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Die Retina wird auch als Netzhaut bezeichnet. Der medizinische Begriff leitet sich von dem lateinischen Wort “rete” (“Netz”) ab. Es handelt sich um ein mehrschichtiges Nervengewebe, das die Innenseite der Augenwand auskleidet und vom Rand der Pupille bis hin zum Sehnerv (Nervus opticus) reicht. Die Aufgabe der Retina besteht darin, Licht- und Farbreize zu verarbeiten und sie an den Sehnerv weiterzuleiten. Ihren Namen hat die Netzhaut dem netzähnlichen Muster ihrer Blutgefäße zu verdanken. Genau wie die Fingerabdrücke, ist dieses Muster bei jedem Menschen einzigartig. Mehr dazu in diesem Artikel.
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Retina (Netzhaut) – Definition
Trotz ihrer überaus geringen Dicke (200 Mikromillimeter) besteht die Retina (Netzhaut) aus zehn verschiedenen Gewebeschichten. Da sie die Innenseite des menschlichen Auges auskleidet, wird sie gelegentlich auch als “innere Augenhaut” bezeichnet. Die Netzhaut liegt zwischen dem Glaskörper und der Bruch-Membran, einem Teil der Aderhaut.
Die Retina lässt sich nach Lichtempfindlichkeit, Morphologie und Funktion in mehrere Teile unterteilen. Ihr Aufbau ist sehr komplex, ihre Histologie überaus differenziert. Die Lichtsinneszellen (Fotorezeptoren) der Retina dienen als erste Stufe der Bildverarbeitung. Diese Zelltypen bestimmen, welche Lichtreize weiterverarbeitet werden sollen. Sie wandeln die Lichtreize in neuronale Signale um und leiten sie zur Weiterverarbeitung an die nachgeschalteten Nervenzellen.
Das menschliche Auge enthält Lichtsinneszellen in der Form von Stäbchen und Zapfen. Die Stäbchen sind für das Dämmerungs- und Nachtsehen verantwortlich, während die Zapfen-Fotorezeptoren für das Farben- und Tageslichtsehen zuständig sind.
Im menschlichen Auge gibt es drei verschiedene Arten von Zapfen. Jede Zapfenart wird durch verschiedene Wellenlängenbereiche erregt, wobei jeweils eine Zapfenart auf grünes, blaues oder rotes Licht reagiert. Die Reaktionen der Zapfen auf die verschiedenen Wellenlängen des Lichts kreieren ein Erregungsmuster in den Nervenzellen des Großhirns, was schlussendlich zur Wahrnehmung differenzierter Farbtöne führt.
Retina (Netzhaut) – Anatomie und Aufbau
Die Retina lässt sich in zehn Schichten und zwei Teile unterteilen. Dabei sollte man sich merken, dass die äußeren Schichten der Netzhaut näher zum Schädelknochen und zur Augenhöhe liegen, wohingegen sich die inneren Schichten an den Glaskörper schmiegen. Der Lichteinfall erfolgt demnach von innen nach außen: Durch die Pupille tritt das Licht in den Glaskörper ein, von wo aus es zuerst die inneren und zuletzt die äußeren Schichten der Retina erreicht.
Pars caeca retinae und Pars optica retinae: der vordere und hintere Teil der Netzhaut
Die Retina setzt sich aus einem vorderen, lichtempfindlichen (Pars optica retinae) und einem hinteren, lichtunempfindlichen Teil (Pars caeca retinae) zusammen. Die beiden Bereiche gehen an der gezackten Grenzlinie (Ora serrata) ineinander über. Die Pars optica retinae ist durch einen mehrschichtigen Aufbau gekennzeichnet, in dem sich zellarme und zellreiche Schichten abwechseln. Ein weiterer Berührungspunkt der beiden Teile ist die Austrittsstelle des Nervus opticus.
Zwei Areale der Netzhaut sind für den Sehvorgang besonders wichtig. Bei diesen handelt es sich um den sogenannten Gelben Fleck (Macula lutea) mit der Sehgrube (Fovea centralis) sowie um den Blinden Fleck. Die Fovea hat einen Durchmesser von ungefähr anderthalb Millimetern und befindet sich mitten im Gelben Fleck. Beim Menschen ebenso wie bei anderen Säugetieren ist sie der Bereich des schärfsten Sehens. Die Dichte der Fotorezeptoren ist in der Macula lutea besonders hoch, erreicht in der Fovea centralis jedoch ihr Maximum. In der gefäßfreien Fovea befinden sich allerdings ausschließlich Zapfen zur Farbwahrnehmung, die mosaikartig angeordnet sind.
In der Mitte der Fovea sitzt die Foveola (Grübchen), die den okulomotorischen Nullpunkt darstellt und für das Geradeaussehen verantwortlich ist. Die Areale um die Fovea herum (extrafoveale Areale) sind somit für das periphere Sehen zuständig.
Das Auge verfügt jedoch auch über ein Areal, in dem sich keine Lichtrezeptoren befinden. Es handelt sich um den sogenannten Blinden Fleck – die Stelle, an der die Netzhaut auf den Sehnerv trifft. Der Blinde Fleck wird auch als Papille oder Mariotte-Fleck bezeichnet. Die Nervenfasern der retinalen Ganglienzellen verlaufen in der Nähe des Glaskörpers, wo sie gebündelt werden und eine Lücke für den Austritt aus dem Augapfel benötigen. Ebendiese Lücke stellt der Blinde Fleck dar.
Die Schichten der Netzhaut
Von außen (fern des Augapfels) nach innen (nahe dem Augapfel) besteht die Netzhaut aus den folgenden Schichten:
- Stratum pigmentosum (Pigmentepithel)
- Stratum neuroepitheliale (Zapfen und Stäbchen)
- Stratum limitans externum (äußere Grenzschicht)
- Stratum nucleare externum (äußere Körnerschicht)
- Stratum plexiforme externum (äußere plexiforme Schicht)
- Stratum nucleare internum (innere Körnerschicht)
- Stratum plexiforme internum (innere plexiforme Schicht)
- Stratum ganglionare (Ganglienzellschicht)
- tratum neurofibrosum (Nervenfaserschicht)
- Stratum limitans internum (innere Grenzschicht)
Die Schichten zwei bis zehnwerden auch unter dem Begriff Stratum nervosum zusammengefasst. In der Fachliteratur wird das Stratum nervosum gelegentlich ohne das Stratum pigmentosum als eigentliche Netzhaut verstanden. In diesem Fall werden der Netzhaut neun Schichten zugeschrieben.
Das Stratum nervosum gehört zur Pars optica und ist an zwei Stellen mit dem Pigmentepithel (Stratum pigmentosum) verwachsen: an der Ora serrata ebenso wie an der Austrittsstelle des Sehnervs. Das Stratum pigmentosum hingegen ist einschichtig und setzt die Netzhaut gegen die Aderhaut ab. Es dient in erster Linie als eine Art Filter bei Lichtreizen. Darüber hinaus gewährleistet das Pigmentepithel die Versorgung der Lichtrezeptoren mit Sauerstoff und Nährstoffen.
Die Zäpfchen und Stäbchen des Stratum neuroepitheliale sind für die Lichtwahrnehmung zuständig. In der Netzhaut gibt es rund 120 Millionen Stäbchen. Die Anzahl der Zapfen ist jedoch viel geringer und liegt bei rund sechs bis sieben Millionen. Im Stratum nucleare externum befinden sich die Zellkerne der Zapfen- und Stäbchenzellen. Das Stratum nucleare internum hingegen beherbergt die Zellkörper der Bipolarzellen, die sensorische Informationen von den Zapfen- und Stäbchenzellen an die Ganglienzellen übermitteln. Im Stratum plexiforme internum befinden sich besonders viele Synapsen (Verschaltung der Neuronen), wodurch hier ein reger Informationsaustausch stattfindet.
Retina – Embryologie
Die embryonale Entwicklung des Auges und somit auch der Netzhaut ist äußerst komplex. In der frühen Embryogenese wird das Vorderhirnbläschen (Prosencephalon) angelegt, aus dem die Augenbläschen (Vesicula optica) hervorgehen. Aus den Augenbläschen entwickeln sich anschließend die Schichten der Retina mitsamt dem Stratum pigmentosum. Nach Bildung der Linsenplakode – einer Verdickung, aus der später die Augenlinse entsteht – wird das Augenbläschen zum Augenbecher umgebildet. Der Augenbläschenstiel wird zum Augenbecherstiel, durch den sich der Nervus opticus zieht. Letzterer verbindet die Retina mit dem Diencephalon (Zwischenhirn).
Der Augenbecher besteht zunächst aus zwei Schichten, die durch den Sehventrikel voneinander getrennt sind. Bei den Schichten handelt es sich um das Stratum pigmentosum und das Stratum nervosum. Im weiteren Verlauf der embryonalen Entwicklung schließt sich der Sehventrikel, allerdings verwachsen die beiden Schichten nie miteinander. Das ist der Grund, warum es im Rahmen einer Erkrankung oder eines Traumas zu einer Ablösung der Netzhaut vom Pigmentepithel kommen kann.
Retina (Netzhaut) – Aufgaben und Funktion
Die Aufgabe der Netzhaut besteht darin, Lichtreize aufzunehmen, die zu einem Bild verarbeitet werden. Das Licht tritt zuerst durch die Pupille, um anschließend Linse, Glaskörper und die Retina bis hin zum Stratum epitheliale zu durchdringen. Lediglich in der äußersten Schicht des Stratum nervosum, dem Stratum epitheliale, wird das Licht durch die Stäbchen und Zapfen wahrgenommen.
Im Stratum epitheliale wird das Licht in elektrische Impulse umgewandelt und weitergeleitet – und zwar in entgegengesetzter Richtung bis zur Nervenfaserschicht. Letztendlich erfolgt die Weiterleitung der Impulse zum Sehnerv, der die Signale an das Sehzentrum im Okzipitallappen des Großhirns weitergibt.
Retina (Netzhaut) – Klinik
Die Retina kann durch verschiedene Netzhauterkrankungen in ihrer Gesundheit und Funktion beeinträchtigt werden. Während einige Veränderungen der Netzhaut altersbedingt sind, können andere wiederum durch chronische Krankheiten hervorgerufen werden.
Diabetische Retinopathie
Die diabetische Retinopathie ist eine Folgeerscheinung des Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit). Als Ursache gilt ein schlecht kontrollierter Blutzuckerspiegel, der die kleinen Blutgefäße in der Retina schädigt. Den Netzhautzellen wird nicht ausreichend Sauerstoff zugeführt, sodass sie absterben. Im schlimmsten Fall können Betroffene erblinden.
Makulopathie
Im Bereich der Makula nimmt die Funktionsfähigkeit der Zellen allmählich ab. In der Regel ist die Makulopathie altersbedingt. Dabei beginnt die Erkrankung nicht in der Makula, sondern im Pigmentepithel, der Bruch-Membran und der Aderhaut. Im Pigmentepithel sammelt sich das sogenannt Lipofuszin (Alterspigment) an. Die Aderhaut wird nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt, wodurch das Pigmentepithel abstirbt. Die Sehschärfe nimmt ab, es kann zu einer hochgradigen Sehbehinderung bis hin zur Erblindung kommen.
Netzhautablösung
Bei der Netzhautablösung (Amotio retinae oder Ablatio retinae) löst sich die neurosensorische Netzhaut, also das Stratum nervosum, vom Pigmentepithel. Es kommt zu einer Ansammlung von Flüssigkeit zwischen den beiden Schichten. Eine Netzhautablösung ist stets ein augenärztlicher Notfall und muss so schnell wie möglich behandelt werden, da die betroffene Person ansonsten erblinden kann.
Retinopathia pigmentosa
Die Retinopathia pigmentosa ist eine erblich bedingte oder durch eine spontane Mutation hervorgerufene Netzhautdegeneration, bei der die Fotorezeptoren der Retina zerstört werden. Die ersten Symptome der Erkrankung treten in der Jugend bzw. im mittleren Alter auf und äußern sich als Nachtblindheit. Der Verlust der Sehkraft ist schleichend und kann sich über mehrere Jahrzehnte hinweg erstrecken.
Häufige Fragen
- Was ist die Retina am Auge?
- Wie lautet der deutsche Name für Retina?
- Was passiert, wenn sich die Retina löst?
Als Retina oder Netzhaut wird das mehrschichtige Nervengewebe des Auges bezeichnet, das sich zwischen Augapfel und Aderhaut befindet. In der Retina wird das Licht in elektrische Impulse umgewandelt und zum Sehzentrum im Großhirn weitergeleitet, wo es zu Bildern verarbeitet wird.
Die Retina wird auch als Netzhaut oder innere Augenhaut bezeichnet.
Bei einer Netzhautablösung löst sich die Retina vom Pigmentepithel ab. Ohne umgehende Behandlung kann es zur Erblindung kommen.
1. Spektrum, Lexikon Neurowissenschaft, Netzhaut,https://www.spektrum.de/lexikon/neurowissenschaft/netzhaut/8442#:~:text=Das%20Stratum%20pigmentosum%20besteht%20aus,Au%C3%9Fen%2D%20und%20Innensegmente%20der%20Photorezeptoren. (Abrufdatum: 16.05.2023).
2. MEFA Jena, Retina, https://www.mefa.jena.de/images/stories/dokumente/histo/Auge/Retina.pdf (Abrufdatum: 16.05.2023).