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Pflegeverweigerung stellt Pflegende und Angehörige oft vor große Herausforderungen. Wenn pflegebedürftige Menschen notwendige Unterstützung ablehnen, kann das zu Unsicherheit, Fragen, Zeitdruck und Konflikten führen. Die Gründe dafür sind vielfältig – körperlich, psychisch, emotional oder kulturell bedingt. Um angemessen reagieren zu können, ist es entscheidend, Pflegeverweigerung nicht als bloße Ablehnung zu werten, sondern als Ausdruck eines dahinterliegenden Bedürfnisses oder Problems.
Mehr zu Hintergründen und Lösungen enthält dieser Artikel.
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Pflegeverweigerung – Definition
Pflegeverweigerung bezeichnet die bewusste Ablehnung oder das Unterlassen notwendiger pflegerischer Maßnahmen durch eine pflegebedürftige Person. Die häufigere Form betrifft Pflegebedürftige, die z. B. Hilfe beim Waschen, Essen, Ankleiden oder bei medizinischer Versorgung ablehnen, obwohl diese Maßnahmen notwendig wären. Gründe können Angst, Scham, Schmerzen, Demenz, psychische Erkrankungen oder ein Wunsch nach Selbstbestimmung sein.
Im professionellen Kontext ist zwischen selbstbestimmter Verweigerung und tatsächlicher Gefährdung abzuwägen – etwa im Spannungsfeld zwischen Autonomie und Fürsorgepflicht. Besonders frustrierend wird die Pflegeverweigerung bei der Pflege von Angehörigen – immerhin kommen hier Emotionen, Sorge und Hilflosigkeit auch von der pflegenden Seite hinzu.
Warum verweigern Patienten die Pflege?
Pflegen und gepflegt zu werden ist besonders zu Beginn neuer Pflegemaßnahmen ein Drahtseilakt. Die würdevolle Versorgung der gepflegten Person sollte dabei im Mittelpunkt stehen. Besonders im Verhältnis mit pflegenden Angehörigen können dabei durch neue intimere Verhältnisse (Kontakt mit Körpersekreten, Intimreinigung oder ähnlichem) Schamgefühle, Frustration und Sorge auf beiden Seiten aufkommen. Aber auch professionelle Pflegekräfte können mit diesen Situationen konfrontiert werden.
Furcht
Furcht ist normalerweise ein Schutzmechanismus, der vor Verletzung oder Gefahren schützen kann. Im Pflegezusammenhang kann Furcht aber nötige Pflegemaßnahmen verhindern und Schwierigkeiten hervorrufen. Um eine pflegebedürftige Person mit Furcht aus der Pflegeverweigerung zu helfen, ist es wichtig, die möglichen Ursachen zu kennen:
- Besonders häufig steht bei der Furcht die Angst vor dem Kontrollverlust im Fokus der Pflegeverweigerung. Mit der Pflegebedürftigkeit beginnt ein neuer Abschnitt im Leben, der zwar eine zuvor bestehende Situation erleichtern kann, aber eben auch die Einsicht der Hilfsbedürftigkeit mit sich bringt. In Übergangsphasen kann die Angst der Abhängigkeit auch die Sorge mitbringen, nicht in das alte Leben zurückkehren zu können.
- Besonders bei Intimpflege oder Hilfe beim Toilettengang empfinden viele Menschen Scham. Die Angst, sich bloßzustellen oder die Würde zu verlieren, kann zur Ablehnung führen. Dies gilt vor allem bei pflegenden Angehörigen, die normalerweise vielleicht in einem anderen Verhältnis zur pflegebedürftigen Person stehen, beispielsweise ihre Kinder.
- Einige Pflegeschritte können auch Schmerzen mit sich bringen. Pflegebedürftige können sich vor diesen Schmerzen fürchten oder Schmerzen von vergangenen Pflegeerfahrungen erinnern und Pflegeverweigerung als Resultat einer Art von Trauma äußern. Entsprechend ist diese Situation besonders schwierig, da das Ignorieren oder Kleinreden von Schmerzen wiederum ein Trauma vertiefen oder hervorrufen kann.
- Furcht kann auch krankheitsbedingt auftreten – z. B. als paranoides Misstrauen oder durch Verkennung der Situation (etwa bei Demenz), was zu aggressiver oder stiller Verweigerung führen kann.
Fehlende Einsicht
Pflegeverweigerung kann auch auf fehlender Einsicht in die eigene Pflegebedürftigkeit beruhen – etwa, wenn Betroffene ihre gesundheitliche Situation verkennen oder die Notwendigkeit bestimmter Maßnahmen nicht nachvollziehen können. Gerade bei Auftreten neuer Erkrankungen oder Einschränkungen kann die Pflegeverweigerung auch Teil des Wegs zur Krankheitseinsicht sein.
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Sprachliche Barrieren
Sprachliche Barrieren sind besonders in Kliniken oder generell gegenüber Fremden ein Grund für die Pflegeverweigerung. Missverständnisse können zu Frustration führen oder wiederum auch Ängste schüren, da beispielsweise einzelne Pflegeschritte nicht einfach genug erklärt werden können. Besonders große Kliniken haben deshalb mittlerweile häufig Listen mit Mitarbeitenden, auf denen beschrieben ist, wer welche Sprache spricht und vielleicht in der Lage ist, zu dolmetschen. Gleichzeitig kann es manchmal schon helfen, über die medizinischen Kreise hinauszudenken und eine leichtere Sprache zu verwenden.
Kulturelle oder religiöse Gründe
Kulturelle oder religiöse Gründe können zur Pflegeverweigerung führen, wenn pflegerische Maßnahmen im Widerspruch zu den Wertvorstellungen, Traditionen oder Glaubensregeln der betroffenen Person stehen. Beispiele sind das Ablehnen von Pflege durch Personen des anderen Geschlechts, bestimmte Rituale bei der Körperpflege oder Ernährungsvorschriften. Wird diesen Bedürfnissen nicht ausreichend Rechnung getragen, kann dies zu Misstrauen, Scham oder Verweigerungshaltung führen.
Pflegeverweigerung – Lösungen
Eins ist klar: Pflegeverweigerung ist nicht die Lösung. Pflege ist essenziell für die Behandlung von Krankheiten und häufig für das würdevolle Leben im Alter und mit chronischer Krankheit oder Behinderung. Nun gilt es, eine Lösung für die Situation zu finden. Dabei gibt es keine Pauschallösung, sondern es gilt, geduldig mit der gepflegten Person sowie mit ihren Angehörigen zu sprechen. Nur so können die individuellen Möglichkeiten und Wünsche in eine persönliche Lösung einfließen.
Wenn Garnichts hilft: Darf ich jemanden zur Pflege zwingen?
Grundsätzlich gilt in Deutschland: Pflegebedürftige dürfen nicht gegen ihren Willen zu pflegerischen Maßnahmen gezwungen werden, da jede Person ein Recht auf Selbstbestimmung hat (§ 630d BGB, § 1901 BGB). Ausnahmen sind nur in engen rechtlichen Grenzen möglich – etwa bei erheblicher Selbst- oder Fremdgefährdung und nur mit gerichtlicher Genehmigung im Rahmen einer Betreuung oder Unterbringung nach PsychKG oder BGB. Zwangspflege ist daher nur in extremen Ausnahmesituationen zulässig und immer an strenge rechtliche Voraussetzungen gebunden.
Geduldig sein
Geduld ist schon für professionelle Pflegekräfte manchmal eine Herausforderung – da kann sie für „Laien“, also pflegende Angehörige, zur ernsthaften Herausforderung werden. Bei der Geduldsprobe kann helfen, sich in die Situation von Pflegebedürftigen einzudenken: Was ändert sich jetzt alles in ihrem Leben? Welche emotionalen Herausforderungen bringt das mit sich? Müssen sie sich in einem neuen Umfeld oder mit engem Kontakt zu Fremden zurechtfinden?
Nachfragen
Niemand kann in den Kopf einer anderen Person hineinschauen. Um der Pflegeverweigerung auf den Grund zu gehen, sollte man also auch die pflegebedürftige Person in den Mittelpunkt stellen und nach ihren Wünschen, Sorgen und Problemen fragen. Pflegebedürftige sind in den meisten Fällen mündige Erwachsene, die ihre eigene Sichtweise auf die Welt haben. Wenn die Pflege nach ihren Vorstellungen passiert, ist auch die Wahrscheinlichkeit der Pflegeverweigerung geringer.
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Probleme darstellen
Das offene Benennen und Sichtbarmachen der Pflegeverweigerung ist ein wichtiger erster Schritt zur Lösung. Indem das Problem wertfrei angesprochen und dokumentiert wird, können Ursachen gemeinsam mit dem Pflegebedürftigen – sofern möglich – reflektiert und passende Maßnahmen entwickelt werden. Dies schafft Transparenz im Team, fördert Verständnis und ermöglicht eine individuelle, bedürfnisorientierte Herangehensweise.
Hilfe von extern
Manchmal ist es im Rahmen der Lösungssuche bei Pflegeverweigerung sinnvoll, Dritte mit ins Boot zu holen. Dann kann im Fall der Pflege durch Angehörige eine Person von extern sein, die vielleicht als wissende Bekannte oder professionelle Fremde mit Pflegebedürftigen Wünsche besprechen kann, die sie weniger gern mit ihren Nahestehenden bereden. Andersherum kann bei der Pflege durch eine fremde Fachkraft eine angehörige Person mit höherer Wahrscheinlichkeit zwischen den Fronten vermitteln.
Vorschläge machen
Manchmal kann die gepflegte Person, die unzufrieden mit der aktuellen Pflegesituation ist, vielleicht nicht genau benennen, welcher Aspekt sie stört. Hier kann es helfen, unverbindliche Lösungsvorschläge zu machen oder auch gemeinsam besprechen, wie verschiedene Lösungswege aussehen könnten. Wichtig ist beispielsweise, dass pflegende Angehörige sich nicht angegriffen fühlen, wenn etwa die Pflege durch eine externe Person gewünscht wird.
Positive Aspekte betonen
Das Betonen positiver Aspekte kann helfen, Pflegeverweigerung zu überwinden, indem der Fokus auf Nutzen und Wohlbefinden gelenkt wird. Wird zum Beispiel vermittelt, dass die Maßnahme zur Schmerzlinderung, Erholung oder Selbstständigkeit beiträgt, kann dies Ängste abbauen und die Bereitschaft zur Mitarbeit fördern. Eine wertschätzende, ermutigende Kommunikation stärkt das Vertrauen und unterstützt eine kooperative Pflegebeziehung.
Kleine Schritte
Bei der Pflegeverweigerung gilt: Schon ein kleiner Erfolg ist ein Erfolg! Lässt eine pflegebedürftige Person, die zuvor vollkommen die Pflege verweigert hat, sich den Rücken waschen, ist dies der erste Schritt in Richtung Akzeptanz der Pflege. Das kann man wiederum positiv betonen und beispielsweise das positive Gefühl mit den Pflegebedürftigen besprechen.
Pflegeverweigerung – Fazit
Pflegeverweigerung ist ein vielschichtiges Phänomen, das ernst genommen und nicht vorschnell als Widerstand abgetan werden sollte. Sie kann auf Ängsten, Scham, fehlender Einsicht oder kulturellen Unterschieden beruhen. Wichtig ist nicht der schnelle ruppige Umgang mit der Situation, sondern eine sensible, individuell angepasste Herangehensweise. Durch empathische Kommunikation, das Ernstnehmen der Beweggründe und kreative Lösungsansätze lässt sich oft ein Zugang finden, der sowohl die Autonomie der pflegebedürftigen Person wahrt als auch die notwendige Versorgung sichert.
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- Pflege verweigert, https://www.noracares.at/... (Abrufdatum: 20.06.2025)