Strukturen von Nervenzellen, wie der Dendrit, sind wichtig um Reize weiterzuleiten ...
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Die Myelinscheide spielt eine entscheidende Rolle in der Funktion des Nervensystems und ermöglicht eine schnelle und effiziente Weiterleitung elektrischer Signale. Dieser Artikel beleuchtet die Struktur, Funktion und medizinische Bedeutung der Myelinscheide sowie ihre Rolle bei neurologischen Erkrankungen.
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Myelinscheide – Definition
Die Myelinscheide ist eine isolierende Schicht, die die Axone vieler Nervenzellen umhüllt und von spezialisierte Gliazellen gebildet wird. Myelin ermöglicht dies durch die Bildung von Ranvier-Schnürringen, an denen die Aktionspotenziale “springen” können (saltatorische Erregungsleitung), was die Leitgeschwindigkeit der Nervenimpulse erheblich steigert.
Myelinscheide – Aufbau
Die Axone einer Nervenzelle werden von speziellen Gliazellen mit einer Gliascheide umhüllt. Mehrere Lagen dieser Gliascheiden bilden die Myelinscheide. Die Gliascheiden im zentralen Nervensystem (ZNS) bilden die Oligodendrozyten und im peripheren Nervensystem (PNS) tuen dies die Schwann-Zellen. Oligodendrozyten bilden mit ihren Fortsätzen mehrere Myelinscheiden an unterschiedlichen Axonen im ZNS. Schwann-Zellen wickeln sich als einzelne Myelinscheide um die Axone des PNS.
Zwischen zwei benachbarten Myelinscheiden befindet sich ein kleiner nicht myelinisierter Bereich, den man Ranvierscher Schnürring nennt. Der Abschnitt zwischen zwei Schnürringen wird als Internodium bezeichnet.
Was ist Myelin?
Myelin ist die Substanz, aus der die Myelinscheiden bestehen. Hauptsächlich handelt es sich um ein fettiges Produkt, da es sich zu großen Teilen um die Zellmembranen der bildenden Gliazellen handelt.
Myelinscheide – Funktion
Sowohl die Dicke der Nervenfaser, als auch ihr Grad der Myelinisierung wirken sich auf die Leitungsgeschwindigkeit aus. Zwischen den Scheiden sitzen die Ranvierschen Schnürringe, an denen sich Aktionspotenziale ausbilden können, im Gegensatz zu den myelinisierten und damit isolierten Stellen des Axons. Dadurch verbreitet sich die Erregung sprunghaft (saltatorisch) und nicht wie bei unmyelinisierten Neuronen kontinuierlich. Saltatorische Erregungsleitungen sind wesentlich schneller und effektiver als kontinuierliche und daher bei Nervenzellen zu finden, die Skelettmuskulatur innervieren. Kontinuierlich leitende Neurone sind die langsamen C-Fasern des schmerzempfindenden Systems.
Regeneration
Schwann-Zellen spielen eine Rolle bei der Regeneration von peripheren Nerven. Im zentralen Nervensystem ist eine Reparatur durchtrennter Axone nicht möglich, da eher die Bildung einer Glianarbe durch die Astrozyten begünstigt wird.
In der Peripherie degenerieren die Fasern distal der Verletzung innerhalb von mehreren Stunden. Dieser Prozess wird Waller-Degeneration genannt. Danach erfolgt die Degeneration des Myelins, doch die Schwann-Zelle überlebt diesen Prozess dabei in der Regel. Nach Beseitigung der Myelinreste durch in das Gewebe eingewanderte Makrophagen, beginnen die Schwann-Zellen des einen Endes des durchtrennten Axons mit der des anderen Endes zu verbinden. Bei dieser Zusammenlagerung entstehen lange Ketten, die als Büngner-Bänder bekannt sind. Innerhalb der zusammengelagerten Schwann-Zellen verbinden sich nun auch die Axone, da die Gliazellen nun spezielle Faktoren ausschütten (neurotrophe Faktoren), die das Axonwachstum fördern.
Myelinscheide – Klinik
Die Myelinscheide ist klinisch von großer Bedeutung, da ihre Integrität und Funktion entscheidend für die schnelle und effiziente Signalübertragung im Nervensystem sind. Erkrankungen wie Multiple Sklerose, die durch den Abbau von Myelin gekennzeichnet sind, führen zu schweren neurologischen Symptomen und Beeinträchtigungen, die eine intensive medizinische Behandlung und Forschung erfordern.
Multiple Sklerose
Eine multiple Sklerose (MS) kann sich in vielen verschiedenen Formen und Verläufen präsentieren, dabei sind Frauen häufiger betroffen als Männer.
Im Wesentlichen ist die MS durch eine fortschreitende Demyelinisierung von Axonen im zentralen Nervensystem (ZNS) gekennzeichnet. Diese Zerstörung der Myelinscheiden geschieht durch eine Autoreaktivität des eigenen Immunsystems. Das bedeutet, dass eigene T-Lymphozyten sich aus noch ungeklärten Gründen gegen die körpereigenen Myelinstrukturen richten und diese durch hervorgerufene Entzündungsreaktionen untergehen lassen. Damit ist die Leitungsgeschwindigkeit der betroffenen Neurone stark eingeschränkt. Zusätzlich ist der zelluläre Stoffwechsel gestört, was eine Degeneration der Nervenzellen zur Folge hat. Somit kommt es im fortschreitenden Verlauf zu zunehmenden neurologischen Einschränkungen.
Multiple Sklerose und Epstein-Barr-Virus
Eine weit verbreitete Annahme ist, dass sich eine solche Autoreaktivität nach einer Infektion mit dem Epstein-Barr-Virus (EBV), dem Erreger des Pfeiffer-Drüsen-Fiebers, entwickelt. In Deutschland wird eine Durchseuchung des Virus der über-30-jährigen von über 80 Prozent angenommen.
Ein häufiges Erstsymptom sind Sehstörungen, darunter auch das Sehen von Doppelbildern. Weitere erste Symptome einer MS können Sensibilitätsstörungen oder eine Entzündung des Sehnerven (Optikusneuritis) sein.
Die Prognose sowie der Verlauf der Multiplen Sklerose ist sehr individuell und kann sich durchaus enorm unterschiedlich präsentieren. So wirkt sich ein Erkrankungsbeginn nach dem 35. Lebensjahr eher ungünstiger auf die Prognose aus. Die durchschnittliche Lebenserwartung sinkt im Schnitt um sechs bis sieben Jahre, wobei auch hier sehr variable Verläufe möglich sind.
Häufige Fragen
- Was ist die Funktion der Myelinscheide?
- Was ist Myelin?
- Warum werden Myelinscheiden zerstört?
- Kann sich eine Myelinscheide wieder erholen?
Die Funktion der Myelinscheide besteht darin, die Geschwindigkeit und Effizienz der elektrischen Signalübertragung entlang der Axone von Nervenzellen zu erhöhen. Sie ermöglicht dies durch die Isolierung der Axone und die Förderung der saltatorischen Erregungsleitung, bei der die elektrischen Impulse von einem Ranvier-Schnürring zum nächsten springen, wodurch die Leitgeschwindigkeit deutlich gesteigert wird.
Myelin ist eine fetthaltige Substanz, die die Axone vieler Nervenzellen umhüllt und als isolierende Schicht dient. Es wird von Gliazellen, wie Oligodendrozyten im zentralen Nervensystem und Schwann-Zellen im peripheren Nervensystem, gebildet.
Myelinscheiden werden zerstört durch Autoimmunerkrankungen, bei denen das Immunsystem fälschlicherweise körpereigenes Myelin angreift. Ein prominentes Beispiel dafür ist Multiple Sklerose (MS). Dabei greift das Immunsystem die Myelinscheiden im zentralen Nervensystem an und verursacht Entzündungen und Schäden, die die elektrische Signalübertragung beeinträchtigen.
Ja, die Myelinscheide kann sich unter bestimmten Bedingungen wieder erholen, ein Prozess, der als Remyelinisierung bezeichnet wird. In diesem Prozess bilden spezialisierte Zellen, wie Oligodendrozyten im zentralen Nervensystem und Schwann-Zellen im peripheren Nervensystem, neues Myelin um die geschädigten Axone. Die Fähigkeit zur Remyelinisierung ist jedoch oft nur unvollständig und kann bei chronischen oder schweren Erkrankungen wie Multiple Sklerose beeinträchtigt sein.
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