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Die Vielfalt der Polysaccharide macht diese Zuckerketten zu einer wichtigen Grundlage für das Leben von Menschen, Tieren und Pflanzen. Dieser Artikel stellt die wichtigsten Polysaccharide vor, erläutert ihre Wirkung auf den menschlichen Körper und gibt einen Ausblick auf mögliche künftige Einsatzgebiete der Polysaccharide in der medizinischen Therapie.
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Polysaccharide – Definition
Polysaccharide sind Zusammenschlüsse von mindestens zehn Zuckermolekülen. Sie werden auch als „Mehrfachzucker“ bezeichnet und kommen in der Natur in vielfältiger Form vor. Dabei gibt es Homoglykane, die nur eine Zuckerart beinhalten, und Heteroglykane, die sich aus verschiedenen Zuckern zusammensetzen.
Bedeutsame Polysaccharide sind die in Pflanzen vorkommende Speicherform Stärke, ein Homoglykan aus Glukosemolekülen, sowie Glykogen als das entsprechende Pendant im menschlichen Körper. Letzteres entsteht in Leber- und Muskelzellen aus Glukose. Glykogen liegt als kurzfristiger Energielieferant in den Zellen eingelagert und kann bei erhöhtem Energiebedarf akut wieder in Glukose zurückgebaut werden.
Eine andere große Gruppe von Polysacchariden sind die Ballaststoffe. Diese kann der Körper nicht aufspalten und aufnehmen, sie wirken daher vor allem als Ballaststoffe im Darm. Zu ihnen zählen unter anderem Cellulose aus der Zellwand von Pflanzen, Chitin aus den Außenskeletten von Krebstieren und Insekten sowie Pektin aus der Schale von Äpfeln, Birnen und Heidelbeeren.
Weitere Polysaccharide mit einer abweichenden Struktur und Funktion sind die Glukosaminoglykane (GAG) und die dazu gehörige Hyaluronsäure. Sie liegen vorrangig im Bindegewebe, in den Gelenken und der Haut vor und geben diesen ihre Stabilität und Flexibilität.
Polysaccharide – Wirkung und Funktion
Die Wirkung der Polysaccharide hängt von ihrer Struktur ab und lässt sich grob in drei Kategorien einteilen. Einerseits dienen sie als Energielieferanten, andererseits als strukturelle Bestandteile von Organen und Geweben – und beeinflussen so nahezu alle Organsysteme des Körpers. Darüber hinaus spielen sie als Ballaststoffe eine zentrale Rolle für die Verdauung und die Regulation des Blutzuckerspiegels.
Herz-Kreislauf-System
Polysaccharide beeinflussen das Herz-Kreislauf-System, indem sie Energie für die Aktivität des Herzmuskels bereitstellen. Indirekte Effekte ergeben sich durch Schwankungen des Blutzuckerspiegels, die nach der Aufnahme großer Mengen Glukose auftreten und das Blutgefäßsystem belasten können. Ballaststoffe hingegen helfen, den Blutzucker stabil zu halten, und tragen so zum Schutz von Herz und Gefäßen bei.
Zentrales Nervensystem
Das Nervensystem deckt seinen Energiebedarf hauptsächlich durch Polysaccharide, insbesondere Glukose, die die bevorzugte Energiequelle des Gehirns ist. Zudem sind einige zellschützende Effekte von Zuckermolekülen bekannt, die dem altersbedingten Abbau von Gehirnzellen entgegenwirken können. Ein Beispiel ist das Polysaccharid aus der Pflanze Ginkgo biloba, dem eine antioxidative Wirkung zugeschrieben wird. Es kann die Durchblutung des Gehirns verbessern und so möglicherweise die Entstehung und den Verlauf von Demenzerkrankungen positiv beeinflussen.
Glatte Muskulatur
An der glatten Muskulatur im Magen-Darm-Trakt zeigen sich vor allem indirekte Effekte der Polysaccharide in Form der Ballaststoffe. Diese fördern die Darmperistaltik und tragen dazu bei, den Stuhlgang zu regulieren. So wird die Funktion des Verdauungssystems verbessert und einer Verstopfung vorgebeugt.
Polysaccharide in der Therapie der Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus)
Studiendaten legen nahe, dass Polysaccharide den Stoffwechsel bei der Zuckerkrankheit deutlich verbessern können. Sie stabilisieren den Blutzuckerspiegel durch eine Verlangsamung der Verdauung, fördern die Insulinempfindlichkeit und besitzen entzündungshemmende Eigenschaften. Seit vielen Jahren werden „Hafertage“ zur Einleitung einer Stoffwechselumstellung empfohlen, da Hafer große Mengen des Polysaccharids Beta-Glucan enthält. Aktuell untersuchen Wissenschaftler die Effekte von Beta-Glucan und einem weiteren Polysaccharid, dem Inulin. Beide verbinden sich zum Mikrobiom-Modulator NM504, der zukünftig für die Therapie der Zuckerkrankheit eingesetzt werden könnte.
Mobilisierung von Energiereserven
Erhält der Körper geeignete Polysaccharide über die Nahrung, so kann er diese aufspalten und Glukose freisetzen. Mit dieser kann er den Zellstoffwechsel betreiben und parallel dazu Energiereserven in Form von Glykogen aufbauen.
Im Gegensatz zu einfachen Zuckerarten bieten komplexe Polysaccharide, die sich beispielsweise in Vollkornprodukten finden, häufig den Vorteil einer langsameren Verdauung und Freisetzung von Glukose. Dies ist besonders vorteilhaft für die Aufrechterhaltung der Leistungsfähigkeit bei länger andauernden körperlichen Aktivitäten und für die Kontrolle des Blutzuckerspiegels.
Sonstige Effekte
Die strukturbildenden Polysaccharide wie Hyaluronsäure bieten nicht nur Festigkeit für die Gewebe, sondern binden auch Wasser. Damit dienen sie auch als Grundgerüst für die Bandscheiben zwischen den Wirbelkörpern der Wirbelsäule sowie für Flüssigkeiten wie die „Gelenkschmiere“ und Tränen. Damit verbinden sie viele nützliche Effekte für den Körper.
Polysaccharide – Abbau
Der Abbau der Polysaccharide erfolgt durch eine Aufspaltung in die einzelnen Zuckerkomponenten. Im Rahmen der Verdauung beginnt dieser Prozess bereits bei der Amylase, einem Enzym im Speichel. Im Körperinneren sind andere Enzyme, etwa die Hyaluronidase, am Zuckerabbau beteiligt. Die Zuckerfragmente können hiernach wiederverwertet oder ausgeschieden werden.
Häufige Fragen
- Was ist die Wirkung von Polysacchariden?
- Was erhöht den Polysaccharid-Spiegel?
- Was passiert, wenn der Körper zu viele Polysaccharide hat?
- Wann werden Polysaccharide ausgeschüttet?
Polysaccharide haben im Wesentlichen drei Wirkungen auf den Körper, die sie in Abhängigkeit von ihrer Struktur auslösen. Sie liefern Energie, festigen Gewebe und Flüssigkeiten und unterstützen den Magen-Darm-Trakt bei der Verdauung.
Bei der Betrachtung der Polysaccharidspiegel im Körper muss zwischen den mit der Nahrung zugeführten Zuckern und den vom Körper gebildeten Glukosaminoglykanen unterschieden werden. Erstere steigen durch einen erhöhten Zuckerverzehr an. Dagegen werden für die Bildung der strukturgebenden Polysaccharide vor allem Aminosäuren, Zink und Vitamin C benötigt. Eine gute Versorgung mit diesen Grundstoffen kann die Bildung der GAGs verbessern.
Eine vermehrte Aufnahme von Polysacchariden mit der Ernährung fördert die Entstehung von Blutzuckerschwankungen und Zuckerkrankheit, Gefäßverkalkungen, Gewichtszunahme und weiteren damit verbundenen Volkskrankheiten. Zudem kann eine hohe Zuckerzufuhr den Darm überlasten und die Arbeit der Darmbakterien stören. Es kommt zu Durchfällen oder Verstopfung, Blähungen und Unwohlsein.
Polysacharide als Energielieferanten schüttet der Körper nicht aus wie andere Stoffe. Vielmehr setzt er sie im Rahmen der Verdauung aus der aufgenommenen Nahrung frei, um sie dann weiter aufzuspalten und ihre Grundbausteine wie die Glukose zu verwerten. Dagegen gibt es viele Situationen, in denen die Glukosaminoglykane aus den Geweben freigesetzt werden. Dies geschieht beispielsweise im Rahmen entzündlicher Prozesse oder bei vermehrter Belastung von Gelenkknorpel und Bandscheiben.
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- Föller, M., Makronährstoffe. In: Föller, M., Stangl, G. I. (Hrsg.), Ernährung – Physiologische und Praktische Grundlagen (Springer Spektrum, 2021)
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- Polysaccharide, https://viamedici.thieme.de/... (Abrufdatum: 26.02.2025)