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Folsäure ist ein essentielles Vitamin, das oft unterschätzt wird, aber für zahlreiche lebenswichtige Prozesse im Körper unerlässlich ist. Besonders in Zeiten von Wachstum, Zellteilung und Schwangerschaft spielt sie eine entscheidende Rolle. Ein Mangel kann schwerwiegende Folgen haben. Doch was genau ist Folsäure, wie wirkt sie im Körper, und worauf sollte man bei der Zufuhr achten? Dieser Artikel gibt einen Überblick über Bedeutung, Funktion, Bedarf und Quellen dieses wichtigen Vitamins.
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Folsäure – Definition
Folsäure ist eine Form des Vitamins B9 (auch Folat), das zu den wasserlöslichen B-Vitaminen gehört. Sie spielt eine zentrale Rolle im Zellwachstum, bei der DNA-Synthese, der Blutbildung und besonders während der Schwangerschaft für die Entwicklung des Neuralrohrs beim Embryo.
Folsäure – Wirkung
Folsäure (Vitamin B9) spielt eine zentrale Rolle im menschlichen Stoffwechsel und ist essenziell für zahlreiche lebenswichtige Prozesse im Körper. Ihre biologisch aktive Form ist die Tetrahydrofolsäure (THF), die als Cofaktor für die Übertragung von sogenannten C1-Gruppen dient. Diese Übertragungsreaktionen sind von grundlegender Bedeutung für den Zellstoffwechsel, insbesondere für die DNA- und RNA-Synthese, den Aminosäurestoffwechsel sowie die Blutbildung (Hämatopoese).
DNA- und RNA-Synthese
Tetrahydrofolat ist an der Synthese von Purinen und Pyrimidinen beteiligt, den Bausteinen der Nukleinsäuren. Dadurch ist Folsäure unentbehrlich für Zellteilung und -wachstum.
Purinbasen (Adenin, Guanin) werden über einen komplexen Syntheseweg gebildet. Dabei ist THF notwendig für die Bereitstellung von Formylgruppen in zwei entscheidenden Schritten. Ohne diese Schritte ist keine de-novo-Synthese von DNA und RNA möglich.
Im Pyrimidinstoffwechsel ist Folsäure entscheidend für die Umwandlung von Desoxyuridinmonophosphat (dUMP) zu Desoxythymidinmonophosphat (dTMP). Das ist ein wichtiger Schritt für die Thymidin-Bildung, die ausschließlich in DNA vorkommt. Katalysiert wird die entscheidende Reaktion durch die Thymidylat-Synthase. Ein Mangel an Folsäure führt so auch zu einem Thymidin-Mangel, was wiederum zu Fehlern bei der DNA-Replikation und Reparatur führt.
Aminosäurestoffwechsel
Folsäure ist im Aminosäurestoffwechsel essenziell für Methylierungsreaktionen. Dabei ist sie insbesondere an der Umwandlung von Homocystein zu Methionin beteiligt. Die Reaktion wird katalysiert durch das Enzym Methioninsynthase, das zwingend auf Vitamin B₁₂ als Cofaktor angewiesen ist.
Methionin ist eine essenzielle Aminosäure und Vorläufer von S-Adenosylmethionin (SAM), dem wichtigsten universellen Methylgruppendonor im menschlichen Stoffwechsel. SAM ist zum Beispiel beteiligt an DNA- und Proteinmethylierung, Neurotransmittersynthese und Phospholipidstoffwechsel.
Ein Mangel an Folsäure kann erhöhte Homocysteinwerte (Hyperhomocysteinämie) zur Folge haben. Diese sind assoziiert mit erhöhtem Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen. Ein Gestörter Methionin- und SAM-Stoffwechsel hat Auswirkungen auf Methylierungsvorgänge in der Zelle, mit potenziellen Folgen für Genregulation, Zellwachstum und Reparaturmechanismen.
Blutbildung (Hämatopoese)
Folsäure spielt eine zentrale Rolle in der Hämatopoese, also der Bildung der Blutzellen im Knochenmark. Ihre Wirkung beruht vor allem auf ihrer Funktion als Cofaktor bei der Synthese von Nukleinsäuren (DNA, RNA).
Ein Mangel an Folsäure führt zu einer gestörten Zellteilung, da die DNA-Synthese verlangsamt oder unterbrochen ist. Es kommt zu unreife Zellformen im Blutbild, insbesondere zu vergrößerten Erythrozyten (Makrozytose) und Megaloblasten im Knochenmark. Das klinische Bild ist die sogenannte megaloblastäre Anämie.
Schwangerschaft
Folsäure (Vitamin B9) spielt eine entscheidende Rolle bei der frühen embryonalen Entwicklung, insbesondere bei der Bildung des Neuralrohrs, aus dem sich später Gehirn und Rückenmark entwickeln. Da die Neuralrohrbildung ein Prozess mit intensiver Zellteilung und Gewebedifferenzierung ist, führt ein Mangel an Folsäure zu einem gestörten Zellwachstum und -schluss des Neuralrohrs.
Ein Folsäuremangel in der Frühschwangerschaft kann schwerwiegende Fehlbildungen wie die Spina bifida, einen Anenzephalus oder eine Enzephalozele verursachen. Durch rechtzeitige Zufuhr von Folsäure kann das Risiko für Neuralrohrdefekte signifikant reduziert werden.
Folsäure – Bedarf
Der menschliche Körper ist auf eine regelmäßige Zufuhr von Folsäure angewiesen, da er dieses lebenswichtige Vitamin nicht selbst synthetisieren kann. Besonders in Phasen mit hoher Zellteilungs- und Wachstumsaktivität – wie während der Schwangerschaft, Kindheit oder bei der Blutbildung – steigt der Bedarf deutlich an. In folgender Tabelle sind die empfohlenen Tagesdosen an Folat für die einzelnen Alters- und Risikogruppen laut deutscher Gesellschaft für Ernährung (DGE) angegeben.
Folatäquivalente sind eine Maßeinheit, die verwendet wird, um die biologische Verfügbarkeit von Folsäure aus verschiedenen Quellen vergleichbar zu machen. Der Körper kann synthetische Folsäure aus Nahrungsergänzungsmitteln besser verwerten als natürliches Folat aus Lebensmitteln, was durch die Umrechnung in Folatäquivalente berücksichtigt wird.
| Alter | Tagesdosis [μg Folatäquivalent/Tag] |
| 0-4 Monate | 60 |
| 4-12 Monate | 80 |
| 1-4 Jahre | 120 |
| 4-7 Jahre | 140 |
| 7-10 Jahre | 180 |
| 10-13 Jahre | 240 |
| 13-65 Jahre | 300 |
| Schwangere | 550 |
| Stillende | 450 |
Aufnahme
Im Dünndarm wird Folsäure über den Folattransporter in die Dünndarmzellen aufgenommen. Vor der Aufnahme sorgt noch eine Glutamycarboxypeptidase im Bürstensaum der Enterozyten für eine Abspaltung des Glutamatrestes der Folsäure. Dann wird das Vitamin ins Blut abgegeben und an bestimmt Proteine gebunden durch den Körper transportiert. Die Aufnahme in die Zielzelle erfolgt über einen weiteren Folsäuretransporter.
Vorkommen
Folsäure kommt natürlicherweise in vielen pflanzlichen und tierischen Lebensmitteln vor, insbesondere in grünem Blattgemüse wie Spinat, Salat, Brokkoli und Spargel. Auch Hülsenfrüchte wie Linsen und Bohnen, Vollkornprodukte, Nüsse, Sprossen sowie Obstsorten wie Orangen oder Bananen sind gute Quellen. Unter den tierischen Lebensmitteln enthalten vor allem Leber und andere Innereien hohe Mengen an Folsäure. Geringe Mengen werden zudem von den Bakterien der Darmflora synthetisiert.
Folsäure-Synthese
Folsäure kann ausschließlich von Pflanzen und Mikroorganismen selbst synthetisiert werden. Dazu zählen grüne Pflanzen wie Blattgemüse und Hülsenfrüchte. Sie bilden Folsäure im Rahmen ihres Stoffwechsels. Bakterien und andere Mikroorganismen können auch Folsäure selbst herstellen. Sie sind unter anderem Teil der menschlichen Darmflora. Menschen und Tiere sind hingegen nicht in der Lage, Folsäure selbst herzustellen, sie müssen das Vitamin regelmäßig mit der Nahrung aufnehmen.
Folsäure – Mangel
Ein Folsäuremangel hat vielfältige und teils schwerwiegende Folgen, da Folsäure als essenzieller Cofaktor in der DNA-Synthese und Zellteilung benötigt wird. Besonders betroffen sind Gewebe mit hoher Zellteilungsrate, wie das Knochenmark. Dort führt ein Mangel zu einer gestörten Erythropoese mit der Bildung unreifer, vergrößerter roter Blutkörperchen, was das typische Bild einer megaloblastären Anämie hervorruft. Klinisch äußert sich dies durch Symptome wie Müdigkeit, Blässe, Leistungsabfall und Dyspnoe.
Zusätzlich kann es bei gleichzeitigem Vitamin-B₁₂-Mangel zu neurologischen Symptomen kommen, da die Remethylierung von Homocystein zu Methionin gestört ist. In der Frühschwangerschaft kann ein Folsäuremangel zu schweren Fehlbildungen des Neuralrohrs beim Embryo führen, wie beispielsweise eine Spina bifida oder ein Anenzephalus. Daher ist eine ausreichende Folsäurezufuhr in der Schwangerschaft von zentraler präventiver Bedeutung.
Häufige Fragen
- Was ist Folsäure und wofür braucht der Körper sie?
- Welche Lebensmittel enthalten besonders viel Folsäure?
- Wie hoch ist der tägliche Bedarf an Folsäure?
- Was passiert bei einem Folsäuremangel?
- Kann man Folsäure überdosieren?
Folsäure ist eine Form von Vitamin B9, das der Körper für lebenswichtige Prozesse benötigt. Sie spielt eine zentrale Rolle bei der DNA- und RNA-Synthese, der Zellteilung, dem Aminosäurestoffwechsel und der Blutbildung. Besonders in Zeiten schnellen Wachstums – wie während der Schwangerschaft – ist Folsäure unerlässlich, unter anderem zur Vorbeugung von Neuralrohrdefekten beim ungeborenen Kind.
Folsäure ist in vielen pflanzlichen und tierischen Lebensmitteln enthalten, besonders reichhaltig jedoch in grünem Blattgemüse wie Spinat, Mangold oder Feldsalat. Auch Hülsenfrüchte wie Linsen und Kichererbsen, Vollkornprodukte, Nüsse und Samen liefern nennenswerte Mengen. Unter den Obstsorten gelten insbesondere Orangen, Bananen und Avocados als gute Quellen.
Der tägliche Bedarf an Folsäure wird in Folatäquivalenten (FE) angegeben und variiert je nach Lebensphase und Bedarfssituation. Bei Erwachsenen liegt es bei ca. 300 µg FE/Tag, Schwangere haben einen höheren Bedarf von ca. 550 µg FE/Tag.
Warum ist Folsäure besonders wichtig in der Schwangerschaft?
Folsäure ist in der Schwangerschaft besonders wichtig, weil sie eine zentrale Rolle bei der Zellteilung, DNA-Synthese und Gewebeentwicklung spiel. Ein ausreichender Folsäurespiegel ist entscheidend für die korrekte Ausbildung des Neuralrohrs, aus dem sich Gehirn und Rückenmark entwickeln. Ein Mangel in den ersten Schwangerschaftswochen kann zu schweren Neuralrohrdefekten wie Spina bifida oder Anenzephalus führen.
Ein Folsäuremangel stört die DNA-Synthese und Zellteilung, was besonders die Blutbildung beeinträchtigt und zu einer megaloblastären Anämie mit Symptomen wie Müdigkeit, Blässe und Schwäche führt. Zudem steigt der Homocysteinspiegel, was das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen kann. In der Schwangerschaft kann ein Mangel schwerwiegende Fehlbildungen beim Embryo verursachen, insbesondere Neuralrohrdefekte wie Spina bifida.
Eine Überdosierung von Folsäure über die Nahrung ist kaum möglich, wohl aber durch hochdosierte Nahrungsergänzungsmittel. Zu viel Folsäure kann einen Vitamin-B12-Mangel überdecken und so neurologische Schäden unerkannt fortschreiten lassen.
- Löffler/Petrides: Biochemie und Pathobiochemie, Springer, 10. Auflage
- Folsäure, https://www.dge.de/... (Abrufdatum: 07.08.2025)




