh betroffenen Hirnarealen gehört. Der Paleocortex ist eine der ersten Regionen, in denen sich neurofibrilläre Tangles (Tau-Protein-Ablagerungen) und Amyloid-Plaques ansammeln. Insbesondere in Bereichen wie der entorhinalen Rinde kann dies zuerst beobachtet werden. Diese Veränderungen führen zu einer gestörten neuronalen Kommunikation und zu einem fortschreitenden Funktionsverlust. Klinisch äußert sich dies zunächst oft in einer Störung des Geruchssinns (Hyposmie, Anosmie), da der Paleocortex eng mit dem olfaktorischen System verbunden ist. Solche Riechstörungen können zu den frühesten Anzeichen einer beginnenden Alzheimer-Demenz gehören und treten oft schon Jahre vor den typischen Gedächtnisstörungen auf. Zudem wirkt sich die Degeneration des Paleocortex indirekt auf emotionale und Gedächtnisprozesse aus. Dies liegt daran, dass er eng mit limbischen Strukturen wie der Amygdala und dem Hippocampus vernetzt ist.
Häufige Fragen
- Was ist der Paleocortex?
- Wie unterscheidet sich der Paleocortex von Neocortex und Archicortex?
- Wo liegt der Paleocortex im Gehirn?
- Welche Funktionen hat der Paleocortex?
- Welche klinische Bedeutung hat der Paleocortex?
Der Paleocortex ist ein entwicklungsgeschichtlich alter Teil der Großhirnrinde, der hauptsächlich mit dem Riechsystem assoziiert ist.
Der Paleocortex hat drei bis fünf Schichten, während der Neocortex sechs Schichten hat. Der Archicortex (z. B. Hippocampus) ist ebenfalls älter und meist dreischichtig. Funktionell ist der Paleocortex vor allem mit Geruch und emotionaler Bewertung verknüpft.
Der Paleocortex liegt im Gehirn vor allem an der Basis des Vorderhirns (Telencephalon), insbesondere in den medialen und basalen Bereichen des Temporallappens und des Frontallappens.
Er verarbeitet vor allem olfaktorische Reize, ist aber auch an emotionalen und vegetativen Reaktionen beteiligt, z. B. an der emotionalen Bewertung von Gerüchen.
Er spielt eine Rolle bei Temporallappenepilepsien, kann bei Alzheimer-Demenz früh betroffen sein (mit Riechstörungen als Frühzeichen) und ist wichtig bei der Entstehung bestimmter emotionaler Reaktionen.
- Trepel, Martin: Neuroanatomie (Elsevier, 8. Auflage, 2021)
- Großhirn, https://next.amboss.com/… (Abrufdatum: 09.05.2025)