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In vielen Knochen des menschlichen Körpers befindet sich eine Art Fabrik, die am laufenden Band die lebenswichtigen Zellen des Blutes produziert: das Knochenmark. Erkrankungen des Knochenmarks sind oftmals sehr schwerwiegend und enden nicht selten tödlich. Die einzige Chance auf eine Heilung besteht daher häufig in einer Transplantation. Alles zu Aufbau, Funktion und den wichtigsten Erkrankungen des Knochenmarks gibt es in diesem Artikel.
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Was ist das Knochenmark?
Das Knochenmark (Medulla ossium, KM) ist ein schwammartiges Weichgewebe, dass die Hohlräume aller Knochen ausfüllt. Es besteht überwiegend aus Bindegewebe sowie Stammzellen und gehört, genau wie der Thymus, zu den primären lymphatischen Organen. Das Knochenmark ist unter anderem für die Blutbildung (Hämatopoese) zuständig. Je nach hämatopoetischer Aktivität unterscheidet man gelbes und rotes KM. Kinder haben ausschließlich rotes Knochenmark, während es bei Erwachsenen zunehmend durch die gelbe Form verdrängt wird.
Knochenmark – Anatomie und Histologie
Das Knochenmark befindet sich in den Markräumen der meisten Knochen, vor allem aber in langen Röhrenknochen und platten Knochen. In seiner Gesamtheit macht es etwa vier bis fünf Prozent des Körpergewichts aus.
In mikroskopischer Hinsicht unterteilt man das KM in zwei Kompartimente:
- Hämatopoesekompartiment (Reifung der Blutzellen)
- Blutkompartiment (Ort, wo reife Zellen ins Blut gelangen)
Anhand des Gehalts an Fettzellen im Kompartiment der Hämatopoese unterscheidet man ein gelbes und ein rotes Knochenmark.
Dritte KM-Form: Gallertmark
Klinisch lässt sich eine weitere Form des Knochenmarks differenzieren, das sogenannte "Gallertmark". Dabei handelt es sich um eine atrophische, pathologische Form mit einer gräulich-glasigen Farbe. Gallertmark tritt vor allem bei konsumierenden Erkrankungen, im hohen Alter oder bei Kachexie auf. Es entsteht durch einer Verdrängung der Fettzelleninhalte durch seröse Flüssigkeit.
Das Hämatopoesekompartiment, der Extravasalraum, beinhaltet aufgrund seiner wichtigen Aufgaben eine Vielzahl von Zellen. Hier findet man hauptsächlich:
- Hämatopoetische Stammzellen
- Unreife und reife Blutzellstadien (z. B. Erythroblasten)
- Plasmazellen
- Stroma (retikuläres Bindegewebe, fibroblastische Retikulumzellen, Makrophagen, Fettzellen)
Im intravasalen Raum hingegen (Blutkompartiment) trifft man auf weitlumige, blutgefüllte Sinusoide. Diese besitzen ein diskontinuierliches Endothel mit Fenestrierung, wodurch die Zellen in den Blutkreislauf übertreten können.
Rotes Knochenmark
Das rote KM besitzt aufgrund des Hämoglobingehalts der Erythrozytenvorstufen eine rötlich-braune Farbe. Diese Form des Marks findet sich bei Kindern in allen Knochen. Bei Erwachsenen beschränkt es sich allerdings auf kurze und platte Knochen (z. B. Sternum, Wirbelkörper, Schädelknochen, Scapula, Rippen, Beckenkamm) sowie die Epiphysen der langen Röhrenknochen (z. B. Kopf von Femur oder Humerus).
Gelbes KM
Gelbes Knochenmark, auch “Fettmark” genannt, bekommt sein Farbe durch die Retikulumzellen, welche vermehrt Fett eingelagert haben. Diese gelblich-graue Substanz befindet sich vor allem in den Diaphysen der Röhrenknochen, beim Erwachsenen außerdem in den Meta- und Diaphysen.
Knochenmark Funktion: Blutbildung
Das Knochenmark ist nach der Geburt als einziges Organ für die Blutbildung (Hämatopoese) zuständig. Aus den Blutstammzellen können sich prinzipiell zwei Zellreihen entwickeln:
Myeloische Zellreihe | Lymphatische Zellreihe |
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Die Vorläuferzellen der Blutzellen sitzen im Knochenmark in einem bindegewebigen Netz und teilen sich kontinuierlich, vor allem verstärkt auf hormonelle Reize hin. Ausgereifte Zellen werden anschließend in die das Mark durchziehenden Gefäße abgegeben und gelangen so in den Blutkreislauf.
Ausnahme Zellreifung: Lymphozyten
Die Lymphozyten stellen hinsichtlich ihrer Reifung im KM eine Ausnahme dar. Sie verbleiben nicht bis zur vollständigen Ausreifung im Knochen, sondern verlassen das Mark schon früher. Ihre Reifung zur vollen Funktionsfähigkeit wird erst im lymphatischen Gewebe des Körpers vollendet, also in Lymphknoten, Milz, Mandeln, Thymus und Darmschleimhaut.
Knochenmark – Klinik und Krankheiten
Defekte des Knochenmarks resultieren normalerweise in einer gestörten Zusammensetzung des Hämatokrits, also des zellulären Blutanteils. Die Ursachen für eine solche Störung sind jedoch sehr unterschiedlich und können durch Medikamente, toxische Stoffe, Strahlung oder Erkrankungen entstehen. Häufige Krankheitsbilder des Knochenmarks sind zum Beispiel:
KM-Erkrankung | Kurzbeschreibung |
Leukämie | Massive Vermehrung der Leukozyten, Unterscheidung anhand der Zellart sowie des Verlaufs |
Myelodysplastische Syndrome | Produktion fehlerhafter / nicht voll funktionsfähiger Blutzellen |
Primäre Myelofibrose | Fibrose des Knochenmarks und daraus resultierender Mangel aller Blutzellarten (Panzytopenie) |
Osteomyelitis | Bakterielle Entzündung des Markraums |
Aplastische Anämie | Insuffizienz des KM, Anämie (und eventuell Bi- oder Panzytopenie) |
Punktion
Um Veränderungen der blutbildenden Zellen zu erkennen, kann eine Punktion des Knochenmarks erfolgen. Diese führt man meist über die Spina iliaca posterior superior durch. Man unterscheidet bei der Punktion zwei verschiedene Vorgehensweisen. Zum einen die Biopsie (Stanze), wobei eine KM-Gewebeprobe entnommen, entkalkt und anschließend zur Beurteilung angefärbt wird. Zum anderen gibt es noch die Knochenmarksaspiration. Dabei werden einige Zellen des Marks per Nadel abgesaugt und diese danach als Ausstrich auf einen Objektträger zur Untersuchung aufgetragen.
Knochenmark spenden und Transplantation
Bei vielen Erkrankungen des Knochenmarks stellt eine Transplantation von Knochenmark die einzige Chance auf Heilung dar. Zunächst muss für dieses Verfahren natürlich eine passende Spenderperson gefunden werden. Hat man das geschafft, entnimmt man circa einen Liter rotes Knochenmark. Aus dieser Spende werden wiederum die enthaltenen Stammzellen in Form eines Knochenmarkskonzentrats angereichert.
Vor der Transplantation muss jedoch das Mark des kranken Empfängers mittels Bestrahlung und/oder Chemotherapie zerstört werden. Somit lassen sich die kranken Zellen im Körper sowie die Wahrscheinlichkeit einer Immunabwehrreaktion auf das Transplantat reduzieren. Das KM-Konzentrat kann dann der erkrankten Person per Venenkatheter verabreicht werden. Die neuen Stammzellen migrieren aus dem Blut in das Knochenmark und beginnen dort mit der Hämatopoese. Die entnommene Menge Knochenmark regeneriert sich bei der spendenden Person in rund zwei Wochen wieder.
Häufige Fragen
- Was ist die Aufgabe des Knochenmarks?
- Wo befindet sich das Knochenmark?
- Bei welchem Verdacht wird Knochenmark entnommen?
Die wichtigste Aufgabe des Knochenmarks besteht in der Blutbildung. Diesen Vorgang bezeichnet man auch als “Hämatopoese”. Im Rahmen der Hämatopoese werden Erythrozyten, Leukozyten und Thrombozyten im Knochenmark gebildet.
Das Knochenmark befindet sich in den Markräumen der meisten Knochen, vor allem aber in langen Röhrenknochen und platten Knochen.
Um Veränderungen der blutbildenden Zellen des Knochenmarks zu erkennen, kann eine Punktion des Knochenmarks erfolgen. Diese führt man meist über die Spina iliaca posterior superior durch. Anhand der Untersuchung des entnommenen Knochenmarks lassen sich Rückschlüsse auf eventuelle Krankheiten ziehen.
- Knochenmark und Blutbildung, https://next.amboss.com/... (Abrufdatum: 08.12.2023)
- Knochenmark, https://viamedici.thieme.de/... (Abrufdatum: 08.12.2023)
- Lymphatisches System, https://next.amboss.com/... (Abrufdatum: 08.12.2023)
- Grundlagen der Hämatologie, https://next.amboss.com/... (Abrufdatum: 08.12.2023)
- Myeloproliferative Neoplasien, https://next.amboss.com/... (Abrufdatum: 08.12.2023)
- Osteomyelitits und Osteitis, https://next.amboss.com/... (Abrufdatum: 08.12.2023)
- Aplastische Anämie, https://next.amboss.com/... (Abrufdatum: 08.12.2023)
- Hämatologische Diagnostik: Überblick, https://viamedici.thieme.de/... (Abrufdatum: 08.12.2023)