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Die Wunddokumentation dient der Qualitätssicherung in der Wundversorgung und ist ein essentieller Bestandteil der Behandlung von Gewebeschäden jeglicher Art – besonders chronischer Wunden. Wie in anderen medizinischen Bereichen auch gilt: “Was nicht dokumentiert ist, ist nicht gemacht.” Mehr Informationen zur korrekten Wunddokumentation, ihren Vorgaben und den richtigen Formulierungen finden sich im Artikel. Ein Fallbeispiel zeigt eine beispielhafte Dokumentation.
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Wunddokumentation – Definition
Die Wunddokumentation ist zentraler Bestandteil der Wundversorgung, indem sie den Wundverlauf dokumentiert, objektiv den aktuellen Wundzustand beschreibt und eine Prognose zur Heilungsdauer zulässt. Somit ist jede/r Behandelnde immer auf dem aktuellen Stand und eine interdisziplinäre Versorgung ist möglich. Neben ihrer Vorteile ist die Wunddokumentation außerdem gesetzlich vorgegeben: Ihre Grundlage findet sich Strafgesetzbuch V (§ 137) und XI (§ 80) sowie im Pflege-Weiterentwicklungsgesetz (PfWG) und im Pflegequalitätssicherungsgesetz (PQsG). Ärztinnen, Ärzte und Pflegekräfte müssen sie also bei jedem Patientenfall durchführen.
Funktion und Zielsetzung
Die gesetzlich vorgeschriebene Wunddokumentation dient der Qualitätssicherung im Therapie- und Pflegeberuf und sichert ärztliches und pflegerisches Personal im Streitfall ab: Indem sie die Ausgangssituation und den Behandlungsverlauf der Wunde dokumentieren, können sie nachweisen, dass sie ihre Sorgfaltspflicht erfüllt haben. Lehnt ein Patient die Versorgung ab, wird dies ebenfalls dokumentiert.
Wunddokumentation – Vorgaben
Deutschlandweit gibt es keine einheitliche Vorlage für die standardisierte Wunddokumentation. Dennoch gilt es, einige allgemeine Vorgaben zu beachten. Am wichtigsten ist hierbei, dass die Wunddokumentation schriftlich erfolgen muss. Eine mündliche Weitergabe ist nicht nur nicht rechtskräftig, sondern kann auch Jahre nach dem Prozess nicht mehr kleinschrittig nachverfolgt werden. Dabei ist es egal, ob die Dokumentation analog oder digital (zum Beispiel per App) stattfindet. Um am besten die Fortschritte der Behandlung nachzuvollziehen, müssen Behandelnde das Datum und eine Signatur ergänzen. Um die Maßnahmen einheitlich verständlich darzustellen, sollte die Wunddokumentation immer nach dem gleichen Prinzip erfolgen.
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Wunddokumentation – Anamnese
Wie bei jeder Diagnostik muss auch bei einer Wunde zunächst eine Anamnese durchgeführt werden. Hierbei wird der/die Patient/in zu den verschiedenen Aspekten der Wunde befragt. Die Inhalte der Wundanamnese können unterschiedlich sein und beispielsweise kürzer ausfallen, wenn wichtige Faktoren bereits in der Pflegeanamnese festgehalten sind. In diesem Fall kann ein Verweis auf die jeweilige Dokumentation ausreichen. Informationen, die im Rahmen der Wundanamnese dokumentiert sein sollten, sind etwa:
- Wundursache
- Patientenverständnis für die Beschaffenheit der Wunde, Heilungs-/Unterstützungsmaßnahmen, Heilungsprozess und Heilungsdauer
- Schmerzanamnese
- Mobilitäts- und Alltagseinschränkungen
- Hilfsbedürftigkeit bzw. Selbstmanagementkompetenz
- Psychosoziale Aspekte und vegetative Symptomatik (wie Schlafstörungen)
- Weitere Störfaktoren, wie unangenehme Gerüche, Exsudate, Ödembildung/Schwellung oder Juckreiz
Darüber hinaus gehören auch allgemeinere Informationen über die zu behandelnde Person, ihr Umfeld und ihre Lebensumstände zur Anamnese. Sie können durch Eigen- oder Fremdbeurteilung gesammelt werden. Hierzu gehören:
- Name, Alter (Geburtsdatum), Bewusstsein, Kognition
- Sozialanamnese: Lebt die Person allein? Gibt es eine Betreuung? Gibt es einen Fahrstuhl? Wie ist das Umfeld?
- Vorerkrankungen, Operationen in der Vergangenheit, Medikamenteinnahme, Allergien
- Lebensgewohnheiten: Rauchen, Alkohol, Bewegung, Sport
- Krankheitseinsicht/-bewusstsein
- Kontinenz-Situation
- Selbsteinschätzung der Lebensqualität
Auf Basis der pflegerischen (Wund-)Anamnese erfolgt das weitere Wundmanagement.
Wunddokumentation – Wundassesment
Das Wundassesment ist das Kernstück der Wunddokumentation – in diesem Teil finden sich alle wichtigen Informationen um die Verletzung. Die Grundlage hiervon ist die objektive Wundbeschreibung, die sich über das sogenannte GREIS-Modell zusammenfassen lässt:
GREIS | Kriterium | Parameter |
G | Wundgrund | Größe, Fläche, Tiefe, Tektonik, Granulation, Beläge, Epithelisierung |
R | Wundrand | Konsistenz (weich, derb), Tektonik, Hautstatus |
E | Wundexsudat | Gewebeflüssigkeit: Menge, Art, Geruch |
I | Inflammation | Trophik, Schäden naheliegender Strukturen, Hautveränderungen |
S | Subjektive Symptomatik | Wenn nicht in Anamnese dokumentiert |
*demonstriert im Buch „Manual der Wundheilung“ von T. Wild und J. Auböck
Darüber hinaus gibt es weitere Aspekte, die als Kriterien des ausführlichen Wundassesments eine genauere Beschreibung zulassen:
- Medizinische Wunddiagnose: Wundklassifikation, Grunderkrankung, Schweregrad
- Bisherige Maßnahmen zur Wundversorgung
- Lokalisation (Schaubild oder Foto)
- Dauer und Rezidive (vor allem bei chronischen Wunden)
Wunddokumentation – Fotodokumentation
Die reine Beschreibung einer Wunde ist immer subjektiv. Um eine konstant transparente Nachverfolgung zu gewährleisten und objektiv den Heilungsprozess darzustellen, ist eine Fotodokumentation eine gute Ergänzung zur schriftlichen Beschreibung der Wunde. So kann man den Interpretationsspielraum vermindern und die Behandlung vereinheitlichen und kontinuierlich verfolgen. Auch vor Gericht kann eine Fotodokumentation im Streitfall als Beweis vorgebracht werden.
Insgesamt dient sie auch der Qualitätssicherung der Behandlung. Aber Achtung: Die bildliche Aufnahme ist kein Ersatz für die Beschreibung, sondern ergänzt diese lediglich. Die Grenzen der bildlichen Wunddokumentation liegen beispielsweise in der Zweidimensionalität: Parameter wie die Wundtiefe, aber auch beispielsweise Fisteln oder Taschen können so schlecht bis überhaupt nicht dargestellt werden.
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Wunddokumentation – Beispiel
In der Notaufnahme stellt sich die 76-jährige Frau Muster vor. Bei der Fußpflege sei eine Wunde am Fuß aufgefallen, die habe sie vorher gar nicht bemerkt. Auf Nachfrage beschreibt die Rentnerin sie lebe allein, bekäme nur ab und zu Unterstützung durch eine Haushaltshilfe oder durch ihren Sohn. Gesundheitlich ginge es ihr gut, sie nehme lediglich Medikamente für ihr Herz und bekäme Spritzen für den Blutzucker. In ihrem Alter würde aber alles etwas langsamer laufen und sie habe manchmal Probleme, die Socken zu wechseln. Allergien liegen keine vor, Schmerzen werden von der Patientin ebenfalls verneint, sie gibt jedoch an, so aufgebracht über die Wunde zu sein, dass sie die letzte Nacht nicht habe schlafen können und nicht bis zum nächsten Montag warten wolle, um zu ihrem Hausarzt zu gehen.
Nachdem die Patientin über das weitere Vorgehen aufgeklärt wurde, folgt eine Untersuchung der betroffenen Stelle. Hierbei fällt ein Ulkus am linken Großzeh auf, der einen Durchmesser von 6 mm misst. Die Wunde nässt nicht und wirkt wie mit einem Locher ausgestanzt. Mittig zeigt sich eine Nekrose am Wundboden.
Die Wunddokumentation nach Einverständnis der Patientin kann hier folgendes beinhalten:
Name (Geschlecht): Muster, Marianne (weiblich)
Geburtsdatum: 12.01.1947
Patientennummer: XX 37-10
Behandelnder Arzt: Dr. Schmitt
Datum: 23.01.2024
Diagnose: Diabetisches Fußsyndrom (DFS), Phalanx distalis 1, links
Risikofaktoren: langjährig bestehender Diabetes mellitus, periphere Polyneuropathie, eingeschränkte Mobilität
Wundgröße: 6 mm (Länge), 6 mm (Breite)
Wundtiefe: 1,5 mm
Wunde besteht seit: ca. 6 Wochen
Rezidiv: nein
Wundumgebung: trocken, gerötet
Wundrand: glatt begrenzt, gestanzt, hyperkeratonisch
Exsudation: keine
Geruch: nein
Entzündungzeichen: Rötung
Wundgrund: feste/trockene Nekrose
Schmerzen: nein
Weiteres Vorgehen: sofortige Druckentlastung, Lokalbehandlung, ÜW Diabetologe zur Abklärung der Diabetes-Einstellung
Ergänzend dazu erfolgt nach Einwilligung der Patientin die leitliniengerechte Fotodokumentation, die das Wundassesment ergänzt.
Nach der Veränderung des Schuhwerks von Frau Muster und eine polologische Therapie kann nach einigen Wochen eine Besserung der Wunde dokumentiert werden. Zur Sekundärprophylaxe wird der Patientin empfohlen, täglich ihre Füße zu prüfen und sogenannte Diabetiker-Socken zu tragen.
Wunddokumentation – Formulierungshilfen
Die Beschreibung einer Wunde sollte immer möglichst detailliert und mit wenig Interpretationsspielraum erfolgen. Umgangssprachliche oder nichtssagende Formulierungen („die Wunde sieht gut aus“) sollte man vermeiden. Größe (Ermittle nach und Tiefe der Wunde werden im Millimeter angegeben und mit Lineal, Planimetrie und Sonde ermittelt. Für die weiteren Wundparameter gibt einige Formulierungshilfen, die die Wunddokumentation erleichtern.
Kriterium | Beschreibung | Formulierung |
Wundgrund | Ausmaß der betroffenen Gewebeschicht | Epidermis, Dermis, Subcutis |
Freiliegende Strukturen | Knochen, Sehne, Muskel | |
Gewebeart | Nekrose, Sklerose, Fibrin, Granulation | |
Wundrand | Beschaffenheit | glatt begrenzt, ausgestanzt, diffus, unregelmäßig, kantig, eingerollt, haftend/nicht haftend, abgeheilt |
Zustand | livide, hyperkeratotisch, unterminiert, ödematös, gerötet oder mazeriert | |
Wundexsudat | Menge (subjektiv) | wenig, mäßig, viel |
Farbe | Transparent, rüb, rot, gelb, braun, grün, grau/blau | |
Viskosität | Zäh, klebrig, dünnflüssig, laufend | |
Geruch | vorhanden, nicht vorhanden | |
Wundumgebung | Infektionszeichen | Hyperpigmentierung/Ekzem, Schwellung, Überwärmung, Sepsis |
Weiteres | trocken, schuppig, mazeriert |
Fazit
Bei der Wunddokumentation sollte es nicht darum gehen, irgendeine Regelung oder Vorgabe einzuhalten. Vielmehr dient sie dem geregelten Ablauf der Wundversorgung und ermöglicht die beste ganzheitliche Heilung mit interdisziplinärer Teamarbeit. Durch eine regelhafte Wunddokumentation – ideal ergänzt durch eine hochwertige Fotodokumentation mit optimaler Aufnahmetechnik dient der Qualitätssicherung in der pflegerischen und ärztlichen Versorgung und sichert die Behandelnden gleichzeitig rechtlich ab.
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Häufige Fragen
- Was bedeutet Wunddokumentation?
- Welche Kriterien werden bei der Wunddokumentation erhoben?
- Welche Informationen müssen im Rahmen der schriftlichen Wunddokumentation fixiert werden?
- Wie oft muss Wunddokumentation gemacht werden?
Die Wunddokumentation ist die schriftliche Erfassung aller Parameter, die die Beschaffenheit und Art einer Wunde beschreiben. Sie ermöglicht eine Versorgung, bei der interdisziplinär alle Behandelnden auf einem Stand sind und enthält die Grundlage für das weitergehende Wundmanagement.
Die Wunddokumentation besteht aus zwei Teilen: der Anamnese (diese kann auch in Form der Pflegedokumentation erfasst worden sein) und dem Wundassessment. Hierbei werden neben Art, Aussehen und Schweregrad der Wunde auch Faktoren der subjektiven Wahrnehmen (Schmerz, Alltagseinschränkung, etc.) festgehalten.
Die wichtigsten Informationen zu einer Wunde können mit dem GREIS-Prinzip erfasst werden: Wundgrund, Wundrand, Wundexsudat, Infektion und subjektive Symptomatik. Darüber hinaus wird im Rahmen der Wunddokumentation häufig eine Diagnose gestellt und eine Empfehlung zur Weiterbehandlung gegeben.
Die Häufigkeit der Wunddokumentation kann je nach Art und Schwere der Wunde variieren. In der Regel wird die Wunddokumentation regelmäßig durchgeführt, um den Heilungsverlauf – besonders bei chronischen oder schwer heilenden Wunden – zu verfolgen und die Wirksamkeit der angewendeten Behandlungsmethoden zu überprüfen.
- Dissemond, Krüger et al., Chronische Wunden – Diagnostik, Therapie, Versorgung, Elsevier (Verlag), 2020
- Fotodokumentation in der Wundversorgung, https://www.thieme.de/... (Abrufdatum 23.01.2024)