Das Klinikum am Weissenhof in Weinsberg ist ein akademisches Lehrkrankenhaus der Universität Heidelberg und eine Facheinrichtung für die psychotherapeutische und psychosomatische Behandlung und Betreuung psychisch kranker Menschen.
Auf welche Qualitäten kommt es speziell im Bereich der Forensischen Psychiatrie und Psychotherapie an und wie gestaltet sich der Arbeitsalltag in diesen Fachbereichen? Das erklärt Marcel König, Pflegedienstleiter der Klinik für Forensische Psychiatrie und Psychotherapie im Klinikum am Weissenhof, im Medi-Karriere-Interview mit Sebastian Ofer.
Herr König, warum haben Sie sich für diesen Beruf entschieden und was fasziniert Sie an diesem Bereich?
Marcel König: Ich kam damals über den Zivildienst in die Behindertenpflege. Ich hatte dort jugendliche Schwerstbehinderte zu versorgen. Es bereitet mir unheimlich Spaß, mit Menschen zusammenzuarbeiten und diesen Menschen in ihren Lebenslagen zu helfen. So wurde die Pflegeausbildung zu meinem Ziel, die ich dann auch erfolgreich absolvierte.
Wie gestaltet sich Ihr Arbeitsalltag und was gehört zu Ihren täglichen Aufgaben?
König: Man kann im Bereich der psychiatrischen Pflege sicherlich sagen, dass wir die Patienten sehr viel begleiten. Das ist ein deutlicher Unterschied zur somatischen Pflege, wie man sie in Krankenhäusern auf einer inneren oder auf einer chirurgischen Station kennt. Wir haben weniger Operationen oder größere Eingriffe, sondern wir haben unsere Sprache als Hauptwerkzeug. Wir sprechen unendlich viel mit den Patienten und begleiten sie auf diesem Weg durch ihren Alltag bei uns auf der Station.
Dazu gehören ganz viele Dinge: Natürlich therapeutische Gespräche und Gruppenangebote, aber auch ganz niederschwellige Sachen wie Milieugestaltung. Also: Wie räume ich mein Zimmer auf? Das ist alles Teil des sehr breiten Aufgabengebiets, das unsere Kolleginnen und Kollegen abdecken. Im Maßregelvollzug ist dies auch ganz speziell der Kontakt mit straffällig gewordenen erkrankten Menschen, bei denen die Aufenthaltsdauer auch weit länger ist als in den allgemeinen Bereichen wie der allgemeinen Psychiatrie und Suchttherapie.
Welche Eigenschaften muss eine Fachkraft mitbringen, um bei Ihnen im Haus, aber auch in dem Beruf allgemein erfolgreich sein zu können?
König: Ich glaube, es sind zwei Dinge. Zum einen ist es die fachliche Ausbildung zur Pflegefachfrau oder zum Pflegefachmann. Sie vermittelt in drei Jahren sehr viel Wissen und gibt einem alle theoretischen Grundlagen für die spätere Tätigkeit mit. Was aber auch entscheidend ist, ist es, sich auf Menschen einzulassen. Man muss Lust haben, mit Menschen zu arbeiten und man gewinnt Sicherheit durch Erfahrung. Erfahrung macht meiner Meinung nach in der psychiatrischen Pflege ganz viel aus. Man merkt das ganz oft an jungen Menschen, die frisch nach der Ausbildung kommen. Sie bringen ganz viel theoretisches Wissen mit, haben es aber noch nicht in der Praxis erprobt. Sie sind dann oft ganz unsicher.
Kontinuierliche Fort- und Weiterbildung ist auch in der forensischen und psychiatrischen Pflege ein ganz wichtiges Thema. Da wir ganz viele juristische Dinge berühren, ist es notwendig, immer up to date zu sein und immer Bescheid zu wissen, nach welchen Paragraphen und Gesetzesgrundlagen man arbeitet. Auch hier muss man also viel Wissen zu haben und eine bestimmte Sicherheit mitbringen.
Umgekehrt gefragt: Warum sollte sich eine Fachkraft dafür entscheiden, in Ihrer Einrichtung arbeiten zu wollen? Was zeichnet Sie aus?
König: Das Klinikum am Weissenhof zeichnet sich im Allgemeinen durch seine hohe Mitarbeitenden-Orientierung aus. Das heißt, wir bieten umfangreiche Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen, sowohl innerbetrieblich als auch im externen Rahmen an. Mitarbeiter haben die Möglichkeit, sich in unterschiedlichste Richtungen zu entwickeln, wenn sie das möchten. Gleichzeitig haben wir auch fachfremde Angebote, wie ein betriebliches Gesundheitsmanagement, wo Themen wie ein Saunabesuch oder ein Baumschneidekurs mit dabei sind. Das hat mit dem fachlichen Alltag erst einmal wenig zu tun, nimmt aber den Fokus auf die Arbeit dort auch einfach mal etwas raus.
Ich glaube, diese hohe Mitarbeitenden-Orientierung gepaart mit der Möglichkeit, sich weiterentwickeln zu können, macht das Klinikum am Weissenhof als Arbeitgeber aus. Die Klinik für Forensik bietet meiner Meinung nach ein spannendes Handlungsfeld, da wir diesen Doppelpack aus psychiatrischer Pflege und die Bestimmungen aus dem Strafgesetzbuch haben. Das heißt, unsere Patientinnen und Patienten bringen das beides mit: Es gibt einerseits eine Erkrankung, wie auch das Vorliegen einer Straftat, weswegen sie auch verurteilt wurden und zu uns gekommen sind. Das macht das Tätigkeitsfeld in der Psychiatrie sehr spannend. Unser Hauptauftrag ist die Besserung und die Sicherung der Patienten. Das zeigt deutlich, dass wir diese beiden Hauptaufgaben tagtäglich vereinen müssen.
Dazu kommt, dass die Patienten sehr lange bei uns in Behandlung sind, das heißt, wir kennen sie in der Regel sehr gut, da wir auch ein Bezugspflegesystem bei uns in der Klinik haben. Das heißt, jeder Mitarbeitende hat seine speziell zugeteilten Patientinnen und Patienten und kennt dadurch viele Eigenschaften sehr gut. So kann man den pflegerischen Alltag gut zusammen gestalten. Man hat Zeit, mit den Patienten zu arbeiten, da sie nicht nach eineinhalb Wochen wieder entlassen werden.
Welche Arbeitszeitmodelle und welche Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten bieten Sie in Ihrem Haus konkret an?
König: Wir schreiben uns als wichtigsten Punkt die Vereinbarung von Familie und Beruf auf die Fahne. Das heißt, wir haben keine konkrete 4-Tage-Woche. Sondern, wir schauen ganz individuell, was einzelne Mitarbeitende in ihrem persönlichen Alltag brauchen. Was bringt der Mitarbeitende mit, was kann er anbieten? Und wie können wir uns darauf einstellen, um eine bestmögliche Dienstplanung zu gestalten?
Das können ganz unterschiedliche Modelle sein. Wir haben Modelle, da arbeiten die Kolleginnen verkürzte Dienste, damit sie nachmittags die Kinder abholen können. Wir haben Kollegen, die arbeiten nur spezielle Tage, die fest vereinbart sind. Es gibt also gar kein starres Konstrukt, sondern es ist alles individuell auf die jeweilige Kollegin oder den jeweiligen Kollegen abgestimmt. Wir versuchen, das bestmöglich hinzukriegen. Hundert Prozent sind dabei ehrlicherweise immer schwierig, aber wenn man das Bestmögliche erreicht – und ich würde sagen, das tun wir – sind beide Seiten damit sehr zufrieden.
Zum Thema Fort- und Weiterbildung: Die Möglichkeiten sind sehr vielfältig. Gerade im pflegerischen Bereich kann man eine Fachweiterbildung in der Psychiatrie absolvieren. Das geht zwei Jahre berufsbegleitend. Wir fördern mittlerweile aber auch berufsbegleitende Studiengänge. Die Kolleginnen und Kollegen im Bereich Management und psychiatrische Pflege können dabei verschiedene Studiengänge belegen und so auch einen Abschluss machen. Das alles finanziert und gefördert vom Arbeitgeber.
Nebenbei gibt es auch Fort- und Weiterbildungsangebote im Ein- oder Zweitagesbereich, je nach Wunsch und Interesse. Es gibt mittlerweile auch die Fachkraft für den Maßregelvollzug. Das ist relativ neu. Die Weiterbildung ist berufsbegleitend und dauert ein Jahr. Dort haben wir die erste Kollegin dieses Jahr hingeschickt und sind schon ganz gespannt, welche Erfahrungen sie mitbringt.
Welche Ziele haben Sie in Ihrem Bereich für die kommenden Monate und Jahre?
König: Das Hauptziel ist gerade, den Neubau in Schwäbisch Hall zu eröffnen. Gepaart mit dem Neubau ist für uns im Moment der hohe Belegungsdruck im Maßregelvollzug. Das heißt, wir müssen künftig mit den neu vorhandenen Plätzen, die jetzt nach und nach entstehen, den Aufnahmedruck so verteilen, dass wir in allen Einrichtungsstandpunkten die richtige Belegung gepaart mit der richtigen Therapie anbieten können. Mit Neubauten entstehen auch immer kleinere Konzeptänderungen, woran sich das Haupthaus im Klinikum am Weissenhof entsprechend anpasst.
Die Hauptaufgaben sind also die organisatorischen Veränderungen, die dabei auf uns zukommen, aber auch das Einstellen auf die neuen Möglichkeiten, die wir durch den Neubau gewinnen.
Herr König, herzlichen Dank für die Einblicke in die Arbeit in der Pflege im Klinikum am Weissenhof!