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Der arterielle Blutdruck schwankt im Verlauf eines Herzzyklus ständig zwischen einem Maximalwert während der Systole und einem Minimalwert während der Diastole. Zur Beurteilung der Durchblutung lebenswichtiger Organe genügt es jedoch nicht, nur den systolischen oder diastolischen Blutdruck zu betrachten. Eine wichtige Rolle spielt hierbei der mittlere arterielle Druck (MAD), auch als mean arterial pressure (MAP) bezeichnet. Er stellt den zeitlich gemittelten Druck in den Arterien dar und ist ein zentraler Parameter zur Beurteilung der Organperfusion. Insbesondere in der Intensivmedizin und bei kritisch kranken Patienten kommt der Bestimmung des MAD eine besondere Bedeutung zu.
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Mittlerer arterieller Druck – Definition
Der mittlere arterielle Druck ist der Mittelwert des arteriellen Blutdrucks über einen Herzzyklus. Er berücksichtigt die unterschiedliche Dauer von Systole und Diastole. Letztere dauert im Regelfall länger, weshalb der MAD näher am diastolischen als am systolischen Druck liegt. Es handelt sich dabei nicht nur um einen einfachen arithmetischen Mittelwert, sondern um einen hämodynamisch relevanten Parameter, der aus der Druck-Zeit-Kurve abgeleitet werden kann. Physiologisch ergibt sich der MAD aus dem Produkt des Herzzeitvolumens (HZV) und des totalen peripheren Widerstands (TPR), gegebenenfalls ergänzt um den zentralvenösen Druck (ZVD), der allerdings in den meisten Fällen vernachlässigt werden kann. Somit ergibt sich:
Mittlerer arterieller Druck – Berechnung
In der klinischen Praxis wird der MAD meist nicht-invasiv über den systolischen und diastolischen Blutdruck angenähert berechnet. Dabei kommt eine vereinfachte Formel zur Anwendung, die dem zeitlichen Übergewicht der Diastole Rechnung trägt:
- MAD=Diastolischer Druck+1/3(Systolischer Druck−Diastolischer Druck).
Alternativ kann auch die Formel MAD=(2×Diastolischer Druck+Systolischer Druck)/3 verwendet werden.
Beispielrechnung
Bei einem Blutdruck von 130/80 mmHg ergibt sich: MAD=(2×80+130) /3=290/3 ≈96,7mmHg.
Mittlerer arterieller Druck – Messmethoden
Es gibt verschiedene Methoden zur Bestimmung des mittleren arteriellen Drucks:
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Invasiv: Die präziseste Methode ist die kontinuierliche Druckmessung über einen arteriellen Katheter. Der MAD wird hier aus dem Integral der arteriellen Druckkurve über die Zeit berechnet. Dieses Verfahren wird vor allem in der Intensivmedizin oder bei größeren operativen Eingriffen eingesetzt.
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Oszillometrisch: Bei vielen automatischen Blutdruckmessgeräten wird der MAD über den Zeitpunkt des stärksten Oszillationssignals während der Druckabnahme der Manschette bestimmt. Der dabei registrierte Druckwert entspricht dem MAD.
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Auskultatorisch: Klassische Blutdruckmessungen nach Riva-Rocci mit Stethoskop erfassen systolischen und diastolischen Druck, aus denen der MAD nach obiger Formel geschätzt werden kann. Eine direkte MAD-Ermittlung erfolgt hier nicht.
Mittlerer arterieller Druck – Beeinflussende Faktoren
Der mittlere arterielle Druck (MAD) ist kein statischer Wert, sondern unterliegt einer Vielzahl physiologischer und pathophysiologischer Einflüsse. Eine zentrale Rolle spielt dabei der Volumenstatus: Bei einem Blutverlust oder bei starker Dehydratation sinkt das Herzzeitvolumen, was wiederum zu einem Abfall des MAD führt. Umgekehrt kann ein erhöhter Flüssigkeitsstand den MAD steigern, vor allem wenn die kardiale Pumpleistung erhalten ist. Auch der Gefäßtonus beeinflusst den MAD entscheidend. Eine Vasodilatation, etwa im Rahmen einer Sepsis oder durch bestimmte Medikamente, senkt den totalen peripheren Widerstand (TPR) und damit den MAD, während eine Vasokonstriktion diesen erhöhen kann.
Die Herzfunktion selbst ist ein weiterer maßgeblicher Faktor. Bei einer Herzinsuffizienz oder bei Herzrhythmusstörungen kann das Herzzeitvolumen deutlich reduziert sein, was sich in einem erniedrigten MAD niederschlägt. Auf der anderen Seite können kompensatorische Mechanismen, etwa durch eine gesteigerte Herzfrequenz oder Kontraktilität, kurzfristig den MAD stabilisieren.
Schließlich sorgt die Kreislaufregulation über neuronale und hormonelle Mechanismen dafür, dass der MAD in einem lebenswichtigen Bereich gehalten wird. Über Barorezeptoren im Aortenbogen und der Carotis sowie hormonelle Systeme wie das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System werden Blutdruckschwankungen wahrgenommen und entsprechende Gegenregulationen eingeleitet. Diese homöostatischen Prozesse können jedoch bei fortgeschrittener Erkrankung oder unter intensivmedizinischen Bedingungen erschöpft oder gestört sein, sodass eine externe Steuerung des MAD notwendig wird. In der klinischen Praxis sind Schwankungen des MAD deshalb stets im Kontext des Gesamtzustandes des Patienten zu beurteilen.
Mittlerer arterieller Druck – Klinische Relevanz
Der MAD ist ein zentraler Indikator für die Organdurchblutung. Ein Wert von etwa 70 bis 105 mmHg gilt als physiologisch. Werte unterhalb von 60 mmHg sind kritisch, da sie eine unzureichende Perfusion wichtiger Organe wie Gehirn, Niere oder Herz anzeigen können. In der Intensivmedizin und Notfalltherapie ist der MAD daher oft Zielgröße bei der Gabe von Volumenersatzmitteln oder vasoaktiven Substanzen.
Besonders bedeutsam ist der MAD für die Berechnung des zerebralen Perfusionsdrucks (CPP), der die Differenz zwischen MAD und dem höheren Wert von intrakraniellem Druck (ICP) oder zentralvenösem Druck (CVP) darstellt. Ein zu niedriger CPP kann zu zerebraler Minderperfusion und ischämischen Schäden führen.
- Grundlagen des Kreislaufs, https://next.amboss.com/... (Abrufdatum: 12.04.2025)